Vom «modernsten Jugendgefängnis der Schweiz» war die Rede oder schlicht vom «Muster-Jugendknast». Man sparte nicht mit Superlativen, als vor vier Jahren der neue Trakt im Massnahmenzentrum Uitikon ZH (MZU) eröffnet wurde. Zehn Zellen für schwerstkriminelle Jugendliche von 16 bis 18 Jahren. Schweizweit erfülle das MZU als erstes die neuen gesetzlichen Anforderungen, sagte damals Direktor Michael Rubertus. Das Gesetz verlangt, dass die jugendlichen Straftäter getrennt von älteren untergebracht werden.

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Aggressive, schwierige Jugendliche

Heute ist alles anders. Seit Dezember ist die neue Abteilung geschlossen. Der Grund: Personalmangel. Im Verlauf des letzten Jahres sei es aufgrund von Krankheit und mehreren personellen Ausfällen nicht gelungen, ein stabiles Team zu bilden. «Das hatte zur Folge, dass wir die Jugendgruppe Ende 2015 aufgrund des akuten Personalmangels vorübergehend schliessen mussten», sagt Rebecca de Silva, Sprecherin des Amts für Justizvollzug des Kantons Zürich.

Sie führt die Rekrutierungsprobleme auf den «ausgetrockneten Stellenmarkt» zurück: «Es melden sich nur wenige ausgebildete Sozialpädagogen auf eine solche Stelle.» Wegen Sparvorgaben des Kantons habe man zudem erst in der zweiten Hälfte des Jahres 2014 mit der Rekrutierung beginnen können.

Als Sozialpädagoge in einer geschlossenen Abteilung zu arbeiten ist anspruchsvoll. «Viele Jugendliche weisen eine schwierige Persönlichkeit auf. Sie sind aggressiv, haben psychische Probleme oder sind drogensüchtig», sagt Dirk Baier, Leiter des Instituts für Delinquenz und Kriminalprävention an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften. Die Jugendlichen seien auf engem Raum eingesperrt. Das verstärke die Probleme.

Hinzu kommt: Die Betreuer kämpfen mit einer geringen öffentlichen Wertschätzung ihrer Tätigkeit. «Die Sozialarbeitenden stehen meist nur dann im Fokus der Aufmerksamkeit, wenn ihre Arbeit nicht gelingt oder ein Jugendlicher rückfällig wird», sagt Dirk Baier. Es überrasche darum nicht, dass sich Absolventen nur ungern diesen Bedingungen aussetzen würden. «Die Arbeit mit Inhaftierten ist kein notwendiges Übel, sondern eine der anspruchsvollsten Tätigkeiten überhaupt.»

Personalknappheit ist nicht überall ein Problem. Etwa in Baselland. «Auf dem Arxhof konnten und können wir bislang jede offene Sozialpädagogenstelle wieder besetzen. Manchmal schneller, manchmal weniger», sagt Adrian Baumgartner von der Sicherheitsdirektion. Der Arxhof ist eine offene Einrichtung des Massnahmenvollzugs für Täter unter 25.

Den Sozialarbeitern ist es zu kalt

Auch im Massnahmenzentrum Kalchrain TG für jugendliche und junge Erwachsene sind alle Stellen besetzt. Direktor Armin Malär vermutet die Ursachen für den Personalnotstand in Uitikon nicht im ausgetrockneten Stellenmarkt. «Es werden genügend Sozialpädagogen ausgebildet, wir haben keine Mühe, offene Stellen zu besetzen.» Im Kalchrain herrsche auch in der geschlossenen Abteilung eine «Wohngruppen-Atmosphäre». Die Betreuer hätten viel eigenen pädagogischen Freiraum. Das Massnahmenzentrum in Uitikon hingegen sei auf hohe Sicherheit ausgelegt. Darunter könnten die Wohnlichkeit und das Atmosphärische leiden. Malär: «Die geschlossene Abteilung in Uitikon ähnelt eher einer Strafanstalt. Das kann Sozialpädagogen weniger ansprechen.»