Nach 20 Jahren abserviert
Die Post-Tochter Presto entlässt einen Zeitungsverträger nach über 20 Jahren. Und will ihm 5000 Franken zu wenig zahlen.
Veröffentlicht am 21. Juli 2015 - 10:16 Uhr
Bei der Presto Presse-Vertriebs AG hat sich der Fehlerteufel nicht eingeschlichen, sondern regelrecht eingenistet. Daniel Bernet bekam das zu spüren. Mehr als 20 Jahre lang trug er sechsmal pro Woche frühmorgens Zeitungen aus. Bis zum 9. Januar 2015: Da löste die Post-Tochter das Arbeitsverhältnis auf. Aus wirtschaftlichen Gründen, wie ihm sein Chef mitteilte.
Bernets morgendliche Zürcher Tour wird per sofort gestrichen. Er solle sich jedoch bis zum Ablauf der Kündigungsfrist Ende April für Aushilfseinsätze bereithalten. So lange werde er bezahlt. Eine Woche später erhält er die Austrittserklärung. Allerdings steht darin nichts von der Abgangsentschädigung, die ihm laut Gesamtarbeitsvertrag (GAV) zusteht.
Bernets Beiständin kontaktiert die Geschäftsleitung. Die reagiert prompt und bestätigt: «Als 56-Jähriger mit 20,3 Dienstjahren bekommt er 4,5 Monatslöhne.» Erneut studiert die Beiständin den GAV und stellt fest: Bernet stehen nicht viereinhalb, sondern fünf Monatslöhne Entschädigung zu. «Selbstverständlich ist das in Ordnung», lautet die einzeilige Antwort der Geschäftsleitung auf die Reklamation, «es sind zu Recht fünf Monatslöhne.»
Anfang Mai erhält Daniel Bernet dann seine Lohnabrechnung vom April 2015. Lediglich die Abgangsentschädigung ist darin aufgeführt, der Aprillohn fehlt. Auf die erneute Intervention schreibt die Geschäftsleitung: «War nicht so gemeint. Selbstverständlich erhält Herr Bernet den Aprillohn.»
Um ein Haar wäre Daniel Bernet um insgesamt 5420 Franken übervorteilt worden. Bei der Gewerkschaft für Medien und Kommunikation, der Syndicom, sagt man, dass es bei der Presto oft chaotisch zugehe, vor allem im administrativen Bereich. Das sei allgemein bekannt.
Bis heute wartet Daniel Bernet auf eine Entschuldigung oder Erklärung für das Verhalten der Post-Tochter. Doch weder die Personalabteilung noch die Geschäftsleitung fühlt sich verantwortlich. Dabei wäre der Arbeitgeber laut einem Bundesgerichtsentscheid verpflichtet, bei langjährigen Mitarbeitern spezielle Sorgfalt walten zu lassen.