«Die Schweiz allein macht sowieso keinen Unterschied», hört man oft in der Klima-Debatte. Dabei hat unser kleines Land einen grossen Hebel: das Geld. Unsere Banken und Versicherungen stecken tief drin im Geschäft mit Öl, Gas und Kohle – und sind zentral für dessen Zukunft: Ohne Finanzierung und Versicherung geht nichts. 

Während der letzten Jahre ist der Finanzplatz Schweiz darum vermehrt in den Fokus von Klima-Aktivistinnen geraten – so auch die Zürich, die grösste Schweizer Versicherung. Sie ist international tätig und war 2023 einer der wichtigsten Versicherer von fossilen Energien. Ausgeschlossen hat sie bisher nur die Deckung von neuen Kohle- und Ölschieferprojekten, nicht aber von Öl oder Gas. Damit war sie zuletzt das Klima-Schlusslicht aller grossen europäischen Versicherungen.

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Ein Kind sitzt am Boden und zeichnet ein Bild des Paradeplatz in Zürich umgeben von Kohlebaggern und rauchenden Schornsteinen.

Im Fokus von Aktivisten: der Schweizer Finanzplatz und seine Klimawirkung

Quelle: Campax/Miriam Künzli

Jetzt kommt die Kehrtwende: Nur Tage vor der Generalversammlung im April 2024 kündigte die Leiterin der Firmenversicherung beim Finanzportal «Bloomberg» an, die Zürich werde in Zukunft keine neuen Öl- und Gasprojekte mehr versichern. Von Öl- und Gaskunden erwarte die Versicherung in Zukunft einen glaubwürdigen Klimaplan mit messbaren Reduktionszielen bis zu Netto null 2050. Mit anderen Kunden, die besonders hohe Emissionen haben, möchte man im Gespräch eine Strategie entwickeln.

Das sei – schreibt «Bloomberg» – für die Zürich «ein bedeutender Strategiewechsel». Der Ausschluss gilt im Moment aber nur für die Förderung und Erkundung von neuen Öl- und Gasfeldern. Pipelines, Gas-Terminals oder Kraftwerke werden weiter versichert.

«Definitiv das Resultat des gesellschaftlichen Drucks»

Für die Aktivistinnen und Aktivisten, die seit Jahren genau darauf drängen, ist das ein grosser Erfolg: «Das ist definitiv das Resultat des zivilgesellschaftlichen Drucks», sagt Nora Scheel von Campax. Die Schweizer NGO ist Teil der globalen Gruppe «Insure Our Future», die Versicherungen auf Klimakurs bringen möchte. Wirklich zufrieden ist sie mit der Zürich nicht: «Es ist ein lobenswerter Schritt in die richtige Richtung – es darf aber nicht dabei bleiben. Die Zürich hat sich dem 1,5-Grad-Ziel und Netto null bis 2050 verpflichtet. Das geht nur, wenn man auch die Versicherung von bestehenden fossilen Projekten auslaufen lässt.» 

Die Zürich-Versicherung äussert sich zur Forderung nicht und beantwortet generell keine Fragen des Beobachters. Stattdessen verweist sie auf den «Bloomberg»-Artikel.

Dass solche Entscheide reale Auswirkungen haben, zeigt das Beispiel von Kohleunternehmen. Sie haben wegen der Abkehr des Finanzplatzes zunehmend Mühe, neue Projekte überhaupt zu lancieren.

Was machen andere Schweizer Versicherungen?

Versicherungen müssen ihre Kundschaft nicht offenlegen. Über die Praxis kleinerer Schweizer Versicherungen ist deshalb wenig bekannt. Von der Helvetia weiss man, dass sie grundsätzlich auch neue fossile Unternehmen und Projekte versichert. Die NGO Campax sorgt sich, dass sie nun nach dem Entscheid der Zürich zur «Lückenfüllerin» werden könnte. Die Baloise hingegen teilt dem Beobachter mit, man versichere seit 2022 Produktion und Abbau von fossilen Energien nicht mehr. 

Für Kundinnen und Kunden bleibt es schwer zu wissen, wo ihre Versicherung überall mitmischt. Zumindest für die globalen Platzhirsche bietet aber das Klima-Rating von «Insure Our Future» einen Überblick.