Schnoddrigkeit liegt nicht drin
Lernende müssen nicht nur einen ordentlichen Job machen und in der Berufsschule gute Noten erzielen. Der Weg ins Arbeitsleben ist mit einer Menge neuer Herausforderungen gepflastert.
Veröffentlicht am 4. Juli 2008 - 13:51 Uhr
Das 16. Lebensjahr ist kein einfaches. Die Jugendlichen suchen ihren Platz in der Welt, haben vielleicht Reibereien mit den Eltern - und plötzlich läuft ihnen noch die Freundin oder der Freund davon. Eine anstrengende Zeit.
Und um alles noch ein wenig schwieriger zu machen, beginnt für die 16-Jährigen die Berufslehre . Nach neun Jahren Schulbankdrücken nach Stundenplan geht es auf einmal nicht mehr bloss darum, gute Prüfungen zu schreiben - es geht darum, Aufträge zu erfüllen, die ein Vorgesetzter definiert, und zwar schnell und sauber. Und auch wenn ein Lehrmeister weiss, dass 16-Jährige eine anstrengende Zeit durchleben: Schonen kann er sie nicht. Wenn die Lernenden zum Beispiel bei Privatkunden oder auf Baustellen arbeiten, müssen sie sich bewusst sein, dass sie eine Visitenkarte für die Firma sind. Verlangt sind deshalb nicht nur fachliches Können und gute Leistungen in der Berufsschule - sondern auch Anstand, Pünktlichkeit und Genauigkeit.
An diese neue Verantwortung müssen sich die Jugendlichen rasch gewöhnen, denn Lehrlinge aller Branchen haben sehr früh Kontakt mit Kunden. Eine der fundamentalsten Veränderungen für die Jugendlichen besteht darin, dass sie nicht mehr nur sich selber repräsentieren. Sie sind Teil der Firma, für die sie arbeiten. Das ist das Erste, was sie lernen müssen. Gute Umgangsformen sind deshalb wichtig - gegenüber Kunden wie Mitarbeitern. Schnoddrigkeit liegt nicht drin. Dazu gehört auch, dass Lernenden pünktlich zur Arbeit erscheinen. Für viele mag es ein Detail sein, wenn sie jeden Morgen zwei oder drei Minuten zu spät aufkreuzen, aber das macht eine enorm schlechte Falle.
Anstand, Pünktlichkeit und Genauigkeit - und das ist noch lange nicht alles, was Lehrmeister von ihren Lehrtöchtern und Lehrlingen fordern. Ein weiterer wichtiger Punkt ist Flexibilität. Das bekommen vor allem die jungen Berufsleute im Gastgewerbe zu spüren: Von der Schule her sind die Auszubildenden fixe Tagesabläufe gewohnt, doch im Gastgewerbe erwarten die Lernenden auch Abend- und Wochenendeinsätze. Sie müssen ihr Privatleben entsprechend organisieren.
Gar nicht gut kommen bei Lehrmeistern junge Menschen an, die nur das Minimum der verlangten Arbeit verrichten, ohne Feuer und Begeisterung. Lehrmeister wollen keine blossen Befehlsempfänger, sondern junge Leute, die Interesse an der Arbeit zeigen, die mit Leidenschaft dabei sind. Einen Auftrag zu erledigen und dann die Hände in den Schoss zu legen reicht nicht. Vielmehr sollten Lernende nach Erledigung einer Arbeit aktiv neue Aufgaben suchen und beweisen, dass sie das Handwerk wirklich lernen wollen.
Das Handwerk lernen - und auch seine weniger schönen Seiten in Kauf nehmen. Maler zum Beispiel müssen vor dem Streichen oft stundenlang Farbe abschleifen oder abkratzen. Lehrlinge brauchen Ausdauer und Durchhaltewillen, um einen Beruf in seinen ganzen Facetten lernen zu können. Haben sie das nicht, leidet die Arbeitsleistung. Und die Stimmung im Team. Ein Stift muss sich bewusst sein, dass er in einer Gruppe arbeitet. Er muss akzeptieren, dass er sich einem Vorgesetzten unterordnen muss und dass er die Arbeit aller gefährden kann, wenn er seinen Job nur halbbatzig macht.
Der Team-Aspekt ist eine der grössten Herausforderungen für Lernende. Mit dem Beginn der Berufslehre arbeiten Jugendliche nicht mehr nur für sich - oftmals zum ersten Mal in ihrem Leben. Sie müssen Rücksicht nehmen auf eine womöglich komplexe Hierarchie. Hinzu kommt: Im Team gibt es nicht mehr nur Gleichaltrige wie in der Schule. Da gilt es, mit anderen Generationen und ihren Werthaltungen umzugehen. Lehrlinge müssen schnell lernen, sich in eine Gruppe einzufügen. Sie können nicht mehr einfach nur ihr Ding durchziehen. Sie sollten vom ersten Tag an versuchen zu verstehen, wie ihr Lehrbetrieb organisiert ist.
Der Schritt von der Schulbank ins Berufsleben ist anspruchsvoll. Doch das ist kein Grund, dem ersten Tag der Berufslehre angstvoll entgegenzublicken. Lehrlinge wachsen in der Regel schnell in ihre Rolle hinein - und wenn es Schwierigkeiten gibt, lässt sich mit den Vorgesetzten darüber reden. Lehrlingsausbildner schätzen es, wenn Jugendliche auf sachliche Weise das Gespräch suchen. Das beweist, dass sie mitdenken.
- Höflichkeit: Sei höflich zu Kunden, Mitarbeitern und Vorgesetzten. Schnoddrige, vorlaute Lehrlinge kommen schlecht an. Aber: Bring Ideen ein - viele Betriebe verstehen Junge als Chance für frischen Wind.
- Pünktlichkeit: Erscheine pünktlich zur Arbeit. Unpünktlichkeit fällt negativ auf.
- Dresscode: Kleide dich so, wie es dein Job und der Umgang mit Kunden erfordert.
- Zuverlässigkeit: Chefs schätzen Schludrigkeit nicht. Zuverlässige Lehrlinge dagegen werden geschätzt und erhalten mehr Freiraum und Selbständigkeit.
- Nachfragen: Frag nach, wenn dir etwas nicht klar ist. Du bist in der Ausbildung, es ist also normal, dass du einiges noch nicht weisst. Aber: Notier dir die Informationen, die du erhältst. Denn wenn du immer wieder dieselben Fragen stellst, glaubt dein Chef, du nähmest deine Arbeit nicht ernst genug.
- Betriebs-Reglement: Mach dich vertraut mit den Reglementen deines Lehrbetriebs. Darfst du während der Arbeitszeit private Telefongespräche führen? Wie ist der Gebrauch des Internets geregelt? Sind Handys am Arbeitsplatz überhaupt erlaubt?
- Durchhaltevermögen: Hab Geduld - auch bei Arbeiten, die dir weniger Spass machen. Du musst anfangs vieles lernen - aber mit der Zeit bekommst du interessantere Aufträge.
- Probleme ansprechen: Such das Gespräch mit dem Lehrlingsverantwortlichen, wenn dir etwas Probleme bereitet. Bereite dich gut auf das Gespräch vor und trage deine Anliegen ruhig und höflich vor.
- Zeiteinteilung: Nimm dir etwas Zeit, um einen seriösen Wochenplan aufzustellen. Definiere darin die Zeiten, in denen du nach Feierabend für die Berufsschule lernen musst und wann du deinen Freizeitbeschäftigungen nachgehst und deine Freunde triffst - denn trotz der Lehre muss stets auch Zeit für dein Privatleben bleiben.
1 Kommentar
Auch deswegen, ist das Vorleben, die vielfältige Erziehung (Höflichkeit, Respekt- und wertschätzender Umgang mit andern, Umgangsformen und Sprache, Persönlichkeit- und Charakterbildung)der Kinder durch deren Eltern, eminent wichtig für das ganze Leben!