«Gleichstellung ist endlich salonfähig geworden»
Für ihren Mut und ihre Hartnäckigkeit wurde Natalie Urwyler mit dem Prix Courage ausgezeichnet. Im Interview erklärt sie, was der Preis ihr bedeutet.
Veröffentlicht am 2. November 2018 - 20:49 Uhr,
aktualisiert am 2. November 2018 - 20:35 Uhr
Beobachter: Frau Urwyler, wir gratulieren Ihnen ganz herzlich. Was sagen Sie Ihrer Tochter?
Natalie Urwyler: Dass ich gewonnen habe (strahlt). Meine Tochter ist zwar erst fünf Jahre alt aber versteht, glaube ich, schon recht gut, was los ist in der Welt. Ich werde ihr den Pokal zeigen und erklären, was dahinter steckt.
Sie haben immer gesagt, Sie hätten das alles nicht für sich gemacht, sondern für ihre Tochter, für alle Töchter, für die nächste Generation.
Mir sind als Kind viele Steine in den Weg gelegt worden, vom Anfang bis zum Ende meiner Karriere mit 40. Ich möchte, dass meine Tochter das mal anders haben wird, als ich. Dass man ihr nie die Frage stellt, ‘kannst du das denn, du bist doch eine Frau’. Kannst du rechnen? Diese Sprüche und althergebrachten Einstellungen müssen ein Ende haben.
Sie meinen, dass es egal ist, welches Geschlecht man hat?
Genau, jeder soll das machen, worin er gut ist. Egal, ob Mann oder Frau.
Ihr Gewinn des Prix Courage bringt Öffentlichkeit. Was geht wohl in ihrem ehemaligen Chef vor, wenn er es erfährt?
Ich hoffe ganz fest, dass er darüber nachdenkt, was er mit mir und vielen anderen Frauen gemacht hat.
Hoffen Sie auch, dass es endlich Konsequenzen geben wird? Unter Ihrem ehemaligen Chef leiden vermutlich weiterhin Frauen.
Ich glaube schon, dass es Konsequenzen haben wird. Jetzt kann das Inselspital nicht mehr einfach so weitermachen. Das Auge der Öffentlichkeit ist drauf gerichtet. Die Insel muss etwas ändern, unabhängig davon, ob die Uniklinik mich wieder einstellt oder nicht.
Glauben Sie, der Preis gibt Ihrem Anliegen, der Gleichstellung von Mann und Frau, noch einen weiteren Schub?
Im Dezember habe ich einen Termin mit dem Gesundheitsdirektor des Kantons Bern . Ich erhoffe mir viel von diesem Gespräch.
Werden Köpfe rollen?
Diese Entscheidung überlasse ich den Zuständigen.
Sie haben 15'000 Franken Preisgeld gewonnen. Was machen Sie damit?
Das habe ich mir noch nicht überlegt, aber ich werde etwas tun, das der Sache dient.
Gibt es noch ein Fest?
Ja klar, das müssen wir feiern!