Alle sind sie da, wie jeden Morgen kurz vor acht, und warten auf den Bus in die Stadt. Aber kaum jemand ist präsent im Hier und Jetzt, sondern nur Gestalt – eine Form aus Fleisch und Blut. Fast alle Augen sind auf ein Handy gerichtet. Auf diese Einladung zur vermeintlichen Teilnahme an der ganzen Welt, von der es auf diesem kleinen Gerät so viel zu sehen und doch so wenig wirklich zu erfahren, sinnlich mitzuerleben gibt.

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Ein Kontakt zum unmittelbaren Geschehen, zum physischen Raum, eine Wahrnehmung der Regungen und Bewegungen rund um die Wartenden herum findet nur gelegentlich statt. Viele Ohren sind durch Stöpsel hermetisch abgedichtet.

Wenn der Bus einfährt, genügt ein knapper Blick über den Bildschirm Bildschirmarbeit 7 Übungen gegen eckige Augen hinweg, damit man im Falle eines Anrufs auf die Frage «Wo bist du?» wenigstens der Form halber antworten kann. Auch wenn der Anrufer nie erfahren wird, wo man gerade wirklich steckt.

Die vorbeiziehenden Häuser, die Mitreisenden, die junge Mutter, die auch auf eine Frage ihres Kindes nicht vom Handy aufzublicken wagt; alles nur Kulisse, durch die wir uns bewegen. Die Entscheidung, sich auf etwas einzulassen, findet kaum mehr bewusst statt, sondern lediglich deshalb, weil die Möglichkeit dazu gerade vorhanden ist, beziehungsweise auf Fingertipp aufleuchtet.
 

Ein Sklavendasein

Man kann argumentieren, wir hätten ja die freie Wahl. Wir könnten unsere digitalen Helfer jederzeit ausschalten. Doch das stimmt nur begrenzt. Die Welt funktioniert heute weitgehend dank dieser technischen Möglichkeiten. Das Handy ist Voraussetzung geworden, um vielerlei Dinge überhaupt noch erledigen zu können.

So sind wir – ohne es zu realisieren – Sklaven des Smartphones geworden. Nicht weil wir das wollten, sondern weil das Handy die Welt so verändert hat, dass wir kaum mehr darauf verzichten können.

Die Geräte und die darüber vermittelten Botschaften haben die Oberhand über unser Leben gewonnen und über unsere Entscheidungen. Denn die kleinen Regenten fordern dauernde Aufmerksamkeit. Die Folgen sind überall zu beobachten. Wo immer ein Handy in einer Gesprächsrunde auf dem Tisch liegt, mutieren alle zu jungen Eltern, die immer mit einem Auge auf ihr Baby schauen, das jederzeit aufwachen könnte.
 

Wie Touristen auf Dauerreise

Doch wenn das Handy sich bemerkbar macht, reisst es uns, anders als ein Baby, komplett aus dem Geschehen. Es holt uns weg in eine andere Welt, an der wir angeblich teilhaben, in die wir uns scheinbar einbringen können. Doch weil wir nur virtuell anreisen, läuft das Geschehen dort ebenso ohne uns ab wie nun auch am Gesprächstisch, von dem wir uns via Handy verabschiedet haben. So sind wir alle Touristen auf Dauerreise, um irgendwo mitzuwirken, ohne wirklich dabei zu sein.

Weil wir aber nirgends mehr richtig sind, nimmt unser eigener Gestaltungsraum ab. Die reale Welt um uns herum nehmen wir kaum noch wahr. Schon gar nicht fühlen wir uns verantwortlich dafür. Wir nutzen die unmittelbare Umgebung nur noch als Offerte zur Selbstbedienung und Bedürfnisbefriedigung . Und zur Entsorgung dessen, was wir gerade nicht mehr brauchen. Der oft achtlose Umgang mit unserer nächsten Umwelt ist nur das augenfälligste Zeichen dafür.

Am Leben teilzunehmen, erfordert aber unsere ganze Präsenz. Nur wo wir wirklich da sind, können wir auch Einfluss nehmen. Solange wir nur am Handy kleben Kinder und Internet Wie sollen Eltern das Surfen regeln? , sind wir nicht prägender Teil der Welt, sondern gleichsam Ware, über die verfügt wird.

Es ist höchste Zeit, uns selber ein Update für mehr Achtsamkeit Achtsamkeit Wie Sie die innere Ruhe finden können zu verordnen.
 

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Dominique Strebel, Chefredaktor
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