Angestellte sind nicht rechtlos
Wechselt eine Firma den Besitzer, wird das Personal «mitverkauft». Die vertraglich fixierten Rechte der Arbeitnehmer gelten weiter.
aktualisiert am 10. Juli 2018 - 18:32 Uhr
Fusionen, Betriebsübertragungen, Firmenverkäufe: In der Regel wird die Belegschaft nicht um ihre Meinung gefragt. Was Aktionärsherzen höher schlagen lässt, ist für die Angestellten oft mit Stress, Unsicherheit und Sorge um den Arbeitsplatz verbunden.
Doch Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind nicht rechtlos. Vor allem die Folgen des Verkaufs eines Unternehmens an Dritte sind in speziellen Gesetzesartikeln geregelt.
Der Käufer eines Unternehmens darf die bisherigen Mitarbeiter nicht einfach auf die Strasse stellen. Verkauft ein Arbeitgeber seinen Betrieb, geht das Arbeitsverhältnis mit allen Rechten und Pflichten an den Käufer über. Das heisst: Die Angestellten werden «mitverkauft». Die bisherigen Arbeitsverträge gelten weiter, und die Dienstjahre beim alten Arbeitgeber werden angerechnet.
Will der neue Chef jedoch andere Bedingungen vereinbaren oder die Arbeitsverhältnisse beenden, muss er die alten Verträge unter Einhaltung der geltenden Kündigungsfristen auflösen. Fristlose Kündigungen wegen Betriebsübernahme sind nicht zulässig. Gilt in einem verkauften Betrieb ein Gesamtarbeitsvertrag, muss der neue Besitzer diesen noch ein Jahr lang einhalten, sofern er nicht vorher abläuft.
Doch wie steht es mit den «verkauften» Mitarbeitern? Müssen sie den neuen Chef akzeptieren? Auch dazu gibt das Gesetz Auskunft: Die Angestellten haben das Recht, den Übergang des Arbeitsverhältnisses abzulehnen. Tun sie dies, wird das Arbeitsverhältnis unter Einhaltung der gesetzlichen – nicht der vertraglichen (!) – Kündigungsfrist aufgelöst.
Während der Kündigungsfrist müssen beide Parteien ihre vertraglichen Pflichten erfüllen. Der alte und der neue Arbeitgeber haften solidarisch für die Forderungen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die vor dem Betriebsübergang fällig geworden sind und bis zum erstmöglichen Kündigungstermin fällig werden.
Das Gesetz schreibt vor, dass der Arbeitgeber vor einem Firmenverkauf seine Angestellten rechtzeitig informieren muss. Rechtzeitig heisst: unmittelbar nach Abschluss des Vertrags, aber noch vor dem Eigentümerwechsel.
Existiert im Betrieb eine Arbeitnehmervertretung, so ist diese zu informieren – ansonsten die gesamte Belegschaft. Offenzulegen sind der Grund des Firmenverkaufs sowie die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen für die Angestellten.
Sind im Rahmen des Betriebsübergangs Massnahmen beabsichtigt, die die Arbeitnehmer betreffen – zum Beispiel Kündigungen, Reorganisationen oder Lohnkürzungen –, ist die Arbeitnehmerschaft nicht nur zu informieren, der Chef muss auch die Meinung seiner Untergebenen einholen.
Es handelt sich dabei allerdings nur um ein Anhörungs- und nicht um ein Mitspracherecht. Die Konsultation muss bereits während der Verkaufsverhandlungen erfolgen.
Sind im Rahmen eines Firmenverkaufs gar Massenentlassungen geplant, muss der Arbeitgeber nicht nur die Belegschaft konsultieren, sondern auch das Arbeitsamt informieren. Unterlässt er dies, sind die im Rahmen der Massenentlassung ausgesprochenen Kündigungen missbräuchlich. In diesem Fall können die Arbeitnehmer eine Entschädigung von bis zu zwei Monatslöhnen verlangen.
Massenentlassung: Welche Rechte habe ich?
Wie ist eine Massenentlassung rechtlich definiert? Welche Rechte haben Arbeitnehmer bei einer Kündigungswelle?
Wurde Ihnen fristlos gekündigt, weil Ihre Firma den Besitzer wechselte oder aus einem anderen zweifelhaften Grund? Beobachter-Mitglieder können sich mit der Mustervorlage «Protest gegen eine fristlose Kündigung» wehren und informieren sich im Merkblatt «Wann ist eine Kündigung missbräuchlich».