Beobachter: Frau Rudin, Herr Lüchinger, wann soll ich zur Polizei gehen, wenn ich bedroht werde?
Sarah Rudin: Rechtlich gesehen kann eine Drohung dann zur Anzeige gebracht werden, wenn sich eine Person in Angst und Schrecken versetzt fühlt. Also zum Beispiel bei einer konkreten, plausiblen Todesdrohung.

Wird es nicht noch gefährlicher für mich, wenn ich das der Polizei melde?
Markus Lüchinger: Man kann sich durch die Polizei diskret beraten lassen. Erst wenn Anzeige erstattet wird, wird die angeschuldigte Person vernommen. Man kann sich aber auch zuerst an die Opferberatung wenden. Auch sie arbeitet diskret und ist der Schweigepflicht unterstellt.

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Giesst die Polizei nicht Öl ins Feuer, wenn sie einen Bedroher kontaktiert?
Rudin: Wir überlegen uns sehr genau, ob, wie und wann wir den potenziellen Gefährder kontaktieren. Erste Priorität hat der Schutz der bedrohten Person.

Welche Fälle landen bei Ihnen?
Lüchinger: Bei der häuslichen Gewalt ist die Gefahr, dass es zu Taten kommt, oft latent erhöht bis hoch – vor allem wenn Wut, Hass und patriarchale Ideologien im Spiel sind. Hohe Fallzahlen haben wir auch bei Drohungen gegen Behörden, Politikerinnen und Institutionen. Radikalismus und Terrorismus gibt es bei uns wenig. Wir eröffnen einen Fall aber nur und klären dann weiter ab, wenn die Analyse der Hinweise auf ein latentes Gewaltpotenzial deutet.

Was sind die grössten Herausforderungen für Sie?
Lüchinger: Das Spannungsfeld zwischen den Persönlichkeitsrechten der Gefährder und der Sicherheit der Bevölkerung. Ein Rechtsstaat soll Zwangsmassnahmen nur sehr zurückhaltend und als letztes Mittel ausüben. Das heisst, dass viele Personen mit einem latenten Gewaltrisiko bei uns in Freiheit leben. Man kann sie nicht präventiv wegsperren, wie es in Diktaturen passiert. Eine absolute Sicherheit können wir also nicht garantieren.
Rudin: Nehmen wir das Beispiel von Querulanten, die Behördenmitarbeiter bedrohen. Die Gefahr, dass sie ihre Drohung umsetzen, ist tendenziell eher gering. Die bedrohten Personen leiden allerdings sehr und erwarten, dass wir einschreiten. Oft kommen wir aber zum Schluss, dass die Ausführungsgefahr gering ist und wir deshalb nicht eingreifen können. Das braucht viel Erklärungsarbeit bei den potenziell Gefährdeten.

Das Bedrohungsmanagement im Kanton Basel-Landschaft gibt es seit gut sechs Jahren. Was ist Ihr Fazit?
Lüchinger: Bedrohungsmanagement braucht eine enge Zusammenarbeit von Fachstellen, Behörden, Staatsanwaltschaft und Polizei – teils über Jahre. In Kantonen, die dafür nur geringe Ressourcen zur Verfügung stellen, sind die Mitarbeitenden stark und konstant belastet. Damit das Bedrohungsmanagement die erhoffte Wirkung hat, müsste das verbessert werden.

Zu den Personen

Sarah Rudin

Sarah Rudin ist Psychologin bei der Polizei Basel-Landschaft.

Quelle: Privat
Markus Lüchinger

Markus Lüchinger ist Psychologe bei der Polizei Basel-Landschaft.

Quelle: Privat
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