Jaspal Ranatunga* würde keinesfalls finden, dass die Schweizer Asylverfahren zu lange dauern. Am 14. Januar 2012 stellte der Srilanker auf dem Flughafen Zürich sein Asylgesuch. Tags darauf stellten die Behörden aufgrund eines Fingerabdruckvergleichs in der europäischen Datenbank fest, dass er bereits früher in Norwegen um Asyl ersucht hatte. Am 1. Februar entschied das Bundesamt für Migration, dass auf Ranatungas Gesuch nicht eingetreten werde. Am 7. Februar reichte der Asylbewerber dagegen Beschwerde ein, die das Bundesverwaltungsgericht nur einen Tag später ablehnte. 26 Tage hatte der Srilanker im Transitbereich des Flughafens verbracht, da sass er bereits wieder im Flugzeug.

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Die langen Verfahren gehen ins Geld

Jaspal Ranatunga ist eine seltene Ausnahme. Im Durchschnitt dauern Asylverfahren in der Schweiz nicht vier Wochen, sondern vier Jahre. Selbst die Schweizer Flüchtlingshilfe findet das untragbar. Nach zwölf Tagen wird ein Asylbewerber erstmals gefragt, wie er hierhergekommen ist, und danach vergehen 166 Tage, bis er auch noch gefragt wird, warum er gekommen ist.

Liegen alle Fakten auf dem Tisch, bleibt das Dossier im Schnitt 156 Tage auf einem Pult im Bundesamt für Migration liegen, bis sich ein Angestellter seiner annimmt und entscheidet. Praktisch alle negativen Entscheide werden ans Bundesverwaltungsgericht weitergezogen, wo das dicke Dossier – noch immer wird alles in Papierbündeln festgehalten – im Schnitt weitere 455 Tage lang Staub ansetzt.

Zwar betont das Bundesverwaltungsgericht, es bemühe sich um Besserung. Letztes Jahr blieb ein Asylverfahren dort im Mittel «nur» noch 280 Tage lang liegen. Die lange Dauer kostet viel Geld, weil der Flüchtling untergebracht werden muss. Und sie ist Ursache dafür, dass viele Asylbewerber letztlich in der Schweiz bleiben können, obwohl sie zweifelsfrei nicht politisch verfolgt werden.

Zum Beispiel Aram Hekemet*. Das Asylgesuch des Kurden aus dem Irak wurde im Oktober 2009 abgelehnt, doch seine Beschwerde blieb beim Bundesverwaltungsgericht 26 Monate lang liegen. Zwar sah dann auch das Gericht keinen Grund, dem Iraker Asyl zu gewähren, doch der Entscheid hatte sich erübrigt: Kurz zuvor hatte der Asylbewerber eine Irakerin geheiratet, die über eine Niederlassungsbewilligung für die Schweiz verfügt. Hätte das Gericht rascher entschieden, wäre Hekemet wohl ausgewiesen worden.

«Das macht die Glaubwürdigkeit kaputt»

Justizministerin Simonetta Sommaruga nimmt nun einen neuen Anlauf, die kafkaesk komplizierten Abläufe zu vereinfachen, denn die langen Verfahren würden die Glaubwürdigkeit des ganzen Systems «kaputtmachen», so Sommaruga. Ihr Ziel: Innert 120 Tagen soll über ein Asylgesuch entschieden werden – wie in den Niederlanden, die als Vorbild für Sommarugas neues Modell gelten. Allerdings dauere die Umsetzung ihrer Pläne «bis zu fünf Jahre», sagt die SP-Justizministerin. Dem Parlament geht das zu lange: Es fordert rasche Resultate. Martin Müller

*Name geändert