Naturschützer machen mobil für Meister Reineke
40000 Füchse werden pro Jahr geschossen. Ein «wildbiologischer Unsinn», protestieren Naturschützer. Doch der eidgenössische Jagdinspektor nimmt die Wildschützen in Schutz: Der Fuchsbandwurm gefährde die Gesundheit der Menschen.
Veröffentlicht am 10. August 2000 - 00:00 Uhr
Schlicht abstossend» findet es Felix Labhardt, wenn Jäger Fressplätze für Füchse einrichten und so in einem einzigen Winter «bis zu 50 Tiere erschiessen und dann einfach wegwerfen». 40000 Füchse werden jährlich in der Schweiz geschossen und dann grösstenteils verbrannt.
Fuchskenner Labhardt erhält Unterstützung von Peter Juesy, dem Jagdinspektor des Kantons Bern. Dort wird rund ein Fünftel aller Füchse abgeschossen. «Wildbiologisch ist die Fuchsjagd nicht sinnvoll», sagt Juesy, «der Bestand lässt sich so nicht regulieren. Nur die Tollwut war dazu im Stande.»
Als Hauptgrund für die intensive Fuchsjagd im Kanton Bern nennt Peter Juesy «die Passion der Jäger». Bei einem generellen Verbot gäbe es «einen Bürgerkrieg». Den will Juesy nicht. Ganz anders sehen es die Naturschützer von der Pro Natura: «Der unsinnige Kadaverberg muss verhindert werden.»
Der Bestand wächst trotz Jagd
Da können die Schützen froh sein, dass sie wenigstens einer in Schutz nimmt: der eidgenössische Jagdinspektor Hans-Jörg Blankenhorn. Wenn die 40000 Füchse nicht durch die Jagd zu Tode kämen, «würden sie Opfer von Verkehrsunfällen oder gingen an Krankheiten ein». Und dann würden wieder dieselben Leute protestieren, die heute ein Jagdverbot fordern.
Fuchsspezialist Felix Labhardt kann da nur den Kopf schütteln: «Es ist doch viel besser, die Füchse sterben in der freien Natur und bleiben so im natürlichen Zyklus, statt sie abzuschiessen und auf Kosten der Steuerzahler zu verbrennen.»
Die eidgenössische Jagdstatistik zeigt, dass die Jagd auf den Fuchs seit Anfang der achtziger Jahre immer intensiver wurde. Waren im Jahr 1982 rund 11000 Füchse geschossen worden, erreichte der Abschuss 1995 einen Höchststand von über 43000, also fast viermal mehr. Trotzdem stieg der Fuchsbestand laufend an. Er liegt heute bei schätzungsweise 100000.
«Die Fuchspopulation unterliegt einer Eigendynamik, auf die der Jäger keinen Einfluss nehmen kann», sagt Felix Labhardt. Auch für Hans-Jörg Blankenhorn ist klar, dass sich der Fuchsbestand «auch ohne Abschüsse mit der Zeit wieder einpendeln würde». Doch der eidgenössische Jagdinspektor verweist auf die Gefährlichkeit des Fuchsbandwurms für den Menschen. Schon aus hygienischen Gründen sei die Fuchsjagd sinnvoll.
Felix Grimm vom Institut für Parasitologie der Universität Zürich kann das nicht nachvollziehen: «Die intensive Fuchsjagd ist mit dem Hinweis auf den Fuchsbandwurm nicht zu rechtfertigen.» Denn obwohl der Fuchsbestand in den letzten 15 Jahren stark zugenommen habe, stagniere die Zahl der angesteckten Personen bei etwa fünf pro Jahr.
Doch der eidgenössische Jagdinspektor lässt sich dadurch nicht beeindrucken. Schliesslich könne man auch die Felle und das Fleisch nutzen. Er selbst kenne «einige Bekannte, die Fuchsfleisch essen». Wenn man es genug pfeffere, sei dies kein Problem.
Fuchsfreund Felix Labhardt kann da nur staunen: «Den Jäger möchte ich sehen, der trotz Fuchsbandwurmgefahr dieses Fleisch isst.»
Tatsächlich geben die kantonalen Jagdabteilungen klare Anweisungen zum Umgang mit geschossenen Füchsen. So empfiehlt zum Beispiel die Zürcher Jagd- und Fischereiverwaltung, tote Füchse «nur mit Plastikhandschuhen» anzufassen. Na denn: guten Appetit!