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Wenn der Nachbar Probleme macht oder ein Inkassobüro mit dem Säbel rasselt: Im Internet gibt es Infos zu fast jeder Rechtsfrage.
Veröffentlicht am 24. Oktober 2005 - 17:25 Uhr
«Sie haben eine letzte Möglichkeit, diese noch immer offene Forderung zu erledigen», droht Mitte September das Inkassobüro Intrum Justitia dem ahnungslosen Kurt Imfeld (Name geändert). Imfeld habe noch eine Rechnung aus dem Jahr 1997 in der Höhe von knapp 60 Franken für das Entwickeln von Fotos offen. Zur Forderung schlagen die Geldeintreiber gleich noch einen «Verzugsschaden gemäss Art. 106 OR» von 30 Franken.
Imfeld ist empört, aber auch verunsichert. Er weiss nichts von Fotos, die er angeblich vor acht Jahren entwickeln liess. Zudem droht das Inkassobüro in dem Schreiben mit einem unverständlichen Gesetzesparagrafen. Das Juristendeutsch wirkt einschüchternd.
Mit ein paar Mausklicks kann sich Imfeld aber informieren: Er steuert im Internet die Website der Bundesverwaltung an, klickt auf das Stichwort «systematische Rechtssammlung» und gibt in der Suchmaske «OR 106» ein. Sofort erscheint der gewünschte Artikel des Obligationenrechts. So einfach kann man also Gesetzesbestimmungen finden – zumindest wenn es Bundesgesetze sind.
Doch dann beginnt das Problem erst richtig, denn in OR 106 steht: «Hat der Gläubiger einen grösseren Schaden erlitten, als ihm durch die Verzugszinse vergütet wird, so ist der Schuldner zum Ersatz auch dieses Schadens verpflichtet, wenn er nicht beweist, dass ihm keinerlei Verschulden zur Last falle.» Was soll das heissen? Kann das Inkassobüro den Verzugsschaden einfordern oder nicht?
Manche Suche endet in der Sackgasse
Um diese Frage zu knacken, muss Imfeld entweder juristischen Rat bei einer Rechtsberatungsstelle suchen, oder er schlägt in einem verständlichen Kommentar nach, wie zum Beispiel im Beobachter-Ratgeber «OR für den Alltag»: Dort steht klipp und klar, dass im Rahmen von Artikel 106 «in der Regel die Kosten einer Inkassofirma dem Schuldner nicht belastet werden» können. Die Formulierung der Inkassofirma ist also reiner Bluff.
Kommt hinzu, dass eine so kleine Summe nach acht Jahren gar nicht mehr eingetrieben werden kann: Die Forderung verjährt bereits nach fünf Jahren, weil es sich um einen so genannten Kleinverkauf handelt. Um das herauszufinden, genügt ein simpler Blick ins Gesetz nicht, weil man ja wissen muss, dass dies so geregelt ist. Rasche Hilfe gibt es in einem solchen Fall bei der Rechtsberatung des Beobachters oder bei einer Konsumentenschutzorganisation.
Schwieriger ist es bei Erlassen von Kantonen oder Gemeinden, die richtigen Gesetze zu finden. Droht Ihnen ein Nachbar zum Beispiel im aargauischen Baden mit einer Einsprache wegen des Apfelbaums, den Sie zu nahe an die Grenze gepflanzt haben sollen, hilft der Blick in die eidgenössische Rechtssammlung wenig – diese Frage ist von Kanton zu Kanton unterschiedlich geregelt. Dafür braucht man nun eine juristische Linkseite im Internet, die einen anhand von Stichworten ans Ziel führt; so findet sich dort zum Beispiel der Verweis auf die Gesetze der Kantone und Gemeinden. Dort müssen Sie nur noch den Kanton Aargau wählen – und stranden dann kläglich. Der Aargau stellt zwar wie die meisten Kantone eine Suchmaschine zur Verfügung, die Hunderte von Dokumenten mit dem Begriff «Pflanzabstand» findet, nicht aber den Gesetzestext. Statt unzähliger Mausklicks lohnt sich auch da der Griff zum Telefon. Mieter- und Hauseigentümerverband haben Rechtsdienste, die Ihnen schnell sagen können, welche Pflanzabstände in Baden gelten.
Für Laien, die sich selber informieren wollen, ist auch die juristische Internetsuchhilfe des Beobachter-Beratungszentrums hilfreich. Hier wird viel Wissen zu Arbeit, Wohnen, Konsum, Sozialversicherungen, Strassenverkehr oder Geld in einfachen Worten erklärt. Sie finden Antworten auf verschiedene Rechtsfragen aus dem Alltag sowie die entsprechenden Gesetzesartikel und Gerichtsentscheide. Ausserdem können Sie nützliche Hilfsmittel wie Musterbriefe und Checklisten herunterladen. Wollen Sie zum Beispiel wissen, ob der Vermieter die Prämien für die Gebäudeversicherung als Nebenkosten verrechnen darf, kommen Sie schnell zum Ziel. Unter der Rubrik «Wohnen» finden Sie das Stichwort «Wohnungsmiete» und da wiederum das Stichwort «Nebenkosten». Unter «erlaubte Nebenkosten» steht ausdrücklich, dass der Vermieter Prämien für die Gebäudeversicherung dem Mieter nicht als Nebenkosten aufhalsen darf.
Im Netz findet sich auch ein Anwalt
Ist Ihre Situation aber komplex, geht es um viel Geld oder gar um Ihre Freiheit, lohnt sich der frühe Beizug einer Anwältin oder eines Anwalts. Auch da können Sie sich im Internet wichtige Informationen holen: Der Schweizerische Anwaltsverband bietet im Netz eine Anwaltssuche an. Dort finden Sie Anwälte, die auf ein bestimmtes Rechtsgebiet spezialisiert sind. Doch Achtung: Die Angaben beruhen auf einer Selbstdeklaration der Rechtsanwälte. Es hat also niemand getestet, ob der Anwalt sich zum Beispiel in Arbeitsrecht wirklich gut auskennt. Haben Sie einen Anwalt Ihrer Wahl gefunden, empfiehlt sich auch noch ein Mausklick auf das Anwaltsregister des Kantons, in dem der Rechtsvertreter arbeitet. Ist er nicht registriert, bleiben Sie mit Vorteil skeptisch, denn dieser Anwalt untersteht in vielen Kantonen keiner staatlichen Aufsicht.