Die Zeiten, als sie mit Gölä unterwegs waren und exklusive Köstlichkeiten wie Sushi in die Garderobe geliefert bekamen, sind vorbei. Sängerin Sandee steht heute musikalisch auf eigenen Beinen und bäckt vorerst kleinere Brötchen. Doch ihr Debütalbum «Irgendwenn, irgendwo», das sie mit ihrem Freund, Schlagzeuger Urs Frei, produziert hat, beweist, dass Erfolg auch ohne den Berner Büezerrocker möglich ist. Mit 20000 verkauften Exemplaren hat die CD bereits Goldstatus erreicht.

Sandee und Urs haben eingekauft und den Briefkasten geleert. Sie haben ein Paket von ihrem Freund Manolis aus Kreta erwartet. Dieser hat ihnen eine Büchse gefüllte Weinblätter – Dolmades – geschickt, die zum heutigen griechischen Menü serviert werden. Urs will Hackfleischbällchen machen. Sandee kümmert sich um den Salat. «Abwaschen kann ich übrigens auch», meint sie und kokettiert damit, dass die Küche nicht ihre Hauptbühne ist.

Lieber singen als kochen


Man könnte denken, dass die Tochter eines Hoteliers, der im eigenen Betrieb Küchenchef war, vom Kochhandwerk etwas mitbekommen hätte. Nicht so Sandee. «Wir haben zwar mit den Angestellten gegessen. Aber kochen gelernt habe ich nicht.» Das familieneigene Hotel steht in Wimmis im Berner Oberland und wird vielleicht bald von Sandees Schwester Barbara übernommen, die ebenfalls bei Gölä als Backgroundsängerin auf der Bühne stand.

Wir arbeiten uns durch die Kartoffeln und hören eine alte CD von Sandee an, die sie mit «Timeless», der ersten eigenen Band, eingespielt hat. Das war vor acht Jahren, als sie knapp 20 war. Auch wenn die Sängerin erst heute einem breiteren Publikum bekannt wird, eines muss man ihr lassen: Sandee wollte schon immer singen und ist konsequent ihren Weg gegangen. Bereits mit zehn Jahren hat sie erste eigene Lieder geschrieben, auf Berndeutsch, weil sie noch kein Englisch konnte.

Beide ziehts in die Ferne


Urs knetet das Hackfleisch und wird dabei aufmerksam von den Hunden Kyra und Pepi beobachtet. Könnte ja sein, dass etwas für die beiden abfällt. Man muss wachsam sein, wenn man nicht riskieren will, dass sie sich ans Fleisch heranmachen. Als Urs und Sandee einmal Pouletschenkel vorbereiteten und einen Moment unaufmerksam waren, fehlte plötzlich ein Hühnerbein. Durch unauffälliges Beobachten fanden sie heraus, welcher der beiden Mischlinge der Übeltäter war. Die Detektivarbeit kostete sie aber einen weiteren Pouletschenkel.

Am Kühlschrank hängt eine Weltkarte. Urs und Sandee haben darauf eingezeichnet, welche Länder sie schon bereist haben, vom Senegal bis zu den Fidschi-Inseln. «Wenn wir schon mal ein bisschen Erfolg haben», sagt Sandee, «geben wir das Geld lieber für Reisen aus als für eine teure Wohnung.» Trotzdem haben sie den Boden unter den Füssen nicht verloren und gehen neben der Musik einer weiteren Arbeit nach, er als T-Shirt-Drucker, sie als Mitarbeiterin eines Unternehmensberaters.

Urs und Sandee wohnen in einem Zweifamilienhaus in der Nähe von Bern. Auswärts essen sie am liebsten beim Inder ganz in der Nähe. Im Land selber waren sie zwar noch nie, aber das beste Essen, das sie je hatten, sei ein indisches gewesen. Sie hätten es auf den Seychellen vorgesetzt bekommen. Urs erzählt, er habe damals «fasch afa gränne» vor Freude.

Sandee wird diesen Sommer zusammen mit Urs und der Band an Open Airs auftreten. Brienz, Thun, Gampel: Immer wieder weg von zu Hause, in improvisierten Garderoben mit Snacks und Sandwiches. Wie kommen sie mit dieser Verpflegung klar? Ganz einfach für Sandee: «Ich esse fast nichts, wenn ich auftrete. Mit vollem Bauch kann ich nicht gut singen.»

Wenn Sandee zu Bürozeiten arbeitet, ist ihre Ernährung fast so unregelmässig wie an Konzerttagen. Morgens geht sie ohne Frühstück zur Arbeit. Erst in der Znünipause gibts die erste Tasse Kaffee mit viel Milch. Zum Mittagessen: wieder nichts. «Nicht dass die Leute denken, ich sei magersüchtig», sagt sie, «aber wenn ich beschäftigt bin, vergesse ich manchmal zu essen. Nicht so, wenn ich zu Hause sitze und nichts zu tun habe. Dann futtere ich und nehme zu.»

Die Hackfleischbällchen sind bereit und müssen nur noch gebraten werden. Urs probiert schon mal eines im Rohzustand und stellt als Nächstes den CD-Player ab, denn «unsere alten Sachen kann ich nicht mehr hören».

Wie stehts denn mit der Eifersucht? Hat Urs keine Probleme damit, dass seine Partnerin im Rampenlicht steht, während er hinten am Schlagzeug Knochenarbeit leistet? «Nein», sagt er, «ich bin lieber im Hintergrund tätig und überlege mir, welche Strategie wir verfolgen sollen.» Es gibt aber Beispiele von ehemaligen Schlagzeugern, die Sänger wurden, weil sie es leid waren, den Hintern des Sängers anzuschauen, Phil Collins oder Polo Hofer beispielsweise. «Das wird mir nie passieren», meint Urs Frei. «Bei uns singt ja meine Frau!»

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Quelle: Alexander Jaquemet