Seit drei Jahren hat die Nation einen Sündenbock: die Kinder- und Erwachsenenschutzbehörde Kesb. Nicht nur in Sozialen Medien, Leserbriefen und am Stammtisch wird die Behörde als Schuldige bei Erbstreitigkeiten, Familienproblemen und menschlichen Tragödien hingestellt. In dieses Horn stossen auch einige Promis und zunehmend auch Journalisten. Allen voran zur Zeit zwei Journalisten der «Obersee Nachrichten» («ON»). Dieses Blatt stelle die Kesb Linth systematisch als Terror- und Geheimbehörde dar, heisst es in einer Mitteilung der Stadt Rapperswil-Jona.

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Die «ON» berichten seit Monaten über einen fremdplatzierten Jugendlichen namens Marco, dem die Kesb angeblich eine ärztliche Untersuchung verbietet. Nicht nur Jugendliche und Alleinstehende würden «in die Mühlen» der Kesb geraten, sondern auch alte Menschen – und neuerdings sogar Firmen wie diejenige eines Gipsermeisters. Dass der Kesb-Präsident nicht freimütig aus dem Nähkästchen plaudert, sondern sich auf die Schweigepflicht beruft, wird ihm genauso vorgeworfen wie das angeblich zerknitterte Hemd, das er bei einem Auftritt trug.

Quelle: Beobachter (Montage)
Verfahren eingeleitet

Nun reicht es der Stadt Rapperswil-Jona. Man habe sich entschieden, ein Verfahren wegen Persönlichkeitsverletzung einzuleiten, um der «haltlosen Kampagne» Einhalt zu gebieten. Ganz normale Vorgänge wie die Bearbeitung von Gefährdungsmeldungen würden von der «Obersee-Nachrichten» dramatisiert. Ganz besonders bedauerlich sei die Berichterstattung für die Kesb-Klienten, deren meist schweres persönliches Schicksal in den Medien ausgebreitet werde.

Es ist eine heikle Sache, wenn eine Behörde juristisch gegen Journalisten vorgeht. Schliesslich haben die Medien als Vierte Gewalt im Staat die Aufgabe, die Arbeit der Behörden kritisch zu hinterfragen. Die Frage ist, wie sie dies tun sollen. Seriöse Journalisten verwenden stets die stärksten Argumente von beiden Seiten und verbreiten nicht einfach die Sichtweise der einen Partei. Das Problem dabei: Die Kesb hat eine Schweigepflicht. Deshalb hätten die «Obersee-Nachrichten» die Aufgabe, die Kesb nach ihrem Auftrag zu befragen und diesen den Lesern zu erklären. Die Kampagne der «Obersee-Nachrichten» entbehrt aber einer differenzierten Auseinandersetzung und lässt sich nicht mit der Medienfreiheit rechtfertigen.

Mehr Information statt Polemik

Es ist zu wünschen, dass die eingeleiteten juristischen Schritte dazu beitragen, dass Medienschaffende weniger das Empörungspotenzial erregter Bürger bewirtschaften. Und dass sich die Öffentlichkeit bewusst wird, dass es nicht Aufgabe der Kesb sein darf, Einzelfälle öffentlich zu kommentieren. Ihre Aufgabe ist es vielmehr, hilfsbedürftige Menschen zu schützen. Nur wenn sie dieser Aufgabe partout nicht nachkommt, kommen die Medien als Vierte Gewalt ins Spiel.

Bis anhin musste sich die Kesb Linth jedoch nichts vorwerfen lassen, denn jeder ihrer Entscheide kann direkt beim Gericht angefochten werden. Dass die Gerichte die Kesb Linth in allen von den Betroffenen angefochtenen Fällen schützte, hat nichts mit «Sauhäfeli, Saudeckeli» zu tun, sondern mit dem funktionierenden Rechtsstaat. Ohne undifferenziertes Kesb-Bashing würde dieser noch besser funktionieren.