Ätsch, wir leben noch!
Sie sind hervorragende Schauspieler – vor allem wenn es um Sterbeszenen geht: Was sich Tiere alles einfallen lassen, wenn sie sich bedroht fühlen oder einen überraschenden Angriff lancieren wollen.
Veröffentlicht am 5. Juli 2021 - 17:49 Uhr
«Am Montag rückte die Basler Feuerwehr im Zoo an. Die erwachsenen Störche machten beim Ausfahren der Drehleiter Platz, die Jungtiere gaben sich leblos.»
Auszug aus 20min.ch, 8. Juni 2021
Schon fies. Da wird man von einem lauten, riesigen, grellroten Monster bedroht, und die Eltern hauen einfach ab. Doch die Storchenkinder im Basler Zolli wussten auch ohne ihre Raben-, Pardon, Storcheneltern, was zu tun war: sich tot stellen.
Das war ganz praktisch für die Tierpfleger, die sich den Jungtieren im Storchenhorst per Drehleiter genähert hatten. Sie führten nichts Böses im Schilde, schon gar nicht gegen Leib und Leben. Sie wollten die Piepmatze nur beringen. Und in Schockstarre liess sich das für beide Seiten ganz entspannt bewerkstelligen.
Jungstörche sind keineswegs besonders ausgebufftes Federvieh. Was Menschen aus naheliegenden Gründen höchstens mal im Krieg, bei Attentaten, Bärenattacken oder Mordversuchen tun, ist in der Tierwelt gang und gäbe. Im Ernstfall, sprich Angstfall, stellt man sich mal kurz tot.
Opossum trickst mit Zunge und stinkendem Schleim
Während die Basler Storchenkiddies das mit geringstmöglichem Aufwand taten, lassen sich andere Tiere etwas mehr einfallen. Das Opossum, eine nordamerikanische Beutelratte, erstarrt nicht nur, es lässt auch noch dekorativ die Zunge seitlich raushängen und einen grünen, stinkenden Schleim aus dem After rinnen. Fressfeinde machen da meist einen Abgang. «Playing possum» ist in den USA zum wenig schmeichelhaften geflügelten Wort geworden.
Wirklich ins Zeug legt sich die Westliche Hakennasennatter. Das ungiftige Reptil, ebenfalls in Nordamerika anzutreffen, spielt eine filmreife Sterbeszene vor. Mit weit aufgerissenem Maul windet es sich theatralisch, bis der Leib sich verknotet. Es lässt sogar Äderchen mit echtem statt Bühnenblut platzen und stösst ein Sekret aus, das nach Aas riecht. Von jugendlich frisch zum Kadaver in Sekunden.
Auch die Fainting Goat, die in Ohnmacht fallende Ziege aus dem US-Staat Tennessee, fällt gern mal «tot» um. Als Fluchttiere, die sie eigentlich sind, machen diese Geissen definitiv keine gute Gattung: Sie verfallen beim geringsten Schrecken für zehn Sekunden in Schockstarre und stehen dann wieder auf, als wäre nichts gewesen. Grund ist die muskuläre Erbkrankheit Myotonie.
Sich tot stellen ist immer Überlebenstaktik, kann für Dritte aber auch mal tödlich enden. Etwa bei der afrikanischen Buntbarsch-Gattung Nimbochromis: am Seegrund liegen, Bäuchlein auf der Seite, und als vermeintliche Fischleiche warten, bis lebenserhaltende Beute naht ...
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