Keine Pause für René Dobler. Eigentlich wollte der 27-Jährige nach dem fordernden Architekturstudium im Jahr 1993 erst mal etwas ausspannen. Um mehr Zeit zu haben, hatte er eben erst seine Ambitionen als Libero des FC Wangen bei Olten in der ersten Liga aufgegeben. Doch dann hiess es gleich wieder Anpfiff für Dobler.

Von einem Studienkollegen wurde er ins Team der Schweizerischen Stiftung für Sozialtourismus (SSST) berufen, die damals gerade neu aufgestellt und zur nationalen Immobilienbesitzerin und Bauherrin der Schweizer Jugendherbergen (SJH) wurde.

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Seinem neuen Verein abseits des Fussballplatzes ist er seither treu geblieben – und zwar ohne je eine Pause eingelegt zu haben. Der langjährige Einsatz hat sich gelohnt: In den letzten 20 Jahren haben die Jugendherbergen ihren CO2-Ausstoss um 60 Prozent gesenkt.

Libero in der Arbeitswelt

Die Rolle des Liberos, den es übrigens im heutigen Fussball gar nicht mehr gibt, scheint Dobler in die Arbeitswelt übersetzt zu haben. Der Libero gehörte zwar zur Verteidigung, hatte aber keinen ihm zugeordneten direkten Gegenspieler – was ihm erlaubte, kreativ ins Spiel einzugreifen und sich auch immer mal wieder in den Angriff einzuschalten.

Einfluss nehmen zu können, ist René Dobler wichtig. So habe ihn beispielsweise bereits in jungen Jahren der Verlust von Kulturland durch Bauprojekte beschäftigt. Dennoch wählte er den Beruf des Architekten. «Mir war bewusst: Wenn ich es selbst mache, kann ich Einfluss nehmen.» Dabei bleibt er aber meist in der Rolle des Liberos, die des Stürmers behagt ihm weniger.

«Schon als ich ihn noch in jungen Jahren kennenlernte, ist er nie dreingeschossen», sagt Janine Bunte. Die heutige CEO der Schweizer Jugendherbergen arbeitet dort seit 1996 mit dem heute 55-Jährigen zusammen. Hat er sich in dieser Zeit verändert? «In seinem Wesen kaum», sagt Bunte. «Und das finde ich faszinierend – gerade bei einem Menschen, der schon so viele Erfolge erzielt hat.»

Aussergewöhnlich unspektakulär

Einiges erreicht hat Dobler mit der Schweizerischen Stiftung für Sozialtourismus, der er seit 1999 als CEO vorsteht, tatsächlich. Vor allem im ökologischen Bereich: Früh schon wurden für Neubauten und Erneuerungen der Jugendherbergen Standards definiert, die es zu erreichen galt. Das begann mit Minergie, führte über Minergie-Eco und liegt heute bei Minergie-P-Eco.

Mit diesem Standard werden Niedrigstenergie-Bauten zertifiziert, die ausserdem in einer besonders gesunden und ökologischen Bauweise ausgeführt sind. Um auch einen möglichst nachhaltigen Betrieb der Herbergen zu erreichen, wurde in den Hostels unter anderem das Label Ibex Fairstay eingeführt oder das Food-Konzept angepasst.

Dank Letzterem kann man zum Beispiel Food-Waste vermeiden und immer mehrere vollwertige Menüs ohne Fleisch anbieten. Mit diesem umfassenden Engagement war es möglich, seit der Jahrtausendwende den CO2-Ausstoss der Jugendherbergen um 60 Prozent zu reduzieren.

«Wir haben gezeigt, dass es geht. Darauf bin ich schon etwas stolz», sagt Dobler. Er engagiert sich auch ausserhalb der Jugendherbergen für touristische Nachhaltigkeitsprojekte, wie etwa «Cause We Care» von Myclimate, «OK:GO» vom Förderverein Barrierefreie Schweiz oder «Swisstainable» von Schweiz Tourismus.

«Nur wenige wissen, dass René Dobler eine der prägenden Figuren bezüglich Nachhaltigkeit im Schweizer Tourismus ist.»

Janine Bunte, CEO der Schweizer Jugendherbergen

Auch etliche Preise haben SSST und SJH schon gesammelt – darunter den ZKB-Nachhaltigkeitspreis für KMU, den Schweizer Solarpreis, den Umweltpreis der Schweiz oder den Watt d’Or für die neuen Jugendherbergen in Saas-Fee (Minergie-Eco) sowie in Gstaad (Minergie-P-Eco). In den Medien wurden diese Preise manchmal auch als «seine» Preise bezeichnet.

«Das sind sie natürlich überhaupt nicht», sagt Dobler. Solche Leistungen erreiche man nur im Team, mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie den externen Partnern. «Wir machen ja nichts Spektakuläres – das könnten eigentlich alle anderen auch.» Seinen persönlichen Beitrag sieht er darin, dass er das Thema hartnäckig immer wieder in Erinnerung rufe und entsprechendes Handeln einfordere.

Abschalten beim Schreinern

Mit Ausdauer dranbleiben – das ist Doblers Motto. So war er 20 Jahre aktiv auf dem Fussballplatz, und seit 28 Jahren ist er für die SSST tätig. «Ein Revoluzzer war ich nie», sagt er. «Stetig» sei wohl die passende Bezeichnung für ihn. In Wangen bei Olten hat er das Kleinräumige geschätzt: «Man wusste beispielsweise immer genau, in welcher Beiz man wen treffen kann.»

Nach seinem Umzug nach Zürich habe er schnell die grosse Wohnqualität, die kulturelle Vielfalt sowie den See und die Flüsse der Stadt schätzen gelernt. Heute lebt er mit seiner Partnerin Janine, Tochter Mara, 22, und Sohn Valentin, 19, in einem kleinen Reiheneinfamilienhaus – immer noch in Zürich.

Zur Arbeit gehts mit dem Velo, und auch in der Freizeit bewegt er sich gern: Wandern, Schwimmen, Badminton. Ausserdem spielt er Online-Schach und jasst regelmässig mit alten Schulkollegen: nicht Schieber, lieber anspruchsvollere Varianten wie Coiffeur, Sidi Barrani oder eine Jass-Eigenkreation.

Und seit kurzem hat er ein neues Projekt: die Renovation eines alten Maiensässes im Prättigau. «Neben Fussballprofi war mein anderer Traumberuf eben Schreiner», sagt Dobler.

Zuerst frustriert, dann lösungsorientiert

Beim Werken auf dem Maiensäss, weit weg von seiner städtisch geprägten Alltagswelt, könne er abschalten. Dort erlebe er auch Meinungsunterschiede, wie etwa beim CO2-Gesetz. «Die Ablehnung der Vorlage habe ich zwar schon seit längerem befürchtet – es war dann aber trotzdem ein grosser Frust», sagt er.

Zu viele Stimmende hätten offensichtlich ihre individuellen Bedürfnisse über eine Problemlösung zugunsten unserer Kinder und Enkel gestellt. «Dabei ist es doch längst einfach ein Fakt: Der Klimawandel findet statt.»

Nun ist Dobler aber kein Fussballer von heute, der sich nach einem Foul viermal über den Rasen wälzt, eine rote Karte fordert und nach dem Teamarzt ruft. «Innehalten oder gar aufgeben ist keine Option», sagt Dobler. «Im Gegenteil: Es spornt mich an, zu überlegen, wie wir das trotz allem hinbringen.»

Anti-AKW-Bewegung prägend

Zu Doblers Sensibilisierung für ökologische Themen trug massgeblich die Anti-Atomkraftwerk-Bewegung Ende der 1970er-, Anfang der 1980er-Jahre bei. An einer Demonstration habe er damals aber nie teilgenommen. «Massenveranstaltungen sind nicht so mein Ding. Ich war mittlerweile zwar an zwei Klimademos – aber mit Tausenden dasselbe zu skandieren, dabei fühle ich mich nicht wohl.»

Er lasse sich nicht gern von aussen sagen, was er wie zu tun habe. Deshalb sei für ihn etwa auch der Militärdienst unmöglich gewesen. «Oder in der Kirche das Vaterunser mit allen auf Kommando beten zu müssen, war für mich schon als Kind ein Graus.» Dobler will weder in der Masse untergehen, noch möchte er sich in den Vordergrund drängen.

Um beim Fussball zu bleiben: Selbst wenn er das entscheidende Tor schiesst, steht er nach dem Spiel nicht zum Interview hin und lässt sich feiern. «Er ist eine bescheidene Person mit einem für seine Position sehr zurückhaltenden Ego», sagt seine langjährige Wegbegleiterin Janine Bunte von den SJH.

«Daher wissen nur wenige, dass René eine der prägenden Figuren bezüglich Nachhaltigkeit im Schweizer Tourismus ist.» Sieht er das auch so? Darauf angesprochen, schweigt Dobler erst mal. «Ja, also … So etwas über sich selbst zu sagen, geht ja eigentlich nicht.»

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