Die Kommission für Wirtschaft und Abgaben (WAK) des Nationalrats will die minimale Beitragszeit von 24 Monaten auf 22 Monate innerhalb der zweijährigen Rahmenfrist reduzieren. Damit das revidierte Gesetz nachgebessert werden kann, muss im August noch die WAK des Ständerats zustimmen.

Als Hans Reich* per Ende Februar 2009 aus wirtschaftlichen Gründen die Kündigung erhält, kann er gar noch nicht wissen, was ihm droht. Der 61-Jährige hat seit der Lehre Monat für Monat in die Arbeitslosenversicherung (ALV) eingezahlt und meldet sich noch vor seinem letzten Arbeitstag auf der Gemeinde. Dort drängt ihn niemand zur Eile. Damals galt diese Regel für über 55-Jährige: Um die volle Leistung der ALV zu erhalten, muss man in den zwei Jahren, bevor man sich beim RAV definitiv anmeldet, 18 Monate beschäftigt gewesen sein.

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Reich ist es nicht gewohnt, sich finanziell unterstützen zu lassen. Er rennt nicht gleich zur Arbeitslosenkasse – sein Erspartes reicht ja, um den ersten Monat als Arbeitsloser zu überbrücken. Vorbildlich, müsste man meinen, liegt er doch so der Sozialversicherung einen Monat weniger auf der Tasche.

Doch dafür wird Reich jetzt rückwirkend bestraft: Er verliert am 1. April 2011 auf einen Schlag 120 Taggelder – die Unterstützung für knapp sechs Monate oder rund 20'000 Franken.

Denn das neue Arbeitslosenversicherungsgesetz verlangt von über 55-Jährigen eine nachweisbar lückenlose Anstellung in den letzten zwei Jahren vor ihrer Anmeldung. Wer auch nur einen einzigen Tag nach seinem letzten Arbeitstag überbrückt, verliert fast einen Viertel seines Anspruchs.

Warnungen ignoriert

Schuld daran ist das Parlament. Allen voran die bürgerlichen Hardliner in der Kommission für Wirtschaft und Abgaben (WAK), SVP-Nationalrat Peter Spuhler und der damalige FDP-Nationalrat und heutige Bundesrat Johann Schneider-Ammann. Sie kippten den Vorschlag des Bundesrats, der eine Beschäftigungsdauer von nur 22 Monaten für eine volle Leistung verlangen wollte. Bundesrat und Verwaltung warnten die Kommission ausdrücklich, dass diese strikte Regelung die Falschen treffen würde. Doch die Mehrheit der Kommission schlug diese Bedenken in den Wind. Jetzt ist es zu spät, denn das neue Gesetz lässt keinen Spielraum zu.

Der Bundesrat mit seinem neuen Volkswirtschaftsdirektor Schneider-Ammann weigerte sich zudem standhaft, Übergangsbestimmungen zu erlassen oder das Gesetz erst zu einem späteren Zeitpunkt in Kraft zu setzen. Zu spüren bekommen diese sofortige Härte ausgerechnet Arbeitslose wie Hans Reich, die Selbstverantwortung übernehmen.

Unterstützung erhält Reich jetzt von Caritas-Chef Hugo Fasel. Dieser will sich bei Parlamentariern für eine umgehende Änderung des taufrischen Gesetzes einsetzen.