«Das System muss diese Leute tragen»
Die geplanten Überbrückungsleistungen für Leute ab 60 sind ein wichtiger Schritt, sagt Christoph Eymann von der Sozialhilfe-Konferenz.
Veröffentlicht am 7. November 2019 - 18:11 Uhr
Der Bund plant Überbrückungsleistungen für Arbeitslose ab 60. Die Skos, der Sie vorstehen, hat das angestossen. Warum?
Christoph Eymann: Arbeitslosigkeit bei älteren Menschen ist ein grosses soziales Problem. Dabei spielt es keine Rolle, weshalb jemand seine Stelle verloren hat. Das System muss diese Leute tragen. Das hat bisher nicht funktioniert. Das muss sich ändern. Deshalb finde ich, die Vorlage zu den Überbrückungsleistungen geht in die richtige Richtung.
Werden ältere Arbeitslose durch das geplante Paket wirklich besser aufgefangen?
Ja, das werden sie. Es ist aber nicht so, dass sie völlig sorgenfrei leben könnten. Die Verpflichtung bleibt, sich um Arbeit zu bemühen. Die Eingliederung älterer Arbeitsloser in den Markt wird durch die geplanten Massnahmen jedoch effizienter. Und es sorgt für psychische Entlastung, wenn man weiss, dass man nicht in die Sozialhilfe fällt. Das Netz, das man unter sich hat, wird in Zukunft stabiler.
Die Unterstützung wäre aber früher notwendig als erst ab 60, zeigt die aktuelle Statistik.
Wir von der Skos finden, es müsste früher sein. Deswegen lautet unser Vorschlag: ab dem 57. Lebensjahr. Für die vom Bund vorgeschlagene Altersgrenze gibt es wohl diverse Gründe. Politische und finanzielle – die politische Akzeptanz steigt, wenn die Kosten tiefer gehalten werden. Man wollte vermeiden, dass die Gegner sagen können, es sei zu teuer oder man rolle älteren Arbeitslosen den roten Teppich aus.
Klassische Kompromisspolitik. Geben Sie sich damit zufrieden?
Die Skos hat die Vorarbeit für diese Vorlage geleistet. Wir wollen sie nicht fundamental kritisieren. Das Problem der älteren Arbeitslosen
und ihrer Situation ist erkannt und von der Politik aufgenommen. Das ist das Wichtigste. Wir werden beobachten, wie sich das Ganze entwickelt. Wenn wir sehen, dass es bessere Lösungen gibt, werden wir das thematisieren.
Gegner argumentieren, die Vorlage schaffe Anreize für Arbeitgeber, ältere Angestellte zu entlassen, weil sie ja aufgefangen würden.
Wir kennen diese Diskussion, denken aber nicht, dass dadurch die Schwelle tiefer wird, jemanden in höherem Alter zu entlassen. Das ist nicht mein Bild des Schweizer Arbeitgebers. Die Wirtschaft spielt zwar immer mit und muss auch in Zukunft ihren Teil zur Lösung des Problems beitragen. Allein kann sie es aber nicht bewältigen. Es ist ein Zusammenspiel von Wirtschaft und Staat.
4 Kommentare
Ich sehe das auch eher als Anreiz für die Arbeitgeber, spätestens mit 58 alles zu entsorgen und billigere, jüngere (und vermutlich noch Ausländer) anzustellen.
Und wenn es den Arbeitgeber schwieriger macht, 58jge zu entsorgen wird man halt früher entlassen. Standard ist ja mittlerweile, dass man mit 50jg entsorgt wird und sollte man danach noch eine Anstellung finden, dann nur zu einem sehr tiefen Lohn und wird dann trotzdem immer auf der Abschussliste bleiben.
Die lieben Politiker sollten eher mal zu einem für jedes Alter gültigen Einheitssatz für das BVG tendieren, das könnte evtl. etwas nützen. Sicher ist es aber auch nicht.
So wie ich die Politiker in den letzten 20 Jahren erlebt habe, wird auch diese dringend nötige Lösung zur Light Variante zurück gestutzt (siehe Inländervorrang) und ins politische Vergessen gewürgt. Am Ende strandet ein Grossteil aller Ausgesteuerter zwischen 50 bis 62 eh beim Sozialamt, wie gehabt. Und wenn so ein Wirtschaftsopfer 62 wird, heisst es vermutlich, aber sie sind nicht zur rechten Zeit ausgesteuert worden und somit nicht berechtigt die Überbrückungsrente zu bekommen. Ein marginaler Teil könnte Glück haben. Die meisten enden eh in der Armutsfalle bzw. Altersarmut.
"Gegner argumentieren, die Vorlage schaffe Anreize für Arbeitgeber, ältere Angestellte zu entlassen, weil sie ja aufgefangen würden."
Als wenn das die Arbeitgeber je interessiert hätte, die nahmen auf die soziale Zukunft ihrer Angestellten noch nie Rücksicht, wenn sie dafür ein paar Franken im Monat sparen konnten.
Da kann ich jackrayan.ch vollumfänglich zustimmen.