Liebe Leserinnen und Leser

Einen Moment noch, ich bin gleich bei Ihnen, muss nur noch schnell etwas auf dem Handy checken. Während ich das hier schreibe, läuft nämlich ein Match an der Fussball-EM … Okay, 0:0 bei Kroatien gegen Albanien … Ähm, wo waren wir? Ach ja: Ich wollte darüber schreiben, dass mich Jugendliche manchmal irritieren. Zum Beispiel wenn sie mitten in einem persönlichen Gespräch ihr Smartphone zücken … Oha, eine Nachricht vom Spiel! Aber nichts von Belang, immer noch keine Goals … Die Jungen schauen also mitten im Gespräch auf ihrem Smartphone nach, ob sich dort etwas tut. Was immer das sein mag: Es ist offensichtlich wichtiger als der Inhalt unseres Gesprächs. Ich finde das, um es mit einem altertümlichen Wort zu sagen … Toooor! Albanien ist in Führung gegangen … Ich finde das ziemlich unhöflich.

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Wie sehr Handys respektive die sozialen Medien Jugendliche in den Bann ziehen, wurde oft untersucht. An einem gewöhnlichen Wochentag verbringen 12- bis 19-Jährige hierzulande dreieinhalb Stunden im Internet – in der Regel via Smartphone. Aber statt sich darüber aufzuregen, sollten wir uns um etwas Wichtigeres sorgen: um die Gesundheit unserer Jugend.

Die Geschichte der Woche

Das Buch «Generation Angst» des US-Psychologen Jonathan Haidt stellt die These in den Raum, dass der zügellose Handykonsum psychisch krank macht. Ängste und Depressionen nähmen deswegen unter jungen Menschen zu. Eine französische Expertenkommission kommt zu ähnlichen Schlüssen. Was tun? Für Haidt und die Experten ist der Fall klar: regulieren, einschränken, verbieten. Problem gelöst? Fraglich.

Hinzu kommt: Der Zusammenhang zwischen der Nutzung digitaler Technologien und psychischen Symptomen ist umstritten, da nicht ausreichend erforscht. Entsprechend gehen die Meinungen auseinander, ob ein teilweises Smartphone-Verbot den Kern des Problems überhaupt trifft. Mein Kollege Gian Signorell hat Fachleute um ihre Einschätzung gebeten. Was ihm dabei aufgefallen ist:

«Mich hat sehr überrascht, wie stark sich die Befunde unterscheiden. Obwohl Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler eigentlich dem Ideal der Objektivität und der wertfreien Forschung verpflichtet sind, spielen da durchaus auch Emotionen und Bauchgefühle mit. Etwa wenn eine Wissenschaftlerin sagt, es gehe ihr auf den Wecker, wenn Probleme immer gleich mit Verboten geregelt werden sollen.» 

Ausserdem

Der gleiche Sonnenschutz kostet in der Onlineapotheke der Migros rund 10 Franken mehr als im Laden. Idem beim grössten Konkurrenten. Coop und Migros: Sonnencreme in Onlineapotheke teurer als im Laden. Jetzt lesen.

Während einer Therapie erheben zwei Schwestern abenteuerliche Vorwürfe gegen ihren Vater. Das zerstört die Familie. Wir erzählen den tragischen Fall nach. Falsche Erinnerungen: Wie ein grauenhaftes Hirngespinst reale Opfer forderte. Jetzt lesen.

(Diese Recherche ist übrigens in Zusammenarbeit mit dem SRF entstanden. Wir arbeiten ab und an mit Kolleginnen aus anderen Medien zusammen, um aufwändige Recherchen zu realisieren. Denn wenn eine Geschichte wirklich wichtig ist, dürfen Konkurrenzdenken, Prestige oder Wettbewerb keine Rolle spielen – nur der journalistische Ethos.) 

Dauert zwar ein bisschen länger (sprich: über eine Stunde). Aber lohnt sich! Gilt die Gurtentragpflicht auch für Katzen? Darf man in der Schweiz Hunde essen? Die Antworten hören Sie im kostenlosen Webinar zum Recht der Schweizer (Haus-)Tiere. Jetzt ins Webinar reinschauen.

Die Neuigkeiten aus der Redaktion

«Mut ist die wichtigste aller Tugenden», hat die amerikanische Bürgerrechtlerin Maya Angelou mal gesagt, «denn ohne Mut kann man keine andere Tugend konsequent durchhalten.» In diesem Sinne: willkommen zum Auftakt des Prix Courage 2024. 

Jedes Jahr zeichnen wir Menschen für beherztes und entschlossenes Handeln aus. Wir ehren ihren besonderen Mut, in der Hoffnung, dass er uns gewöhnlichen Menschen beim nächsten Mal ein bisschen leichterfallen mag. In den kommenden Wochen stellen wir Ihnen unsere Nominierten vor. Und würden uns freuen, wenn auch Sie jemand Mutigen vorschlagen. Den Anfang macht Leandra Flury.

Nochmals zurück ...

... zu meiner sanften Irritation über jugendliche Marotten: Da bewege ich mich in einem uralten Fahrwasser. Denn Klagen über die Jungen sind seit geschlagenen 5000 Jahren überliefert. Die Sumerer hatten schon 3000 vor Christus in eine Tontafel gekritzelt, die Jugend zeige «bewusst ein ungepflegtes Aussehen» und sei «ablehnend gegen übernommene Werte». Wer im Internet sucht, findet dazu Hunderte von Beiträgen – aber vergleichsweise wenige in umgekehrter Richtung: Klagen über die Alten.

Darum, liebe junge Leute, teilt mir auf newsletter@beobachter.ch mit: Welche unserer Marotten ärgern euch ganz besonders?        

So viel für den Moment. Mehr von uns gibt es nächste Woche, wenn Sie mögen.