Über Brücken
In Galgenen SZ steht eine Brücke, die niemandem gehört. Seit über 20 Jahren. Jetzt werden die ahnungslosen Anwohner zur Verantwortung gezogen.
Veröffentlicht am 11. August 2006 - 15:31 Uhr
Die Mosenbachbrücke in Galgenen SZ verbindet ein Wohnquartier mit dem Dorf. So viel ist sichtbar. Ein Phantom ist der Betonbau trotzdem. Er hat weder Besitzer noch Grundbucheintrag - und auf der Gemeinde ist keine Baubewilligung zu finden. Jetzt plötzlich droht der Regierungsrat, die Brücke zu sperren - und damit die einzige Verbindung zwischen Dorf und Siedlung zu kappen. Wie konnte es so weit kommen?
Die Liegenschaften an der Hügelstrasse entstanden in den achtziger Jahren. Unzählige Autos, Fahrräder, Fussgänger und Vierbeiner passierten seither die 5,15 Meter breite und 6,50 Meter lange Betonbrücke über das kleine Gewässer.
«Nacht-und-Nebel-Aktion»
Ungemach kam aus heiterem Himmel. Im April 2005 beabsichtigte ein Anwohner, seinen Hauseingang um einen Windfang zu erweitern; der Bezirksrat entdeckte dabei, dass die Brücke nicht im Grundbuch eingetragen ist. Seine Einsprache wurde vom Regierungsrat gestützt: «Die Errichtung eines Windfangs hat zwar keine Mehrbelastung der Mosenbachbrücke zur Folge», erklärte dieser in nachvollziehbarer Logik, «den Eigentümern der Liegenschaft fehlt hingegen das Wegrecht über die Brücke.» Der Galgener Gemeinderat wurde angewiesen, bis zur rechtsgenügenden Erschliessung der Brücke sämtliche Baugesuche am Hügelweg abschlägig zu beurteilen. Die Gemeindepräsidentin gestand den überraschten Anwohnern: «Bei den zahlreichen Baubewilligungen entlang des Hügelwegs fiel weder der Gemeinde noch dem Bezirk der Umstand auf, dass die Zufahrt rechtlich nicht gesichert ist.»
Wann das Streitobjekt gebaut wurde, ist der Gemeinde nicht bekannt. Immerhin weiss man in Galgenen, wer dafür verantwortlich war. Es handelt sich um ein langjähriges Mitglied des Gemeinde- und des Kantonsrats. Während Jahren war der Betreffende der bedeutendste Arbeitgeber im Dorf. Stephan Hegner, Hersteller von Heusilos, bebaute in den achtziger Jahren den Landstrich am Hügelweg und verkaufte die Liegenschaften. Was den Bau der Brücke betrifft, sprechen Einheimische von einer «Nacht-und-Nebel-Aktion». Als Eigentümer liess sich Hegner, mittlerweile verstorben, nicht im Grundbuch eintragen.
Politiker drohen mit Sperrung
Fliessgewässer stehen grundsätzlich in der Hoheit des Bezirks. Dieser ist - falls nicht anders geregelt - auch Besitzer der Brücken. «Die Anwohner können nicht zu Besitz und somit auch nicht zum Unterhalt des Objekts gezwungen werden», steht im Regierungsratsentscheid. Anderseits würden sie ein Wegrecht kaum erzwingen können, heisst es weiter. Die Kantonspolitiker drängen zur Gründung einer Flurgenossenschaft und drohen sogar mit Barrieren.
Für Stefan Klauser, seit 2002 am Hügelweg wohnhaft, ist «klar, dass wir Anwohner für den Unterhalt der Brücke aufkommen müssen. Aber die Sache soll anständig geregelt und der Zustand der Brücke erst mal geklärt werden. Der Bezirk will ein Versäumnis an uns Private abschieben.» Damit spricht er die Angst der Anwohner vor nachträglich anfallenden Sanierungskosten an. Tatsächlich ist die Belastungsgrenze der Mosenbachbrücke nie berechnet worden. Am Hügelweg sind 14 Neubauten geplant. Man rechnet mit über 3’000 Lkw-Fahrten für den Aushub am Steilhang.
Galgenen glänzt durch «Standortgunst und Verkehrslage», heisst es auf der Homepage der 4’000-Seelen-Gemeinde, die sich zu einer wohnlichen Dorfgemeinschaft entwickelt habe - «ungeachtet der komplizierten Rechtsverhältnisse».