Von einem, der auszog, Putin zu bekriegen
Das war die Woche vom 1. bis 7. Juli 2024 im Beobachter.
Veröffentlicht am 5. Juli 2024 - 09:40 Uhr
Liebe Leserinnen und Leser
Ich bin Pazifist. Leider klingt das erstens nach gestriger 68er-Romantik (was noch: Flower-Power?), und zweitens lässt sich so was leicht sagen, hier in der Schweiz. Und mit Sicherheitsabstand zur Kriegsfront im Osten der Ukraine. Anders ein Mitbürger von mir, der eigentlich Lehrer werden wollte.
Die Geschichte der Woche
Jona Neidhart ist nur wenig älter als ich. Der 36-jährige Schweizer griff zur Waffe und zog in den Krieg. Die Schweiz dürfe nicht neutral bleiben, sagt er im Interview mit der ukrainischen Journalistin Lesya Kharchenko. Schweizer dürfen nicht in ausländischen Armeen dienen. Neidhart verstiess gegen das Verbot. Das gibt zu reden. Er sagt:
«Ich glaube wirklich, dass unser Land in seiner jetzigen Form nicht mehr in die heutige Zeit passt. In einem Krieg wie diesem darf die Schweiz nicht neutral bleiben. Sie rühmt sich immer als demokratisches und freies Land. Wenn die Schweiz jedoch nicht hilft, wenn demokratische Werte und die Freiheit bedroht sind, dann verrät sie ihre eigenen Werte.»
Ausserdem
Als Ergänzung dazu aus unserem Archiv: Die Hoffnung auf Frieden in der Ukraine ist weit weg. Wie ein Ende des Kriegs aussehen könnte, zeigt der Blick in die Geschichte. Konfliktforschung: Wie endet der Ukrainekrieg? Jetzt lesen (mit Abo).
Falls Sie diese Woche entweder wenig Lust auf Nachrichten hatten oder sich lieber komplett der Nati-Euphorie hingegeben haben, finden Sie hier unseren Überblick, was in den letzten Tagen Erwähnenswertes in Sachen Recht und Gerechtigkeit passiert ist. «Das war richtig wichtig»: Pillen, Fluten, «Nein heisst nein». Jetzt den Nachrichtenüberblick lesen.
Das Strafbefehlsverfahren muss repariert werden. Sagt die Staatsanwältin Sarah von Hoyningen-Huene. Und macht Vorschläge für eine Verbesserung. Kritik an Strafbefehlen: «Die Qualität der Verfahren sinkt». Jetzt lesen.
Und aus der Redaktion zu vermelden
Dürfen wir vorstellen: unsere neue Kolumnistin! Gina Bucher ist Autorin, Übersetzerin und eine der besten Schreiberinnen der Deutschschweiz. In «Wirtschaft von unten» macht sie sich ab jetzt für uns regelmässig Gedanken dazu, wie das Leben als Konsumentin eigentlich so kompliziert geworden ist – und wie man sich irgendwie durchwursteln kann, ohne Verstand, Vermögen und Fröhlichkeit zu verlieren.
Fast durch
Haben Sie gewusst, dass Schweizer Söldner früher Exportschlager waren, bevor sie verboten wurden? Meine Kollegin Andrea Haefely hat drüber geschrieben. Und zur Erinnerung: Der Beobachter schreibt auch über Frieden. Zum Beispiel hier: «Frieden ist nicht naiv, sondern visionär».
So viel für den Moment. Mehr von uns gibt es nächste Woche, wenn Sie mögen.
2 Kommentare
Trump will ab Tag eins den Frieden in der Ukraine vermitteln.
Die EU-affinen Ukrainer:innen müssen einsehen, dass es ohne Kompromisse mit Russland keinen Frieden geben wird. Immerhin war vor 10 Jahren rund die Hälfte der Ukraine Russland-affin.
Orbán: Friedenstauben unter Beschuss
„Friedensengel gelten nun als Rechte, als Rechtsextreme oder gar als Dreiviertel-Nazis, und wenn Orbán das tut, was eigentlich die Schweiz hätte tun können (als sie noch neutral war), wird versucht, der ungarischen Friedenstaube die Flügel zu stutzen. Weil sie Orbán heisst. Egal, was er tut oder sagt, es ist des Teufels, weil Orbán immer Orbán ist. Selbst wenn er etwas Gescheites tut. Obama erhielt 2009 für weniger den Friedensnobelpreis.
Die Welt ist nicht schwarz-weiss. Auch wenn Fair Play in der Politik ein Fremdwort ist, muss man Orbán zugutehalten, dass er es wenigstens versucht. Vielleicht sollten seine Kritiker, insbesondere jene, die beim Nato-Gipfel in Washington für die Fotografen posieren, selber an die Front. Gemeinsam mit Putin.“ (Claude Cueni in Weltwoche vom 12.7.2024)