Monika Schmid, Illnau-Effretikon, 50-jährig. Monika Schmid ist Gemeindeleiterin der römisch-katholischen Kirchgemeinde Illnau-Effretikon/ZH. Die amtierende TV-Pfarrerin ist gelernte Kindergärtnerin. Zudem absolvierte sie das religions-pädagogische Studium an der theologischen Fakultät. Rund 20 Jahre war die Luzernerin in Illnau-Effretikon als Pastoralassistentin tätig, bevor sie vor sechs Jahren zur Gemeindeleiterin ernannt wurde.

Partnerinhalte
 
 
 
 

Monika Schmid hat im «Wort zum Sonntag» die katholische Kirche wegen ihres zögerlichen Vorgehens gegen pädophile Priester kritisiert. Wahrscheinlich sorgte der Vergleich der TV-Pfarrerin für Ärger, weil er so ungemein «träf» war. Überführte pädophile Priester, so argumentierte sie im «Wort zum Sonntag», würden meistens innerhalb der Kirche nur versetzt. Sie erhielten zwar eine andere Stelle, blieben aber im Amt. Priester aber, die eine reife Beziehung zu einem Partner oder einer Partnerin leben würden, würden abgesetzt. Von heute auf morgen sei damit ihre berufliche Existenz in Frage gestellt. «Da stimmt doch etwas nicht», urteilte Schmid über die erwähnte Praxis in der katholischen Kirche.

Die offenen Worte der Gemeindeleiterin aus Illnau-Effretikon ZH kamen am Bischofssitz in Chur nicht gut an. «Eher unglücklich» sei man über die Sendung, liess Christoph Casetti, der Medienverantwortliche der Diözese Chur in den Medien verlauten.

Bischof Vitus Huonder lud Schmid erst zu einem Gespräch und schickte ihr anschliessend per Brief den Entzug der missio canonica. Nach Intervention von Vertretern der katholischen Kirche des Kantons Zürich musste der Bischof die faktische Kündigung zurücknehmen. Sie entsprach nicht den Vorgaben des Arbeitsrechts, weil Schmid das rechtliche Gehör nicht gewährt worden war.

So ganz ungestraft mochte Bischof Huonder die Ketzerin aber dann doch nicht davonkommen lassen. Schmid erhielt einen Verweis, und ihre Amtszeit wurde nur um ein statt um drei Jahre verlängert.

Schmid aber hat nicht vor, mit ihrer Meinung in Zukunft hinter dem Berg zu halten. Sie will ihren Grundsätzen treu bleiben, die sie in der umstrittenen Sendung formuliert hat: «Die katholische Kirche ist meine religiöse Heimat. Und weil ich gern katholisch bin, stelle ich auch dort Fragen, wo ich das Gefühl habe: ‹Da stimmt etwas nicht mehr›.»

Interview mit Monika Schmid

Unangenehme Wahrheiten auszusprechen ist das eine, den Druck danach auszuhalten das andere, sagt die Gewinnerin des Publikumspreises Monika Schmid. Trotzdem würde sie wieder gleich handeln.

Beobachter: Frau Schmid, Sie haben den Publikumspreis gewonnen. Überrascht?Monika Schmid: Ja, ehrlich gesagt bin ich überrascht. Besonders freut es mich, dass es der Publikumspreis ist. Das zeigt mir, dass es in der Bevölkerung viele gibt, die auch wollen, dass sich in der katholischen Kirche etwas ändert.

Beobachter: Sie haben den Umgang der katholischen Kirche mit pädophilen Priestern und das Festhalten am Zölibat kritisiert. Was glauben Sie, wie reagiert jetzt Bischof Huonder auf Ihre Auszeichnung mit dem Prix Courage?
Schmid: Ich hoffe, er freut sich. Ich meine das ganz ehrlich. Vielleicht kann er dadurch merken, dass viele wünschen, dass die katholische Kirche einen Schritt macht.

Beobachter: Wie kam es eigentlich dazu, dass Sie in der Fernsehansprache dieses brisante Thema gewählt haben?
Schmid: Ich habe mich relativ kurzfristig entschieden. Das Thema pädophile Priester war damals in aller Munde, und ich wollte das im «Wort zum Sonntag» thematisieren, fand aber lange den roten Faden nicht. Dann kam ich plötzlich auf den Aspekt der Glaubwürdigkeit, dass mich das stört, wenn einerseits die Moral nach aussen sehr hoch gehalten wird, in der eigenen Kirche aber nicht gelebt wird.

Beobachter: Was machen Sie jetzt mit dem Geld?
Schmid: Es ist ja nicht verboten, zu teilen. Ich habe viele Ideen, wie das Geld sinnvoll eingesetzt werden könnte, etwa für ein Entwicklungshilfeprojekt unserer Gemeinde.

Beobachter: Im Nachhinein gesehen: Würden Sie wieder gleich handeln?
Schmid: Ich habe gemerkt, dass es Mut braucht, unangenehme Wahrheiten auszusprechen. Aber fast mehr Kraft braucht es, nachher über Wochen den Druck auszuhalten. Da besteht immer die Gefahr, dass man die Energie verliert und leise wird. Aber trotzdem sage ich überzeugt: Ja, ich würde wieder gleich handeln.

Interview: Gian Signorell