Die eine unter Tausenden
Ein Beobachter-Leser stutzte über einen Druckfehler auf einer neuen Note. Die Nationalbank reagiert cool. Sammlerwert hat die fehlerhafte Tausendernote keinen.
Veröffentlicht am 18. August 2020 - 08:09 Uhr
Wenn es einen Begriff gibt, auf den die meisten in unserem Land stolz sind, dann ist es «Schweizer Qualität». Wir lieben Präzisionsarbeit und erstklassige Produkte. Sie stehen – von der Uhrmacherkunst über Roger Federers Tennishand bis zum vollautomatischen, selbstreinigenden öffentlichen WC – gleichsam synonym für den Brand «Swiss made».
Doch die wichtigsten Botschafter unseres Landes diesbezüglich sind und bleiben die Banknoten. Fälschungssicher, mit sorgsam eingearbeiteten Silberfäden und je nach Blickwinkel sich ändernden Farben, stehen sie für die «perfekte Verschmelzung von Ästhetik, Präzision und hochstehender Technologie» (O-Ton der Orell Füssli AG Sicherheitsdruck) und sind zweifellos das Aushängeschild für Schweizer Qualität.
Und dann das: Auf dem teuersten Vorzeigeprodukt schweizerischer Druck- und Designkunst, der Tausendernote, soll sich ein Druckfehler eingeschlichen haben. Es ist ein winzig kleiner Fehler, der wohl in jedem anderen Land unbemerkt geblieben wäre, ausser eben hier, wo viele gerade bei Qualitätsprodukten besonders aufmerksam nach Fehlern suchen.
Was ist da passiert? Dies fragte uns ein Leser, der bei seiner Hausbank in Zofingen AG einen grösseren Barbetrag abgehoben und dabei erstmals auch eine Tausendernote der neuesten Serie ausgehändigt bekommen hatte. Interessiert an diesem kleinen Meisterwerk der Druckkunst, studierte der Bankkunde zu Hause die filigranen Sicherheitsmerkmale des Geldscheins. Er stutzte: Auf der Rückseite der Tausendernote, wo der Betrag «Tausend Franken» ausgeschrieben steht, fehlt dem T der Querbalken über dem senkrechten Strich.
Der Mann wandte sich an den Beobachter: «Wie wird wohl die Nationalbank reagieren? Soll ich diese Note normal als Zahlungsmittel verwenden? Soll ich sie als Unikat, als Sammlerobjekt behalten? Könnte ich Probleme mit der Justiz bekommen?»
Die Nationalbank (SNB) reagierte auf unsere Anfrage prompt, und sie reagierte gelassen. Nein, der SNB seien «keine Druckfehler» auf Tausendernoten bekannt.
Die Noten, schrieb Mediensprecher Alain Kouo, würden doppelt auf ihre Qualität geprüft, von der Sicherheitsdruckerei Orell Füssli und auch von der SNB. Da es sich bei der Produktion von Banknoten aber um ein Massenprodukt handle, «kann nicht ausgeschlossen werden, dass sich bei einer einzelnen Note ein kleiner Druckfehler eingeschlichen hat».
Dass der Fehler eine ganze Serie von Tausendernoten betreffen könnte, hält die SNB für höchst unwahrscheinlich: «Die umfangreichen Qualitätsprüfungen stellen sicher, dass mögliche Fehldrucke in grösseren Mengen rechtzeitig erkannt werden sollten.»
Die bis auf diesen winzigen Fehler einwandfreie Tausendernote behalte ihre Gültigkeit. Die SNB empfiehlt jedoch: «Kunden, die auf Noten Fehler feststellen, können sich mit der Bitte um Überprüfung der Note an eine Bank wenden oder aber die Note direkt beim Kommissariat Falschgeld (Bundesamt für Polizei, Fedpol, in Bern) oder bei der SNB für eine Prüfung einreichen.»
Aber wie steht es mit einem möglichen Sammlerwert unter Numismatikern? Jürg Richter, Geschäftsführer des Zürcher Auktionshauses Sincona, das sich auf solche Fragen spezialisiert hat, sieht im vorliegenden Tausender kein Sammlerstück. Dazu sei der Fehler zu unbedeutend. «Aber es ist ein Belegexemplar, das zeigt, dass auch bei technisch höchster Qualität kleine Fehler passieren können.»
Wie heisst es doch so schön: «Liebe muss nicht perfekt sein – sie muss nur echt sein.» Dasselbe gilt auch für die Tausendernote.
Der T-Balken fehlte
Das Neuste aus unserem Heft und hilfreiche Ratgeber-Artikel für den Alltag – die wichtigsten Beobachter-Inhalte aus Print und Digital.
Jeden Mittwoch und Sonntag in Ihrer Mailbox.
1 Kommentar
Möglicherweise gibt es noch mehrere solcher Unikate, was den Sammlerwert schmälern würde.
Bedenklicher ist aber, dass ein unbescholtener Besitzer wegen Falschgeld- Vertrieb beschuldigt werden könnte. Das ist dann schon etwas peinlich.