Digitale Heimat für Neonazis
Rechtsradikale haben mit Fumano.com ihr eigenes «Facebook», auf dem sie sich austauschen und austoben können. Betreiber der Internetseite ist ein Schweizer aus Hundwil AR.
Veröffentlicht am 23. Juli 2013 - 09:11 Uhr
Es ist eine skurrile Truppe, die sich auf Fumano.com herumtreibt. Die meisten stammen aus Deutschland. Aus Leipzig, Erfurt und dem niedersächsischen Laatzen etwa, manche auch aus Zürich oder Wien. Sie geben sich Namen wie Werwolf Deutschland, Chris Tallnacht, Adlers Braut, Freya Braun, Wolfhilla Teutonia und Thors Berserker – der, ganz Programm, ein Bild des SA-Sturmführers Horst Wessel als Profilbild benutzt. Sie reden sich mit «Kamerad» an. Sie verwenden Bilder von Waffen und Panzern, bevorzugen Farben, Symbolik und Schriften, die an die Nazizeit erinnern. Ihre Inhalte sind meist nationalistisch, oft antisemitisch, rassistisch und EU-feindlich, manchmal esoterisch gewürzt, von Verschwörungstheorien durchsetzt und häufig an der Grenze der Legalität.
Betreiber der Website ist Jesus Casal, ein Schweizer mit spanischen Wurzeln. Er betreibt das Portal vom ausserrhodischen Hundwil aus. Laut seinen Angaben zählt die Plattform 12'000 Nutzer.
Facebook hat viele dieser Nutzer wegen rassistischer Inhalte schon mehrfach gesperrt. Etwa Richard*, der sich auf Fumano damit brüstet, dass ihm genau das schon 180-mal passiert sei – «…seit der Minarettdebatte». Damit stösst er bei Jesus Casal auf grosses Verständnis. Der 48-Jährige wurde nach eigenen Angaben auch schon 15-mal von Facebook verbannt. «Richard, du bist ein Geächteter bei Facebook, wie ich auch! Ich benutze Fotzebook nur noch, um Fumano-Werbung machen!», schreibt Casal auf Richards Profil.
Casal vertritt offensiv, was er unter freier Meinungsäusserung versteht. Zwar steht in den Nutzungsbedingungen von Fumano, dass Rassismus und Aufrufe zu Gewalt verboten seien, doch Casal zeigt sich diesbezüglich ausgesprochen tolerant. Dass etwa eine Frau in Ganzkörperschleier als «Standaschenbecher mit Schlitz für den Müll» bezeichnet wird, stört den Website-Betreiber anscheinend genauso wenig, wie wenn Ausländer als «Primaten» sowie «Neger» als «schlecht verbrannte Juden» betitelt werden. Wer sich an derlei Inhalten stösst, dem macht Casal mit dem Slogan «Jeden Scheiss melden nützt bei Fumano überhaupt nix» schnell klar, dass er nicht willens ist, entsprechende Benutzerprofile zu sperren.
Ende März dieses Jahres hatten Journalisten für die Online-Ausgabe der deutschen Tageszeitung «Die Welt» zu Fumano recherchiert. Kurz darauf waren sämtliche Konten gelöscht. Casal behauptet auf seinem Portal, der Server sei wegen der vielen Neuanmeldungen aufgrund des «Welt.de»-Artikels kollabiert. Allerdings war der Artikel zu jenem Zeitpunkt noch gar nicht erschienen.
In einer Rundmail an seine Nutzer schreibt er: «Wegen einiger verbitterter Linksextremer hatte Fumano den Ruf einer Neonazi-Community, was absolut nicht der Wahrheit entspricht.» Und gegenüber dem Beobachter behauptet er: «Fumano ist kein rechtsfreier Raum. Fumano hält sich genau an die Gesetze.»
Diese Auffassung teilt die Eidgenössische Kommission gegen Rassismus nicht: «Etliche der Einträge verstossen gegen die Rassismusstrafnorm Artikel 261bis des Strafgesetzbuches», sagt die zuständige Juristin Alma Wiecken. Allerdings müsste das ein Gericht klären. Das Strafmass kann bis zu 4000 Franken Busse betragen. Bislang sind weder bei der zuständigen Staatsanwaltschaft Appenzell Ausserrhoden noch bei der Kantonspolizei Strafanzeigen eingegangen. Laut Staatsanwalt Christian Bötschi wird man aber dieser Tage bei Casal vorstellig werden.