Beobachter: Ihr Restaurant Focacceria in St. Gallen hat eine Spendenaktion für Flüchtlinge lanciert. Wie ist es dazu gekommen?
Evelyn Reiser: Mein Mann und ich hatten genug von den menschenverachtenden Onlinekommentaren zu den Flüchtlingen. All die Hetze und Angstmacherei, ich fand das schockierend und fragte mich: Wo ist denn da die Solidarität? Also beschloss ich, den Flüchtlingen zu helfen. Mein Mann ist Mitinhaber der «Focacceria», und wir entschieden uns, einen Spendenaufruf auf die Facebook-Seite des Restaurants zu stellen. So würden wir von Anfang an viel mehr Leute erreichen als ich im Alleingang.

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Beobachter: Wussten Sie denn, was Sie mit all den Spenden anstellen wollten?
Reiser: Ja, das hatte ich abgeklärt. Auf Empfehlung des Migrationsamts fragte ich die Asylzentren in der Umgebung an, ob und welche Spenden sie gebrauchen könnten. Die Antwort war klar: Sachspenden – Kleider, Schuhe, Spielzeug für Kinder, Malstifte.

Beobachter: Die haben sie bekommen – an zwei Sammeltagen kamen mehrere Lastwagenladungen zusammen. Überrascht?
Reiser: Extrem. Ich dachte, da kämen eine Handvoll Leute und brächten ein paar Jacken oder Pullover. Aber unser Team wurde überrollt: haufenweise neuwertige Kleider, Hygieneartikel, Kindervelos, Malsachen. Am ersten Tag mussten wir schon kurz nach Sammelbeginn die Turnhalle eines Asylzentrums als Zwischenlager organisieren. Spontan stellten sich Freiwillige zur Verfügung, um die Sachspenden in die Halle zu fahren. Andere sind dortgeblieben und haben begonnen, die Waren zu sortieren. Ungefragt, einfach so.

Beobachter: Wie erklären Sie sich das?
Reiser: Ich glaube, viele Leute wollten endlich etwas tun. Es war, als hätten sie darauf gewartet, sich solidarisch zu zeigen. Das war beeindruckend. Und es zeigte: Es gibt nicht nur die Hetzer, es gibt eine Menge Menschen mit Herz.

Beobachter: War das nun eine einmalige Aktion, oder gibt es eine Fortsetzung?
Reiser: Wir überlegen uns ein längerfristiges Engagement, vielleicht zusammen mit anderen Gastrobetrieben. Den Schwung, den die Gesellschaft jetzt hat, darf man nicht einfach vergehen lassen.

Beobachter: Ihr Beispiel zeigt: Auch Kleinbetriebe können etwas bewirken. Was empfehlen Sie Unternehmen, die etwas Ähnliches tun möchten?
Reiser: Handeln, nicht bloss sinnieren. Es gibt für Betriebe viele Möglichkeiten, aktiv zu werden, sei es mit Zeit-, Sach- oder Geldspenden. Wichtig ist aber, dass man bei den Institutionen zuerst abklärt, welche Form von Unterstützung gefragt ist.

Dieser Artikel ist Bestandteil unserer Artikelserie «Die vielen Helden, die sich kümmern»: Was jede Schweizerin und jeder Schweizer tun kann, um das Leid der Flüchtlinge zu lindern.

zum Überblick der Serie – inklusive Schweizer Karte mit Hilfsprojekten für Flüchtlinge

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