Wenn Behörden gespendete Babywindeln verrechnen (wollen)
Eine ukrainische Mutter ist nach Meisterschwanden AG geflohen. Weil ihr Budget knapp ist, erhält sie Windeln für ihr Baby geschenkt. Daraufhin fordert die Gemeinde Geld von der Frau. Was steckt dahinter?
Veröffentlicht am 8. August 2022 - 18:46 Uhr
Rolf Frey zweifelt am System. «Gespendete Windeln, die nicht das Portemonnaie einer jungen, geflüchteten Mutter aus der Ukraine entlasten, sondern stattdessen das Portemonnaie von Gemeinde und Kanton? Das kann doch nicht sein.»
Frey ist Teil eines Lehrerkollektivs, das im Rahmen eines Projekts der evangelischen Kirche Meisterschwanden Deutschunterricht für ukrainische Geflüchtete anbietet. So habe man in den letzten Monaten auch mehr über die Sorgen der Geflüchteten erfahren. Das knappe Budget von Geflüchteten sei eine davon. Deshalb die Aktionspackung Windeln für eine junge Mutter mit Geldsorgen.
Gut gemeint. Doch die Aargauer Gemeinde Meisterschwanden verrechnet eine solche Spende als Einnahme und will sie vom Unterstützungsgeld der jungen Mutter abziehen. Das wirkt kleinlich, ist aber rechtens.
Spenden werden tatsächlich als Einnahmen verrechnet. Das gilt für Geflüchtete wie auch für Sozialhilfebezüger . Vor allem dann, wenn die Spenden eine Leistung abdecken, die im Unterstützungsgeld mit einberechnet ist. Im Kanton Aargau bekommen Schutzbedürftige mit Babys extra Geld für Windeln. Erhält eine Geflüchtete Windeln geschenkt, hat die Gemeinde also das Recht, das Geld von ihr zurückzuverlangen.
Das Budget der jungen Mutter ist eng. Der Kanton Aargau unterstützt Schutzsuchende wie sie mit knapp 10 Franken pro Tag. Im Kanton Zug erhalten Geflüchtete mit Status S 15 Franken, im Kanton Basel-Stadt sogar Fr. 19.80.
Die Gemeinde Meisterschwanden, eine der reichsten und steuergünstigsten des Kantons, schreibt dem Beobachter, dass der jungen Mutter letztlich trotzdem das volle Unterstützungsgeld überwiesen worden sei. Sie sei aber darauf hingewiesen worden, dass solche Spenden beim nächsten Mal verrechnet werden.
3 Kommentare
Wenn der Amtsschimmel in die Windeln wiehert!
Was rechtens ist, ist noch lange nicht ethisch moralisch richtig! Dies ist ein Beispiel von vielen, wie immens kleinlich gewisse Sozialämter zuweilen sind! Zudem finde ich es sowieso sehr stossend, dass einerseits die „Regeln“ in jeder Gemeinde der Schweiz anders sind (oft sogar in der Nachbarsgemeinde!)! Dieser Kantönligeist sollte im Sozialwesen schleunigst und endlich abgeschafft werden! Anderseits finde ich ebenso stossend, dass man immer und immer wieder auf dem Buckel der Ärmsten spart, dies ganz allgemein, Regeln hin oder her! Ein neues Gesetz für die Sozialhilfe muss dringend her, EINES, das gesamtschweizerisch Gültigkeit hat!
Bin gleicher Meinung