«Männer sind Schweine», verkündete die Band Die Ärzte Ende der Neunzigerjahre. Für viele Open-Air-Besucher scheint dasselbe zu gelten – zu diesem Schluss kommt zumindest, wer das St. Galler Sittertobel nach der grossen Sause am vergangenen Wochenende betrachtet. Die Sauerei ist gewaltig, und jene, die sie wegräumen müssen, sind nicht zu beneiden.

Dazu gehören rund 300 Oberstufenschülerinnen aus den Kantonen St. Gallen und Thurgau. Sie gingen im Sittertobel montags und dienstags auf Abfalljagd. Für 16 Stunden Arbeit gab es 150 Franken pro Kopf. Davon gingen 50 Franken ins Portemonnaie der jungen Helferinnen, 100 Franken wanderten in die Klassenkasse.

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Für die 300 Schülerinnen bezahlten die Veranstalter also 45’000 Franken. 300 «normale» Helfer hätten deutlich mehr gekostet: Bei einem Helfer-Stundenlohn von 25 Franken, wie er aktuell für das Open Air Frauenfeld geboten wird, wären für 16 Stunden Arbeit 120’000 Franken fällig geworden. Die Veranstalter haben durch die Hilfe der Schüler also mehrere Zehntausend Franken gespart.

Verbandelt mit dem deutschen Konzern CTS Eventim

Das wirft Fragen auf. Schliesslich steckt hinter der Open Air St. Gallen AG die Gadget abc Entertainment Group AG, die Nummer eins der Schweizer Eventbranche. Gadget wiederum gehört seit 2020 mehrheitlich CTS Eventim, der zweitgrössten Eventveranstalterin und Ticketvermarkterin der Welt. Der Konzern schrieb 2021 einen Gewinn von 93 Millionen Euro.

2022 dürften die Gewinne von Gadget und CTS Eventim noch höher ausfallen, da sich die Eventbranche wieder normalisiert hat – und auch dank der Oberstufenschüler, die das Sittertobel in den vergangenen Tagen für wenig Geld auf Vordermann gebracht haben.

Die Veranstalter finden das Engagement trotzdem unproblematisch: «Diese Zusammenarbeit hat eine lange Tradition und ist historisch seit über 25 Jahren gewachsen», sagt Mica Frei, Auf- und Abbauchef des Open Airs St. Gallen.

Der Einsatz finde im Rahmen der Projektwoche Littering der Schulen statt und bilde deren Abschluss. «Die Schülerinnen und Schüler bekommen so einen praktischen Einblick und finanzieren sich zudem ihre Klassenreise», so Frei weiter. Neben der Entschädigung von 150 Franken pro Schüler übernehme das Open Air auch die Verpflegung, den Transport sowie die Übernachtung der Schülerinnen. Zum Abschluss würden dann alle in den Säntispark zum Baden eingeladen.

Schulvertreter äussert sich kritisch

Diesen zusätzlichen Goodies zum Trotz: Ein lohnendes Geschäft sind die Oberstufenschüler für die Veranstalter allemal. Zumindest einem Teil der Schulvertreter ist die Aktion deshalb nicht ganz recht: «Dieser Einsatz ist tatsächlich kritisch zu beurteilen», sagt Martin Annen, Leiter der Dienststelle Schule und Musik der Stadt St. Gallen.

Annen hat 80 Oberstufenschüler in seinem Verantwortungsbereich, die an der Aktion teilgenommen haben. Er betont aber, dass es das erste Mal gewesen sei, dass seine Schülerinnen und Schüler für Aufräumarbeiten am Open Air zur Verfügung gestanden hätten. «Es ist einem Missverständnis geschuldet, dass es dieses Jahr zu einem Engagement von Schülerinnen und Schülern aus den städtischen Schulen kam.»

Worin dieses Missverständnis genau bestand, wollte Annen gegenüber dem Beobachter nicht weiter ausführen. Zumindest in der Stadt St. Gallen dürften es die Veranstalter im kommenden Jahr aber schwer haben, Schüler zu finden, welche die unschönen Seiten des Open Airs für einen Zustupf in die Klassenkasse vergessen machen.

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