Eigenheim: Das Haus wird zur Hypothek
Banken werben mit viel Aufwand um neue Eigenheimbesitzer. Doch treten finanzielle Probleme auf, werden die Kunden oft fallen gelassen – wie heisse Kartoffeln.
Veröffentlicht am 5. März 2002 - 00:00 Uhr
Der Aargauer Hans Thomann (Name geändert) ist seit 20 Jahren Hypothekarschuldner einer Grossbank. Die vom Hilfsarbeiter damals erworbene Altliegenschaft in Reinach zeigt Abnützungserscheinungen. Zwar kam Thomann mit Gelegenheitsarbeiten bisher einigermassen über die Runden, Rückstellungen für Renovationen lagen aber nicht drin. Seit einiger Zeit zahlt er die Zinsen mit grosser Verspätung.
Auf Intervention des Beobachters zeigt die Bank Entgegenkommen und reduziert die Schulden um 130000 Franken, mit der Auflage, die Resthypothek durch ein anderes Institut ablösen zu lassen. Ein praktisch unmögliches Unterfangen: Keine Bank gewährt Hypothekarschuldnern mit einem nicht makellosen Betreibungsauszug und bestehenden Verlustscheinen eine Neuhypothek. Gerade bei Ablösungen sind die Banken besonders vorsichtig und verlangen Unterlagen wie Lohnausweis, Betreibungsauszug und oft auch einen Strafregisterauszug. Eine Zwangsversteigerung wird also nicht zu umgehen sein.
Auch Ferienhausfinanzierungen haben ihre Tücken. Die Baselbieterin Christine Schulze hat seit 26 Jahren eine Hypothek auf ihrem Ferienhaus. Zinsen und Amortisationen zahlt sie immer pünktlich. Nächstes Jahr läuft die Festhypothek ab. Nun hat ihr der Filialleiter einer Grossbank mitgeteilt, dass Ferienhäuser mangels Rentabilität nicht mehr finanziert würden. Schulzes Hypothek von 100000 Franken sei der Bank zu niedrig. Über ein weiteres Geschäft könne man verhandeln, wenn die Hypothek erhöht werde oder die Frau mindestens 120000 Franken bei der Bank deponiere. Die bestehenden Guthaben von 20000 Franken und ein Säule-3a-Konto seien zu wenig.
Darauf will sich Christine Schulze nicht einlassen. Da sie finanziell gut gestellt ist, hat sie sich entschieden, die Festhypothek sofort abzulösen. Doch auch hier versucht die Bank noch, Kasse zu machen: Bei einem vorzeitigen Ausstieg aus der Hypothek beharrt sie auf einer Ablösekommission von 1000 Franken. Will das Ehepaar Schulze nicht zusätzlich in die Tasche greifen, muss es folglich noch ein Jahr warten. Ob sie dann noch von den derzeit tiefen Zinsen profitieren können, kümmert die Bank wenig. Ob sie doch noch einlenkt, wird sich am 10. März in der Sendung «konsum.tv» zeigen.
Die Schuldenfalle schnappte auch beim Gewerbetreibenden Oscar Helfenstein (Name geändert) zu. Sein Gewerbegebäude ist nur noch teilweise vermietet, und die regionale Bank wartet schon länger auf die Zinsen. Die Neuschätzung der Liegenschaft durch die Bank fiel über 250000 Franken tiefer aus als die Schätzung vor einigen Jahren. Das Institut besteht nun darauf, die Hypothek von 1,4 Millionen Franken um diese Summe zu reduzieren zusätzlich zu den ausstehenden Zinsen.
Alle Anstrengungen, die Liegenschaft schuldendeckend zu verkaufen, sind fehlgeschlagen. Auch mit der bevorstehenden Zwangsversteigerung wird das kaum gelingen. Für den restlichen Schuldbetrag haftet der Hypothekarschuldner aber nicht nur mit der Höhe des Erlöses wie die meisten Immobilienbesitzer annehmen , sondern auch mit dem übrigen Vermögen. Der Privatkonkurs wird deshalb folgen. Aus einer Erbschaft kann Oscar Helfenstein zwar in einigen Jahren mit 300000 Franken rechnen. Daran wird sich dann aber zuerst die Bank schadlos halten.