Welches Team erreicht das Viertelfinale? Frankreich, Italien - oder beide? Verliert Deutschland gegen Österreich? Vor jeder Fussball-EM oder -WM fachsimpelt wieder die halbe Welt um die Wette. Unter Freunden oder im Büro zu wetten, gibt einem das gute Gefühl, irgendwie selber mit dabei zu sein. Lustig und eventuell sogar lukrativ wird es, wenn viele mitmachen und der Jackpot entsprechend gross ausfällt. Dann jedoch geht es kaum mehr ohne jemanden, der die Organisation in die Hand nimmt, sonst sind Streitereien und Ärger programmiert.

Marcello Bruno hat zum ersten Mal im WM-Jahr 1994 für seine Bürokollegen Wetten organisiert - und ist bis heute nicht davon losgekommen. Zu Beginn erhielten die Wettteilnehmer noch Tippscheine aus Papier. «Ich gab ihre Einträge dann von Hand in eine Datenbank ein. Die Spannung stieg, als ich nach jedem Spieltag an der Bürowand eine neue Rangliste aufhängte», erinnert er sich. Seitdem hat sich viel verändert. Zur EM 2000 begann der gelernte Informatiker, ein Programm für Wetten im Internet auszutüfteln. Auf jedes neue Fussball-Grossereignis hin steigt seither die Wettbeteiligung: Aus 66 Teilnehmern und einem Jackpot von 1240 Franken bei der Premiere wurden 239 Teilnehmer und ein Jackpot von rund 6000 Franken bei der letzten WM in Deutschland.

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Ab einer gewissen Grösse muss sich der Veranstalter jedoch fragen, wann die Grenzen zur Illegalität überschritten sind (siehe unten: «Wetten: Das ist erlaubt»). Marcello Bruno erhielt eines Tages gar eine Vorladung von der Kantonspolizei. «Die Polizisten wollten sehr genau wissen, was ich da so treibe», meint er schmunzelnd. «Als ich jedoch nachweisen konnte, dass ich das Ganze als Hobby veranstalte und den Jackpot immer vollumfänglich an die Teilnehmer verteile, war die Sache erledigt.» Bruno ist Wettveranstalter aus Leidenschaft: «Es ist toll zu sehen, dass die Leute Freude an meinen Wetten haben, und ich hoffe, dass dieses Jahr noch mehr Teilnehmer mitmachen.» Für die Euro wird er wieder etwa 100 Stunden investieren.

So viel Aufwand ist für eine Bürowette in einem kleineren Rahmen nicht nötig. Dennoch: Wer eine Bürowette auf die Beine stellen will, muss einiges bedenken. Eine Anleitung in sieben Schritten:

  • Variante Papier: Man kreiert eigenhändig einen Tippschein und drückt ihn den Teilnehmern in die Hand beziehungsweise verteilt ihn via E-Mail. Dann wird auch die Rangliste von Hand geführt. Dabei kann man mit einer Excel-Tabelle oder einer Datenbank arbeiten, in der alle Teilnehmenden, deren Tipps und Punktzahlen aufgeführt sind. Bei einem kleineren Spielerkreis von bis zu 15 Personen und nicht zu vielen Wettfragen funktioniert die Papiervariante nach wie vor gut.

  • Variante Internet: Mittlerweile gibt es Anbieter, bei denen man über eine Website seine eigene Tippgemeinschaft führen kann. Der Vorteil gegenüber der Papiervariante ist, dass die Fehlerquote selbst bei grosser Beteiligung gering bleibt, weil das System die Tipps der Spieler sowie deren Punktzahl automatisch auswertet. Ein Nachteil ist, dass die Fragen vorgefertigt sind und man sie nicht mit eigenen ergänzen kann.
2. Schritt: Tippscheine erstellen

Der Kern jeder Wette sind die Fragen, um deren Lösung gewettet wird: Wie endet das Spiel? Wer kommt weiter? Diese Fragen hält man im Tippschein fest und lässt Platz für die Antworten der Teilnehmer. Am besten notiert man dazu gleich, wie viele Punkte für den richtigen Tipp zu holen sind. Die Teilnehmer müssen genau nachvollziehen können, nach welchen Kriterien der Sieger bestimmt wird.

Bezüglich Spielformen gibt es keine Grenzen - gewettet werden kann eigentlich auf alles (siehe «Weitere Infos»). Besonders verbreitet ist die Einzelwette. Dabei tippt man nur auf ein Ereignis, üblicherweise auf den Ausgang einer Partie: Tipp 1 für einen Heimsieg (auf die im Spielplan zuerst aufgeführte Mannschaft), Tipp 2 für einen Auswärtssieg, Tipp X für ein Unentschieden. Einzelwetten können beliebig ergänzt werden mit Fragen wie: Wer schiesst das erste Tor? In welcher Minute? Wie lautet der Halbzeitstand? Welches Team läuft am häufigsten ins Abseits? Marcello Bruno warnt jedoch: «Je komplizierter die Fragen, desto interessierter an Fussball müssen die Teilnehmer sein. Laien machen eher bei Fragen zum Ausgang einer Partie mit als bei Fragen, wer etwa der erste Torschütze wird - oft kennen sie die möglichen Namen nämlich gar nicht.»

Eine beliebte Spielform besteht darin, dass der Veranstalter im Wettschein Quoten festlegt, mit denen er die Wahrscheinlichkeit eines Ereignisses einzuschätzen versucht. Je wahrscheinlicher der Sieg der betreffenden Mannschaft, desto tiefer fällt die Quote aus. Der Gewinn ergibt sich aus dem Einsatz multipliziert mit der Quote. So weiss der Wettende im Voraus, wie hoch sein Gewinn im Verhältnis zum Einsatz ausfallen kann. Die Quoten werden etwa beim Eröffnungsspiel wie folgt dargestellt: «Schweiz - Tschechien 2.6/2.1/3.1». Das bedeutet, dass eine erfolgreiche Wette auf den Sieg der Schweiz den Einsatz mit 2.6 multipliziert, setzt man auf Tschechien und gewinnt, so erhält man den Einsatz um das 3.1-Fache multipliziert zurück. Der Reiz von Quoten ist, dass man mit gleichem Einsatz mehr Gewinn erzielen kann, wenn man risikofreudig tippt und auf Aussenseiter setzt.

3. Schritt: Spielregeln festlegen

Um späteren Ärger zu vermeiden, sind klare Spielregeln unabdingbar. Sie dürfen keinerlei Freiraum für Interpretationen bieten. Auch bei einem Spiel übers Internet müssen die Regeln rasch auffindbar sein. Bei der Anmeldung sollten die Teilnehmenden am besten ein Feld ankreuzen, das besagt, dass sie die Spielregeln gelesen und akzeptiert haben.

Zwingend zu regeln ist, wie der Jackpot am Schluss vergeben wird. Ebenso lohnt es sich festzuhalten, dass die Teilnehmer den Tippschein vor Beginn des ersten Spiels abgeben und den Einsatz zahlen müssen. Profi Marcello Bruno sagt: «Bei mir muss man sich bis vor Beginn des Spiels angemeldet haben. Allerdings können die Teilnehmer den Einsatz auch noch etwas später einzahlen; bis zur Einzahlung erscheinen sie einfach nicht auf der Rangliste. Ansonsten könnten sie sich ja entscheiden, einfach nicht zu zahlen, wenn sie gerade einen schlechten Rang belegen.»

4. Schritt: Tippscheine verteilen

Im E-Mail-Zeitalter ist es am einfachsten und effizientesten, den Teilnehmern den Tippschein auf elektronischem Weg zukommen zu lassen. Man kann ihn aber auch in der Bürokantine auflegen. Wie auch immer: Wichtig ist, dies nicht auf den letzten Drücker zu tun - eine Woche sollten die Interessierten schon Zeit haben, ihre Tipps auszutüfteln.

5. Schritt: Einsatz einzahlen

Im privaten Bereich üblich sind kleinere Spieleinsätze von 10 bis 20 Franken. «Das Geld muss bis vor dem ersten Spiel beim Anbieter sein», so Marcello Bruno. Bei einem kleineren Teilnehmerkreis kann der Organisator eine Kasse mit Bargeld führen. Ab einer gewissen Grösse empfiehlt es sich, ein eigenes Konto einzurichten, auf das die Teilnehmer ihren Wetteinsatz überweisen können. In diesem Fall kann man die Teilnehmer auch an den Administrationsgebühren beteiligen, zum Beispiel, indem man schreibt: «Bei Einzahlung mit rotem Einzahlungsschein bitte Fr. 1.50 zusätzlich einzahlen (Postgebühr).»

6. Schritt: Rangliste führen

Während des Turniers führt der Organisator eine Rangliste, die er nach jedem Wettereignis à jour bringt und an die Teilnehmer weiterleitet. Wichtig ist, dass die Tippgemeinschaft immer Zugang zu einer aktuellen Rangliste hat. Diese wird etwa im Internet publiziert oder im Büro aufgehängt. Wenn man kein Internetprogramm hat, das die Rangliste automatisch berechnet, eignet sich auch eine Excel-Tabelle, in der man die Punkte der einzelnen Spieler einträgt und die Teilnehmer der Punktzahl entsprechend sortiert.

7. Schritt: Auszahlungen tätigen

Ist das Turnier zu Ende, steht nicht nur der neue Europameister fest, sondern auch der Sieger der privaten Wettrunde. Nun gilt es lediglich noch, den Jackpot nach dem zuvor in den Spielregeln definierten Schlüssel zu verteilen. Eventuell kann man den Teilnehmenden noch eine Einsprachefrist von maximal einer Woche einräumen.

Bleibt die Frage: Was braucht es, um zu gewinnen? Bruno zieht Bilanz: «Mitmachen kann sich für alle lohnen. An der WM 2006 machte bei mir eine Frau das Rennen, die sich im Fussball vermutlich kaum auskannte. Man kann also gewinnen, ohne gross Ahnung zu haben.» Einfach Glück brauchts - wie im richtigen Sport auch.

Wetten: Das ist erlaubt

  • Das Lotteriegesetz verbietet Wetten dann, wenn sie gewerbsmässig veranstaltet werden. Ausnahmsweise kann das kantonale Recht Wetten zulassen für Events, die auf dem jeweiligen Kantonsgebiet stattfinden (etwa das Pferderennen in St. Moritz).
  • Das Gesetz umschreibt den Begriff der Gewerbsmässigkeit nicht näher. Generell lässt sich jedoch sagen, dass ein Veranstalter dann gewerbsmässig handelt, wenn er Einnahmen erzielt, die einen Beitrag an seinen Lebensunterhalt darstellen.
  • Keine Gewerbsmässigkeit ist gegeben, wenn der Organisator einer Wette keinen oder lediglich einen kleinen Gewinn generiert, um damit seine Unkosten zu decken, und wenn der Teilnehmerkreis und die Dauer der Wette begrenzt sind. Kurz: Legal sind EM-Wetten dann, wenn die eingesetzten Wettbeträge am Schluss wieder an die Spieler zurückfliessen - verdienen darf der beste Tipper, nicht aber der Anbieter.
  • Wer unschlüssig ist, inwieweit seine Wette dem Lotteriegesetz untersteht, kann sich an die kantonalen Bewilligungsbehörden (zu erfahren bei Staatskanzlei oder Gemeinde) oder an das Bundesamt für Justiz wenden.