Arbeitslos und doch arbeiten
Ein Zwischenverdienst bringt Stellensuchenden Geld und bietet auch sonst einige Vorteile. Aber nur wenn die Spielregeln eingehalten werden.
Viele Arbeitslose finden nicht so schnell eine Beschäftigung, die ihre Arbeitslosigkeit beenden würde, sondern höchstens – aber immerhin – eine Möglichkeit für einen Zwischenverdienst – also einen Job, der ihnen weniger einbringt, als das ihnen zustehende Arbeitslosentaggeld. Welche Vorteile ergeben sich daraus? Und was ist dabei zu beachten?
Vorteil 1: Mehr Einkommen
Mit einem Zwischenverdienst können Sie Ihre finanzielle Situation aufbessern: Zusammen mit der Entschädigung der Arbeitslosenversicherung erzielen Sie in aller Regel mehr, als wenn Sie nur das Arbeitslosentaggeld erhalten würden. Dies aufgrund der sogenannten Kompensationszahlungen der Arbeitslosenversicherung. Die Arbeitslosenkasse zahlt Ihnen dann etwas vereinfacht gesagt den für Sie üblichen Ansatz von 70 bzw. 80 Prozent der Differenz zwischen dem erzielten Zwischenverdienst und Ihrem früheren versicherten Verdienst. Ein Stellensuchender, der vor der Arbeitslosigkeit 5000 Franken verdiente und nun einen Zwischenverdienst von 1800 Franken erzielt, hat beispielsweise pro Monat 540 Franken mehr im Sack.
Rechenbeispiel 1 (etwas vereinfacht)
52-jähriger Arbeitsloser, der bei der letzten Festanstellung 5000 Franken verdiente und nun per Zwischenverdienst 1800 Franken erzielt, was einem orts- und berufsüblichen Ansatz entspricht. Der Mann hat keine Unterstützungspflichten, daher erhält er als Taggeld 70 Prozent seines letzten Verdienstes . Hier die Auswirkungen aufs Einkommen:
Versicherter Verdienst | CHF 5000 |
abzüglich Zwischenverdienst | - CHF 1800 |
Zwischentotal | CHF 3200 |
Kompensationszahlung (= 70% von Zwischentotal) | CHF 2240 |
plus Zwischenverdienst | + CHF 1800 |
Total Einkommen | CHF 4040 |
Total Einkommen | CHF 4040 |
Taggeld ohne Zwischenverdienst (= 70% von Versicherter Verdienst) | CHF 3500 |
Mehrverdienst dank Zwischenverdienst | CHF 540 |
Es gilt aber: Hände weg von Dumpinglöhnen! Zwischenverdienste, die nicht orts- und berufsüblich entschädigt werden, müssen Sie nicht annehmen.
Wer es trotzdem tut, handelt sich Nachteile ein. Denn die Arbeitslosenkasse rechnet dann nicht das tatsächlich erzielte Einkommen an, sondern eine höhere, angemessene Entschädigung – auch wenn Sie diese gar nicht erzielt haben. Würde im obigen Beispiel der Zwischenverdienst von 1800 Franken als nicht orts- und berufsüblich eingeschätzt und von der Kasse deshalb zum Beispiel auf 2900 Franken angehoben, ergäbe sich sogar ein Minderverdienst.
Rechenbeispiel 2 (etwas vereinfacht)
So würde die Rechnung aussehen, wenn der effektiv erzielte Zwischenverdienst von 1800 Franken nicht als orts- und berufsüblich eingeschätzt würde und die Kasse den Betrag deshalb zum Beispiel auf 2900 Franken anhebt:
Versicherter Verdienst | CHF 5000 |
abzüglich orts-berufsüblicher Zwischenverdienst | - CHF 2900 |
Zwischentotal | CHF 2100 |
Kompensationszahlung (= 70% von Zwischentotal) | CHF 1470 |
plus Zwischenverdienst | + CHF 1800 |
Total Einkommen | CHF 3270 |
Total Einkommen | CHF 3270 |
Taggeld ohne Zwischenverdienst (= 70% von Versicherter Verdienst) | CHF 3500 |
Minderverdienst wegen Zwischenverdienst | - CHF 230 |
Zeitrahmen: Über 45-Jährige sowie Arbeitslose, die Kinder unter 25 unterstützen müssen, erhalten die Kompensationszahlungen während der gesamten Rahmenfrist; alle übrigen höchstens ein Jahr lang. Danach gibt es nur noch Differenzzahlungen (Differenz zwischen dem erzielten Zwischenverdienst und dem Arbeitslosentaggeld, welches Sie ohne Zwischenverdienst erhalten würden). Ab dann an fährt man finanziell mit oder ohne Zwischenverdienst genau gleich gut.
Rechenbeispiel 3 (etwas vereinfacht)
Nach einem Jahr mit einem orts- und berufsüblichen Zwischenverdienst fallen die Kompensationszahlungen der Arbeitslosenkasse weg. Dann sieht die Rechnung so aus:
Taggeld ohne ZV | CHF 3500.– |
abzüglich Zwischenverdienst | – CHF 1800.– |
Entschädigung Arbeitslosenkasse (Differenzzahlung) | CHF 1700.– |
Total Einkommen | CHF 3500.– |
Vorteil 2: Längere Bezugsdauer
Neben den oben erwähnten Auswirkungen auf die Einkommenssituation können Sie mit einem Zwischenverdienst die Taggeldbezugsdauer innerhalb der Rahmenfrist verlängern. Die Rechnung dahinter ist simpel: Wenn Sie einen Zwischenverdienst erzielen, muss die Arbeitslosenkasse pro Monat weniger Taggeld auszahlen – und Ihr maximaler Anspruch ist dadurch weniger schnell aufgebraucht.
Vorteil 3: Neue Beitragszeiten
Weiter ergeben sich mit Zwischenverdiensten neue Beitragszeiten für eine allfällige erneute Arbeitslosigkeit (eine Ausnahme bilden hier Zwischenverdienste aus selbständiger Tätigkeit).
Vorteil 4: Erfahrungen sammeln
Abgesehen von den vorhergehend erwähnten materiellen Aspekten hilft Ihnen der Zwischenverdienst, die Arbeitslosigkeit besser zu bewältigen und zu überwinden. Denn mit jeder Tätigkeit sammeln Sie Erfahrungen, knüpfen Kontakte und bleiben im Erwerbsprozess eingebunden. Das ist nicht zuletzt auch bei Bewerbungen ein grosser Vorteil.
Es gibt also viele gute Gründe für die Ausübung von Tätigkeiten, die einen Zwischenverdienst ermöglichen. Lehnen Sie ein solches Angebot grundlos ab oder geben Sie es nach kurzer Zeit von sich aus wieder auf, wird die Arbeitslosenkasse mit Taggeldstreichungen reagieren . Geht es dabei um einen zeitlich nicht befristeten Einsatz, müssen Sie je nach Schwere Ihres Verschuldens bereits beim ersten Mal mit einer Kürzung von bis zu 45 Taggeldern rechnen.
Zu beachten ist ausserdem: Wer eine Zwischenverdiensttätigkeit ausübt, gilt immer noch als arbeitslos. Man ist weiterhin verpflichtet, intensiv nach einer Festanstellung zu suchen und sich allmonatlich zu einem Beratungs- und Kontrollgespräch beim regionalen Arbeitsvermittlungszentrum (RAV) einzufinden.
Glossar: Was bedeutet ...?
Mit einem Zwischenverdienst während der Arbeitslosigkeit können Sie Ihr Einkommen verbessern und neue Beitragszeiten erwerben. Doch auch hier gilt es, gewisse Spielregeln zu beachten. Erfahren Sie als Beobachter-Mitglied, was Ihre Pflichten gegenüber dem RAV bei einem Zwischenverdienst sind.
34 Kommentare
Ich bin ab dem 10. August offiziell beim RAV als arbeitslos gemeldet. Beim RAV angemeldet hatte ich mich schon im April, da ich wusste, dass ich ab Sommer eine neue Stelle brauche. Nun habe ich seit Mai die Arbeitsbemühungen ausgefüllt. Der Anspruch für ALE wird allerdings erst ab 10. August berechnet… Da ich umgezogen bin und in einen neuen Bezirk falle, muss der Anspruch sowieso neu berechnet werden. (obwohl sich vom Lohn etc. nichts geändert hat).
Ich habe nun eine Teilzeitstelle gefunden, allerdings ist der Lohn niedriger als die mir zustehende ALE. Die neue Stelle kann ich am 5. August anfangen. Der Anspruch der ALE wird aber ja erst ab dem 10. geprüft.
Die Teilzeitstelle ist ja dann trotzdem ein Zwischenverdienst, auch wenn der (neue) Anspruch auf ALE noch nicht geklärt wurde? Der Lohn wäre niedriger als die ALE und auch niedriger als der versicherte Verdienst. Es ist als “Praktikum” betitelt, ist jedoch eine normale, unselbstständige Erwerbstätigkeit.
Ihre Berechnung stimmt nicht mit meine Abrechnung, oder mache ich etwas falsch?
Gemäss Ihrer Rechnung, Beispiel 1, verstehe ich nicht, warum ALV mir sagt, dass sie mir keinen einzigen Franken geben. Es steht auf meiner Rechnung (Kanton Graubünden):
Vers. Verdienst = Fr. 6502.00 ; Zwischenverdienst = Fr. 4'635.00; Entschädigungsberechtigte Taggelder = 0.0 ; Netto Fr. 0.00
Was passiert wann man eine Hauptjob und nebenjob hat, und verliert die Haupstelle? Kann man dan trotzdem Taggelder beziehen und nebenjob wie Zwischenverdienste anmelden?