Riesenspinne breitet sich in der Schweiz aus – wegen des Klimawandels
Sie misst bis zu acht Zentimeter, lauert an abgedunkelten Zimmerwänden, und sie ist giftig. Vor allem jetzt im Winter wird die Nosferatu-Spinne in der Schweiz immer häufiger gesichtet.
Veröffentlicht am 5. Januar 2023 - 15:03 Uhr
Wer mutig genug ist, kann auf dem Rücken der Giftspinne dem Vampir Nosferatu in die Augen schauen. Oder einem Schmetterling. Letzterem ähnelt die Nosferatu in ihrer Gefährlichkeit eher, auch wenn sie Phobikern einen ziemlichen Schrecken einjagen kann. Vor allem dann, wenn sie riesig und unerwartet an der abgedunkelten Badzimmerwand lauert.
Doch an den Anblick der Riesenspinne in den eigenen vier Wänden sollten wir uns besser gewöhnen.
Die Zoropsis spinimana mit ihren gefleckten Beinen und der markanten Zeichnung auf dem Rücken ist gekommen, um zu bleiben. Mit ausgestreckten Beinen erreicht sie eine Länge von gut fünf bis acht Zentimetern.
Sie ist die imposanteste Spinne der Schweiz und hat sich in den letzten zehn Jahren im Flachland so weit verbreitet, dass Experten sie mittlerweile eine heimische Spinne nennen. Höchste Zeit, mehr über sie zu erfahren.
Inhalt des Artikels
- Was hat die Nosferatu-Spinne in der Schweiz zu suchen?
- Wie gefährlich ist der Biss der Nosferatu-Spinne?
- Warum wird die Nosferatu-Spinne vor allem im Winter so häufig gesichtet?
- Wem kann die Nosferatu-Spinne gefährlich werden?
- Tipps zum Umgang mit der Nosferatu-Spinne
- Zoropsis spinimana - Der Steckbrief
Was hat die Nosferatu-Spinne in der Schweiz zu suchen?
Ursprünglich stammt die Giftspinne aus dem Mittelmeerraum. Inzwischen fühlt sie sich aber auch bei uns pudelwohl. Das erste Schweizer Exemplar wurde 1994 in Basel entdeckt. Die Spinne reiste vermutlich als blinder Passagier im Reisegepäck ein. Und der Klimawandel hilft ihr nun dabei, in Windeseile das Schweizer Flachland beziehungsweise alle Lagen unter 600 Metern über Meer zu erobern.
So mutmasst Spinnenexperte Ambros Hänggi. Er ist pensionierter Kurator des Naturhistorischen Museums Basel und einer der besten Kenner der Zoropsis. «Die Spinne fällt auf. Für Schweizer Verhältnisse ist sie ungewöhnlich gross.» Untypisch ist auch ihr Verhalten. Sie geht Hauswänden entlang auf die Jagd, anstatt sich in bodennahen Ecken zu verstecken und auf ihre Beute zu warten, wie etwa die Hauswinkelspinne, die bis jetzt in den Schweizer Zimmern wohl für die meisten Schreckenslaute gesorgt hat.
Wie gefährlich ist der Biss der Nosferatu-Spinne?
Die Spinne kann beissen und ein Gift injizieren. Sie gehört zu den wenigen Spinnenarten in der Schweiz, deren Mundwerkzeuge so stark sind, dass sie die menschliche Haut durchdringen können. «Das zwickt zwar schmerzhaft, doch danach ist der Biss vergleichbar mit einem Mückenstich », weiss Spinnenexperte Ambros Hänggi. Er hat sich zu Forschungszwecken von einer Zoropsis beissen lassen. «Doch lieber ergreift die Riesenspinne die Flucht, als dass sie angreift und zubeisst», beruhigt Hänggi. Auch sei die Spinne eigentlich eine sehr gemächliche Spinne, bewege sich langsam und lasse sich gut einfangen.
Warum wird die Nosferatu-Spinne vor allem im Winter so häufig gesichtet?
Der Winter ist die Hauptaktivitätszeit der Riesenspinne. Sie ist dann ausgewachsen und viel besser zu entdecken als noch im Sommer. Im November beginnen die Weibchen mit der Eiablage und können bis im Januar mehrere Kokons mit 20 bis 50 Eiern produzieren. Auch deshalb ihr Erfolg in der Verbreitung. In der Nacht gehen die Spinnen auf die Jagd. Am liebsten in Schweizer Badzimmern und Schlafzimmern – überall dort, wo es schön dunkel ist.
Dank Hafthaaren an den Füssen klettern sie spielend leicht an glatten Oberflächen entlang, sogar an Glaswänden. Wer sie also mit einem Glas einfangen will, hat besser auch einen Karton zur Hand. Netze braucht die Nosferatu-Spinne keine. Sie ist eine nachtaktive und herumschweifende Jägerin, die sich ganz vorsichtig an ihre Beutetiere herantastet.
Wem kann die Nosferatu-Spinne gefährlich werden?
Wenn die Zoropsis je länger, je mehr durch Schweizer Siedlungsgebiete streicht, müssen sich nicht nur Phobiker Sorgen machen. Die Nosferatu ist nicht nur grösser als die meisten Spinnen in der Schweiz, sie ist auch hungriger. Und ihr riesiger Appetit könnte früher oder später Auswirkungen auf den Insektenbestand in der Schweiz haben.
Doch noch kann die Forschung die tatsächlichen Folgen für die Biodiversität nicht abschätzen. Sicher ist sich Spinnenforscher Hänggi nur in einem Punkt: Solange die Temperaturen weiter steigen, wird die grosse Giftspinne aus dem Süden nicht die einzige achtbeinige Fremde bleiben, an die sich die Schweiz gewöhnen muss.
Tipps zum Umgang mit der Nosferatu-Spinne
- Weil die Spinne giftig ist, sollte man sie nicht mit der Hand einfangen. Besser stülpt man ein Glas über sie, schiebt einen Karton drüber und lässt sie im Garten frei
- Insektengitter an den Fenstern können es der Spinne schwerer machen, ins Haus zu finden
- Und wer sich die Spinne als Mitbewohnerin vorstellen kann, umso besser: Sie wird dafür den Insektenbestand in den heimischen vier Wänden klein halten
Zoropsis spinimana - Der Steckbrief
Wissenschaftlicher Name: Zoropsis spinimana
Ordnung: Webspinnen
Familie: Kräuseljagdspinne
Lebensraum: Ursprünglich in der Mittelmeerregion bis hin zum Südrand der Alpen und in Nordafrika; inzwischen aber auch in Deutschland, Österreich und der Schweiz
Grösse: 2 Zentimeter gross kann der Körper von ausgewachsenen Weibchen werden; mit einem Beinradius von 8 Zentimetern; die Männchen sind kleiner und filigraner
Farbe: hellbraun bis dunkelbraun mit einer dunklen Zeichnung am Vorderkörper
Lebenserwartung: 1 Jahr
Nahrung: Fliegen, Bienen, Wespen und andere Spinnen
Feinde: Vögel, Fledermäuse, Reptilien, Wegwespen und Libellen
Verbreitung in der Schweiz: www.cscf.ch
Das Neuste aus unserem Heft und hilfreiche Ratgeber-Artikel für den Alltag – die wichtigsten Beobachter-Inhalte aus Print und Digital.
Jeden Mittwoch und Sonntag in Ihrer Mailbox.
3 Kommentare
Wir hatten schon dreimal Besuch einer Zoropsis spinimana, die wir, wohl auch in ihrem Interesse, einfingen und im Garten aussetzten. Wir wollten nämlich nicht unbeabsichtigt mit ihr in die Quere kommen. Die Gefahr ist jedoch gering, da wir sie bisher ausschliesslich an der Wand angetroffen haben. Dies im Gegensatz beispielsweise zur Hauswinkelspinne, die sich auch am Boden wohl fühlt. Auf so ein Exemplar bin ich daher auch schon im Dunkeln barfuss darauf getreten, was für sie leider ihr Ende bedeutete.
Die Zoropsis spinimana ist überhaupt nicht aggressiv und greift von sich aus nicht an, wenn man sie nicht bedrängt. Sie ist aber flink. Sie sitzt zwar meistens bewegungslos an der Wand , doch plötzlich ist sie weg und verschwunden. Man weiss nicht wohin.
Könnte sein, dass derlei Getier uns mehr auf- und abschreckt als Klimakleber?
Ein schönes Tier. Allerdings dürfte einem eine 8 cm-Spinne schon einen Schreck einjagen. Dann aber sollte man sie bewundern und anschliessend mit einem Glas und Papier schonend aus dem Zimmer befördern.