Stumpfe Lanze gegen Konkursreiter
Der Bundesrat will gegen Unternehmer vorgehen, die reihenweise Firmen in den Konkurs treiben. Die Vorlage ist allerdings viel zu zahm. Ein Kommentar von Beobachter-Redaktor Thomas Angeli.
Veröffentlicht am 21. August 2019 - 17:37 Uhr
«Dann hat der Typ einfach eine neue Firma gegründet und genau gleich weitergeschäftet. Und ich warte immer noch auf mein Geld!» Es sind Worte, wie wir sie beim Beobachter fast täglich hören. Die Betroffenen:
- Hauskäufer, die in einer Bauruine sitzen, weil der Generalunternehmer abgetaucht ist.
- Handwerker, die sich fünf- oder sechsstellige Summen ans Bein streichen müssen, weil ein Auftraggeber aus heiterem Himmel Konkurs angemeldet hat.
- Oder Lieferanten von KMU, deren Kunden sich samt unbezahlter Ware aus dem Staub gemacht haben und an einem andern Ort eine neue Firma gründen.
Der volkswirtschaftliche Schaden ist gigantisch. Allein im Kanton Zürich schätzt der Regierungsrat die Summe auf einen dreistelligen Millionenbetrag – jährlich.
Nun legt der Bundesrat eine Vorlage vor, mit der er die Missstände bekämpfen will. Das anvisierte Ziel, notorischen Konkursreitern das Handwerk zu legen, dürfte sie jedoch verfehlen.
Fangen wir mit dem Positiven an: Künftig sollen alle im elektronischen Handelsregister Zefix unentgeltlich nach Personen suchen können. Kommt einem ein potenzieller Geschäftspartner dubios vor, lässt sich mit wenigen Klicks feststellen, ob er in der Vergangenheit schon Firmen in den Konkurs getrieben hat. Heute muss man für solche Informationen kostenpflichtige private Datenbanken abfragen.
Notorische Konkursreiter sollen künftig auch mit einem Tätigkeitsverbot belegt werden können. Dies allerdings nur, wenn sie wegen eines missbräuchlichen Konkurses verurteilt wurden.
Darüber hinaus will der Bundesrat ins Gesetz schreiben, dass Übertragungen der Aktien von sogenannten Mantelgesellschaften nichtig sind. Das sind nicht mehr aktive AGs oder GmbHs, die oft von Betrügern genutzt werden, um ihre Aktivitäten zu verschleiern.
Bloss: Wer mit einer solchen Firma Schulden macht und dann einfach von der Bildfläche verschwindet , hat auch in Zukunft wenig zu befürchten. Den Verkauf rückgängig machen will nämlich in einem solchen Fall weder der Verkäufer (der froh ist, seine inaktive und unter Umständen überschuldete Firma loszuwerden) noch der Käufer, sprich: der Konkursreiter.
Die grösste Schwachstelle der Vorlage ist jedoch, dass der Bundesrat vor Haftbarkeitsklagen zurückschreckt. Solche Klagen sollen nur möglich sein, wenn ein ordentliches Konkursverfahren durchgeführt wurde. Muss jedoch der Konkurs mangels Aktiven eingestellt werden, können die Verantwortlichen der gescheiterten Firma nicht zur Kasse gebeten werden. Die Forderung kam unter anderem von der Kantonspolizei und der Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich – von Kreisen also, die täglich mit Konkursmissbräuchen konfrontiert sind.
Die kürzlich erfolgte Revision des Aktienrechts hat eines überdeutlich gezeigt: Wenn die bürgerliche Mehrheit im Parlament in einer Gesetzesvorlage die Wirtschaftsfreiheit auch nur ansatzweise tangiert sieht, verwässert sie die Vorlage bis zur Unkenntlichkeit. Den Vorschlägen des Bundesrats gegen Konkursreiterei droht genau dieses Schicksal.
Dabei müssten strikte Regeln ganz im Sinn der Bürgerlichen sein. Unternehmen, die mit tiefen Preisen operieren, dabei aber ihren finanziellen Verpflichtungen nicht nachkommen und schliesslich mit hohen Schulden Konkurs gehen , schaden der Wirtschaft – und damit der traditionellen Klientel der bürgerlichen Parteien.