«Wir müssen überdenken, wie wir in Zukunft Schnee räumen»
Jürg Trachsel gehört zum Forscherteam, das erstmals Kunststoffpartikel im Schnee nachgewiesen hat. Er fordert, dass Schnee in Kläranlagen gefiltert wird.
Veröffentlicht am 19. Dezember 2019 - 20:37 Uhr
Waren Sie erstaunt, als Sie im Schnee Mikroplastik
fanden?
Jürg Trachsel: Nach der gängigen Vorstellung sind Schnee und Regen sehr sauber. Mit unserer Studie konnten wir dieses Jahr erstmals belegen, dass tatsächlich auf der ganzen Welt Mikroplastik im Schnee vorhanden ist. Wir wissen zwar schon lange, dass zum Beispiel Saharastaub auch über sehr weite Strecken transportiert werden kann – und dann auch im Schnee nachweisbar ist. Dasselbe gilt für Kunststoffpartikel. Sie werden wohl ebenfalls über den Luftweg verbreitet.
Mikroplastik rieselt mit dem Schnee hinab?
Ja, ganz feine Teilchen des Plastiks sind wohl in der Atmosphäre vorhanden, und Schneeflocken bringen sie aus den Wolken wie ein Schwamm wieder auf den Boden.
Das heisst: Wir atmen Plastik ein. Welche Folgen hat das?
Es gibt erste Laborstudien mit Muscheln und Wattwürmern, die einer höheren Konzentration von Mikroplastik ausgesetzt wurden. Dabei zeigten sich negative Auswirkungen. Die Muscheln hatten mehr Entzündungen, die Wattwürmer wuchsen langsamer und vermehrten sich weniger schnell.
Könnten sich diese Effekte auch beim Menschen zeigen?
Das ist möglich und vielleicht ein grösseres Problem. Aber im Moment weiss man noch zu wenig darüber. Es ist nicht klar, inwieweit die Laborergebnisse auf den Menschen übertragbar sind. Das muss aber unbedingt genauer untersucht werden.
Wie viel Plastik hat es in der Luft?
An sehr abgelegenen Orten, etwa in der Arktis oder in den Alpen, fanden wir in einem Liter Wasser bis zu 14000 Partikel. An einer Landstrasse in Bayern aber mehr als das Zehnfache, was schon ziemlich viel ist. Das erklären wir uns auch mit dem Reifenabrieb der Autos.
Welche Massnahmen braucht es?
Was mich sehr umtreibt: Wo, woraus, wie und in welcher Menge entsteht Mikroplastik? Wie gelangt es in die Luft, in den Nahrungskreislauf? Grundsätzlich müssen wir den Konsum von Plastik so weit wie möglich vermeiden und den nicht rezyklierbaren Teil besser entsorgen
.
Eine Ursache ist der Abrieb von Autopneus. Braucht es bessere Reifen?
Das wäre ein Optimalfall. Der Winterpneu besteht aber immer aus einer harten Gummimischung, die zwar mehr Reibung bietet, sich gleichzeitig aber stärker abnutzt. Sie zu optimieren, ist anspruchsvoll. Trotzdem sollte man dem Problem des Abriebs mehr Beachtung schenken.
Was muss sonst noch passieren?
Wir müssen überdenken, wie wir in Zukunft Schnee räumen. Heute wird der gesammelte Schnee oft ungereinigt in offene Gewässer gekippt, so gelangen Mikroplastikpartikel direkt in den Wasserkreislauf. Eigentlich bräuchte es in Kläranlagen spezielle Absenkbecken, in denen das Schmelzwasser gereinigt werden kann. Unsere Anlagen sind dafür noch nicht eingerichtet. Nötig wäre das ohnehin: Auch mit dem Waschen von Kleidern gelangen Mikropartikel in den Wasserkreislauf.
2 Kommentare
Herr Jürg trachsel ist gegen kapitalismus er muss sich mal mit der Finma in kontakt treten die am kleinen Bürger das investierte Geld weg nehmen und für die aufforstung der wälder dagegen sind obwohl die wälder co2 produzieren ich verstehe das nicht die sind alle korrubt
Wälder geben kein CO2 ab, sondern binden das CO (Kohlenstoff) und geben das O ( Sauerstoff) ab. Verbrennen Sie Holz, dann wird das darin gebundene CO über den Verbrennungsfvorgang sich wiederum mit dem O (Sauerstoff) verbinden. Durch die Verbrennung entsteht Wärme. Und CO2! Der Grund. dass wir immer mehr CO2 in der Luft haben ist, dass wir mehr verbrennen (Oel, Gas, Holz etc), als CO2 wieder gebunden wird. Eigentlich müssten wir überall Wälder pflanzen um das CO2 zu binden. Damit könnte die Klimaerwärmung zumindest verlangsamt werden.