Eigentlich sind sich alle einig: Das Justizwesen muss den Sprung ins digitale Zeitalter schaffen. Noch immer verschicken die meisten Anwältinnen und Gerichte ihre Eingaben und Verfügungen per Briefpost. Ein neues Gesetz will sie nun verpflichten, elektronisch miteinander zu kommunizieren. Betroffen wären rund 30'000 Beteiligte – ein gigantisches IT-Projekt, bei dem es um höchst sensible Dokumente und persönliche Daten geht.

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Bevor das Projekt gestartet ist, wird die E-Justiz bereits zum Gerichtsfall. Es geht um die Frage, auf welcher digitalen Plattform sich Anwälte und Behörden austauschen sollen.

Seit kurzem wird auf der öffentlichen Beschaffungsplattform des Bundes nach einer IT-Firma gesucht, die die E-Justiz-Plattform programmieren und betreiben soll. Gemäss Projektteam geht es um ein Auftragsvolumen von rund 45 Millionen Franken. Irritierend dabei: Die gesetzliche Grundlage dafür, das E-Justiz-Gesetz, tritt frühestens 2025 in Kraft. Zurzeit existiert erst ein Vorentwurf.

«Im schlimmsten Fall ein weiteres Millionengrab bei einem IT-Projekt»

Daran stört sich der Verein Digitale Gesellschaft, der sich bereits erfolgreich gegen die elektronische Identität (E-ID) gewehrt hat. Er hat die Ausschreibung vor Bundesverwaltungsgericht angefochten. Mit dem gewählten Vorgehen stelle man den demokratischen und rechtsstaatlichen Prozess auf den Kopf, sagt der Geschäftsführer des Vereins, Erik Schönenberger.

Statt zuerst das Gesetz zu beraten und zu verabschieden und dann ein Projekt auszuschreiben, wolle der Bund bereits jetzt eine Plattform beschaffen, die einem detailliert ausformulierten Anforderungsprofil genügen müsse. Damit schaffe man vollendete Tatsachen. Spätere Anpassungen wären mit grossen Kostenfolgen verbunden, sagt Schönenberger weiter. «Im schlimmsten Fall droht ein weiteres Millionengrab bei einem IT-Projekt.»

«Kein Wegwerfprodukt»

Ganz anderer Meinung ist Jacques Bühler, der Gesamtprojektleiter der E-Justiz-Plattform. Mit einer späteren Ausschreibung würde das Projekt unnötig verzögert werden, sagt er. Man habe den frühen Zeitpunkt gewählt, um bereit zu sein, sobald das Gesetz in Kraft trete. Zudem werde der Betrieb der Plattform zeitlich beschränkt vergeben und sei als Pilotversuch zu verstehen. Anpassungen seien jederzeit möglich.

Selbst wenn das Referendum ergriffen und das E-Justiz-Gesetz vom Volk verworfen werde, sei es sinnvoll, bereits jetzt die notwendige Plattform zu beschaffen. «Wir gehen unter keinen Umständen davon aus, dass die Plattform ein Wegwerfprodukt ist. Früher oder später werden die Abläufe in der Justiz digitalisiert.»

Wie schnell das tatsächlich geschehen wird, darüber wird nun zuerst das Bundesverwaltungsgericht befinden.

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