Jeder zweite Schüler und jede zweite Schülerin schwänzt gelegentlich die Schule. Mehr als 20 Prozent tun dies sogar relativ häufig, und knapp sechs Prozent sind massive Schulschwänzer - sie haben allein in den letzten sechs Monaten mehr als fünf Halbtage blaugemacht. Zu diesem Resultat kommt die Studie «Schulabsentismus in der Schweiz - ein Phänomen und seine Folgen» der Uni Freiburg aus dem Jahr 2007. Die Zahlen dürften sich in der Zwischenzeit nicht wesentlich geändert haben.

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Aussagen macht die Untersuchung auch zur Motivation für das Fernbleiben. So begründeten 64 Prozent das Schwänzen damit, dass sie einfach keine Lust auf Schule hätten. 42 Prozent wollten lieber ausschlafen, und 40 Prozent gaben an, der Unterricht langweile sie.

Ein Kind, das mal absichtlich in der Schule fehlt, gibt noch keinen Anlass zur Sorge. Bloss sollten die Erwachsenen dieses Verhalten nicht einfach so hinnehmen. Denn es besteht die Gefahr, dass das Schwänzen zur Gewohnheit wird und sich das Kind immer mehr in Probleme verstrickt.

Dann beginnt ein Teufelskreis: Wegen des verpassten Schulstoffs kommt das Kind nicht mehr mit und schreibt ungenügende Noten. Ein schlechtes Gewissen macht sich breit. Um dem Druck der Noten und den Blicken der Lehrerin zu entgehen, schwänzt es weiter. So ist auf einmal die Versetzung gefährdet, die dürftige Schulleistung beeinträchtigt die Chancen bei der Suche nach einer Lehrstelle, und, und, und.

Doch so weit muss es nicht kommen: Wenn Eltern die Antworten auf folgende Fragen kennen, sind sie gerüstet, um den Ernst der Lage frühzeitig zu erkennen und richtig zu reagieren:

Was ist unter den Begriffen «Schulschwänzen», «Schulabsentismus» und «Schulverweigerung» zu verstehen?

  • «Schulabsentismus» ist der Oberbegriff für das Fernbleiben vom Unterricht ohne rechtlich relevanten Grund.

  • Unter «Schulschwänzen» versteht man das vereinzelte Fehlen im Unterricht. Dies kann ein in der Pubertät typischer, aber harmloser Regelverstoss sein.

  • Von «Schulverweigerung» spricht man, wenn Kinder oder Jugendliche über eine längere Zeitspanne nicht in der Schule erscheinen und die Eltern davon wissen. In solchen Fällen drängt es sich auf, genauer hinzuschauen. Oft befinden sich solche Schülerinnen und Schüler in Situationen, aus denen sie alleine nicht mehr herausfinden können.

Wie können Sie merken, dass Ihr Kind die Schule schwänzt? Bei welchen Anzeichen sollten Sie aufmerksam werden?

  • Die Tochter oder der Sohn erzählt nichts mehr von der Schule.

  • Das Kind bringt keine Arbeiten oder Mitteilungen aus der Schule mehr nach Hause.

  • Am Morgen trödelt das Kind immer mehr, bis es endlich in die Schule aufbricht.

  • Es beklagt sich häufig über Kopf- oder Bauchschmerzen.

  • Wenn Sie Ihren Spross nach der Schule fragen, bekommen Sie keine Antworten.

  • Vielleicht trauen Sie sich schon gar nicht mehr, Fragen zur Schule zu stellen.

  • Ihr Sohn oder Ihre Tochter ist in der Schule ein Aussenseiter.

  • Er oder sie ist in einer Clique, in der andere regelmässig den Unterricht schwänzen.

Wie sollen Sie reagieren, wenn Sie erfahren, dass Ihr Kind blaumacht?

Am wichtigsten ist, dass Sie nicht einfach wegsehen, sondern das Kind sofort darauf ansprechen. Allerdings sollten Sie nicht unüberlegt reagieren und eine drakonische Strafe verhängen.

Besser ist es, wenn Sie erst einmal tief durchatmen und an Ihre eigene Schulzeit zurückdenken. Sodann sollten Sie sich Klarheit über die konkrete Situation verschaffen.

Am besten fragen Sie dazu in der Schule nach, ob und wann der Abkömmling fehlt. Unbedingt sollte das Kind am nächsten Tag wieder zur Schule gehen und den versäumten Stoff sowie die Hausaufgaben nacharbeiten.

Müssen Sie mit Konsequenzen rechnen, wenn Ihr Kind regelmässig dem Unterricht fernbleibt?

Ja. Die Kantone sehen in ihren Schulgesetzen vor, dass Eltern, die ihr Kind die Schule schwänzen lassen, gebüsst werden können - in einigen Kantonen mit bis zu 5000 Franken.

Welche Kinder sind am meisten gefährdet?

  • Schülerinnen und Schüler, die Kleinklassen oder sogenannte Schultypen mit Grundansprüchen - Realschule, Oberschule, Sekundarschule B - besuchen, schlechte Noten haben und schon Klassen wiederholen mussten.

  • Ebenso solche, die aus Familien mit bildungsfernem Hintergrund stammen oder Stress zu Hause oder in der Familie generell haben.

  • Aber auch Schüler, die Probleme mit der Lehrerin haben, sowie solche, die in der Schule unterfordert sind, tendieren eher dazu zu schwänzen.

Was können Sie tun, damit aus dem Schwänzen nicht Schulverweigerung wird?

  • Führen Sie mit Ihrem Kind ein ernsthaftes Gespräch in einer ruhigen Atmosphäre und nehmen Sie sich Zeit dafür. Sowohl Mutter als auch Vater sollten daran teilnehmen.

  • Wichtig ist, dass Sie im Gespräch keine Warum-Fragen stellen; damit lösen Sie bloss Abwehr aus.

  • Ergründen Sie zusammen mit dem Kind die Motive fürs Schwänzen.

  • Dozieren Sie nicht von oben herab; das Kind soll spüren, dass es wahr- und ernst genommen wird, dass die Eltern präsent sind, aber auch, dass Schwänzen klar nicht toleriert wird.

  • Hinterfragen Sie sich auch, ob es Probleme in der Familie gibt.

  • Sprechen Sie mögliche Ängste Ihrer Tochter oder Ihres Sohnes an.

  • Versuchen Sie, für Ihr Kind wie auch für die Schule erreichbar zu sein, damit Sie schnell reagieren können, wenn Ihr Sprössling wieder blaumacht.

  • Ziehen Sie mit der Schule am selben Strick: Sprechen Sie mit der Lehrperson darüber, wie es Ihrem Kind in der Schule geht und wo Probleme geortet werden.

  • Oft sind unrealistische Erwartungen der Eltern über die Leistungen ihres Sohnes oder ihrer Tochter der Grund fürs Schwänzen.

  • Stehen Ängste im Vordergrund, ist es wichtig, dass Sie professionelle Hilfe - Kinderärztin, Psychotherapeut oder Erziehungsberatungsstelle - einholen.

Warum schwänzen Schüler?

Als häufigste Gründe für das Schulschwänzen geben Kinder und Jugendliche an:

  • Keine Lust auf Schule: 64%
  • Lieber ausschlafen: 42%
  • Langweiliger Unterricht: 40%


Als weitere Gründe werden genannt:

  • Prüfung umgehen
  • Mit der Lehrperson nicht zurechtkommen
  • Prüfungsvorbereitung
  • Mehr Zeit für die Hausaufgaben
  • Mitschüler tun es auch

Quelle: «Schulabsentismus in der Schweiz - ein Phänomen und seine Folgen», eine vom Schweizerischen Nationalfonds unterstützte Studie von Margrit Stamm, Professorin für berufs- und sozialpädagogische Aspekte des Jugendalters an der Universität Freiburg