Selbst isst der Mann
In seiner Firma legt Ivan Levy Wert auf präzise Mitarbeit. Zu Hause in London kocht der Chef von «The Body Shop Switzerland» indisch - nach Vorgaben seiner Gattin.
Veröffentlicht am 28. Dezember 2006 - 14:26 Uhr
Nach dem Besuch in Anton Mosimanns Diner-Club (siehe Artikel zum Thema «Kochen mit Anton Mosimann: Feine englische Art») packe ich die Gelegenheit beim Schopf und besuche in London einen weiteren Schweizer: den Chef des Kosmetikunternehmens «The Body Shop Switzerland». Seit Ivan Levy vor ein paar Jahren vorübergehend Mitglied der Konzernleitung war, hat er sich in England niedergelassen und ist nun pausenlos zwischen Zürich und London unterwegs.
Ivan Levys Frau Sheela stammt aus Indien. Ihr verdanken wir das heutige Menü, das höchste Anforderungen punkto Gewürzkenntnisse stellt. Vor 20 Jahren hätte es bei Ivan Levy eher Bratwurst mit Rösti gegeben. Nach dem Kochunterricht in der Schule in Herrliberg - «Wir waren die ersten Buben und haben uns richtig gefreut» - hatte er nämlich ausschliesslich Schweizer Kost im Repertoire.
Die Küche als Familientradition
Umgekehrt konnte Sheela Levy gar nicht kochen, weil sie in einem Haushalt mit Bediensteten aufwuchs. Da sie aber nur ungern fremde Speisen isst, musste sie es doch lernen. Seither trifft man ihren Ehemann nur noch selten in der Küche an. Heute wird er es wieder einmal versuchen. Er bekommt den Auftrag, die Crevetten zuzubereiten.
Levys leben an bester Adresse, südlich des Hyde Park Corners, in einer geräumigen Stadtwohnung. Bilder, Möbel, Lampen und Skulpturen verraten die Leidenschaft der Besitzer für Kunst. Wir arbeiten in der Wohnküche, wo wir gemäss Familientradition auch essen werden. Ivan Levy erinnert sich: «Unter der Woche sassen wir in der Küche zusammen, am Wochenende im Esszimmer.»
«The Body Shop» legt seit seiner Gründung im Jahre 1976 (seit 1983 in der Schweiz) Wert auf ökologische Produkte und fairen Handel, setzt sich für Umweltschutz und Menschenrechte ein und lehnt Tierversuche kategorisch ab. Zurzeit engagiert sich das Unternehmen, dessen Hauptaktionär mittlerweile der Kosmetikgigant L'Oréal ist, in weltweiten Kampagnen gegen häusliche Gewalt. Letztes Jahr ist man eine Partnerschaft mit dem Kinderschutz Schweiz eingegangen.
Der Chef von «The Body Shop Switzerland» erzählt von seinem Alltag zwischen London und Zürich. Levy will seinen Angestellten gewähren, was er auch für sich selber beansprucht: viel Freiraum. Sie sollen selbstständig arbeiten und Verantwortung übernehmen. «Wichtig ist mir dabei, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter persönliches Engagement mitbringen und präzise arbeiten. Nichts bringt mich mehr auf die Palme als Nachlässigkeit.»
Unsere Selbstständigkeit am Herd hält sich allerdings in Grenzen. Nur dank Sheela Levys kontinuierlicher Unterweisung finden wir uns im komplexen Ablauf des indischen Zaubergerichts zurecht. Die exotischen Gewürze entdeckt man heutzutage in den meisten Schweizer Spezialitätenläden. Was es aber in den Läden nicht zu kaufen gibt, ist die Vorspeise: «Pani Puri» sind kleine Häppchen, wie sie in Neu-Delhi auf der Strasse angeboten werden. Wer die frittierten Teigballons selber herstellen möchte, besuche am besten einen entsprechenden Kochkurs. Fertig gebacken, sehen sie ähnlich aus wie aufgeblasene Pommes Chips, die man in diverse Saucen tunkt.
Für den 49-jährigen Ivan Levy ist es nicht aussergewöhnlich, sich von der Fachfrau anleiten zu lassen. Ob in der Küche oder im Business, es gelten ähnliche Gesetzmässigkeiten: «Die Manager müssten sich öfters ein Bild von der Situation an der Front machen. Dann wüssten sie nämlich, was sie mit ihren Entscheiden in den Teppichetagen anrichten.»
Sheelas Führungsstil ist kommunikativ, lässt uns aber wenig Spielraum. Sie kontrolliert streng, greift ein und treibt den Kochprozess aktiv voran. Beim Benennen der Gewürze gibt es zwischendurch Übersetzungsprobleme.
Wir servieren die indischen Köstlichkeiten zu einem Gugelhupf aus Reis, den Sheela - beiläufig und quasi hinter unseren Rücken - im Reiskocher zubereitet hat. Das Nachtessen schmeckt exotisch frisch und lässt eine feine Schärfe nachklingen. Zusammen mit den farbigen Ölgemälden entsteht ein buntes Gesamtkunstwerk für Augen und Gaumen.