Liebe Leserinnen und Leser

Wenn ich als Kind in eine unangenehme Situation geraten bin, habe ich immer ganz fest die Augen geschlossen und mir gedacht: Sobald ich sie wieder öffne, ist alles besser. War natürlich nicht so. Aber als Kind darf man ja noch etwas naiv sein.

Dumm ist nur: Diese Naivität bin ich irgendwie nicht losgeworden. Denn vor jeden Ferien, wenn alles zu viel wird, wenn der Chef nervt, die Pultnachbarschaft mühsam ist, der Computer spinnt, dann male ich mir aus: Nach den freien Tagen ist es sicher anders. Ist natürlich nie so – alles noch genau gleich. Das war auch jetzt, beim Start ins neue Arbeitsjahr, schon nach einer halben Stunde klar. Aber nach einer vollen Stunde habe ich mir gesagt: So schlimm ist das ja gar nicht. Dann weiss ich immerhin, wie der Hase läuft. Ist doch bequem.

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Diagnose: Ich bin ein Gewohnheitstier. Ein ziemlich rettungsloses sogar (davon weiter unten mehr).  

Die Geschichte der Woche

Oder gibt es vielleicht doch noch Hoffnung für Leute wie mich? Damit wir, falls nötig, die Routine auch mal austricksen können? Die Idee der «Tiny Habits» könnte ein Anfang sein. Bei der Methode dieser «Mini-Gewohnheiten» geht es im Kern darum, persönliche Verhaltensänderungen nicht in einem grossen Schritt herbeiführen zu wollen, sondern sie sich im Alltag quasi nebenbei anzutrainieren. In kleinen Schrittchen wird die gewünschte Richtung angesteuert, mit Massnahmen, die so leicht umsetzbar sind, dass ein Scheitern kaum möglich ist. Sitzt das einmal, kann die Kadenz gesteigert werden. So lange, bis eine neue, bessere, gesündere Gewohnheit entsteht.     

Mein Kollege Simon Koechlin ist in die Tiefen der menschlichen Angewohnheiten abgetaucht. Und hat einige Erkenntnisse gewonnen:

«Ich blicke auf eine ganze Reihe gescheiterter Vorsätze zurück. Deshalb leuchtet mir die Idee der ‹Tiny Habits› ein, ein neues Verhalten zuerst zu automatisieren. Gleichzeitig hat mich bei der Recherche erschreckt, dass laut Forschern fast die Hälfte aller Dinge, die wir täglich tun, unbewusst abläuft – dass wir sie also vielleicht gar nicht tun wollen.»

 

Ausserdem

In Deutschland streikt mal wieder das Zugpersonal. Was, wenn Sie irgendwo feststecken oder Ihnen der Streik einen Anschluss verhagelt? Die wichtigsten Antworten. Verspätung: Wann habe ich Anspruch auf Entschädigung? Jetzt lesen.

Zuerst die Schlächter der Hamas, dann die zerstörerischen Bombardierungen der israelischen Armee. Die Bilder landen über Social Media auf den Handys von Schülerinnen und Schülern. Lehrkräfte erzählen, wie sie damit umgehen. Nahost-Debatte: Der Krieg spaltet die Klassenzimmer. Jetzt lesen (mit Abo).

Hochdruckzone über Nordeuropa und ein Tief über der Adria bringen der Schweiz gerade klirrende Kälte, Bise – und Schnee. Winterwetter: Wer muss eigentlich das Trottoir freischaufeln? Die wichtigsten Fragen und Antworten lesen Sie hier.

Neuigkeiten aus der Redaktion

So weit gut gelandet im neuen Jahr? Oder haben Sie eigentlich keine Lust auf das, was im Jahr 2024 noch alles vor Ihnen liegt? Überall ist schliesslich Krise. Wir haben uns nach Motivation umgesehen. Und sie unter anderem in einem bemerkenswerten Luzerner Quartier gefunden. Und damit das Lesen auch wirklich Freude macht, haben sich unsere Infografikerinnen Anne Seeger und Andrea Klaiber aus unserer Bildredaktion für diesen Text etwas ganz Spezielles überlegt:

«Im Gegensatz zu gedruckten Bildern können wir online mit visuellen Effekten spielen. Wir haben Zeichnungen zum Leben erweckt, schwarz-weisse Bilder farbig werden lassen, Porträtfotos mit buntem Treiben ergänzt. Diese Effekte unterstützen das Geschriebene, machen hoffentlich Lust aufs Durchscrollen.»

 

Was war diese Woche richtig wichtig?
Wir fassen das für Sie ab jetzt jede Woche in unserer Nachrichtenübersicht zusammen. Vier bis fünf wirklich wichtige Nachrichten zu Recht und Gerechtigkeit, kompakt, verständlich und mit Haltung aufgeschrieben. Immer am Freitagmittag. Hier können Sie «Das war richtig wichtig» als E-Mail abonnieren.

Voilà.

Ich bin Ihnen noch eine Blüte meiner unverbesserlichen Gewohnheiten schuldig. Wir vom Beobachter sind kürzlich gezügelt, vom zweiten ins erste Stockwerk. Aber ich habe bis heute nicht verinnerlicht, dass ich folglich im Treppenhaus nur noch eine Etage runtergehen muss, um zum Ausgang zu kommen. Stattdessen lande ich regelmässig bei der Tür zur Tiefgarage. Höchste Zeit, mich mit den «Tiny Habits» anzufreunden.       

So viel für den Moment. Mehr von uns nächste Woche, wenn Sie mögen.