Nach einer Operation verschlechterte sich der Zustand von Sandra Meiers Hund mitten in der Nacht drastisch. Das Tier brauchte dringend Hilfe – doch das erwies sich als unerwartet kompliziert. «Es war Sonntagnacht, und entsprechend hatte kein Tierarzt mehr offen», erzählt Sandra Meier, die in Wirklichkeit anders heisst. Sie kontaktierte die Tierklinik in Bern, die ihr eine lokale Notrufnummer für Tiernotfälle gab – eine 0900-Nummer für das Oberwallis.

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«Ich glaube nicht, dass unser Hund wegen der gesperrten Nummern gestorben ist. Doch das Ganze kostete wertvolle Zeit.»

Sandra Meier (Name geändert)

0900-Nummern sind kostenpflichtig und fallen unter die Kategorie «Mehrwertdienstnummer». Es sind zwar keine offiziellen Notrufnummern, doch sie werden auch von Stellen verwendet, die auf medizinische Notfälle spezialisiert sind.

Das Problem mit den 0900-Nummern

«Ich versuchte, dort anzurufen. Doch das ging nicht, die Nummer war für mich gesperrt», sagt Meier. Auch ihr Mann konnte die Nummer nicht erreichen. Später stellte sich heraus, dass das an ihren Swisscom-Abos lag, die über den Arbeitgeber laufen.

«Ich bezahle mein Abo selbst, doch es läuft über einen Kollektivvertrag des Arbeitgebers», erklärt Meier. Obwohl sie die Kosten selbst trägt, kann Swisscom die Nummern nicht für sie entsperren.

Dahinter steckt das Geldwäschereigesetz 

Grund für die Sperrung der 0900-Nummern für Geschäftskunden ist ein Leitentscheid des Bundesgerichts aus dem Jahr 2020. Das höchste Gericht entschied, dass das Bezahlen von Dienstleistungen – etwa der damals noch übliche Kauf von Busbilletten – über 0900-Nummern nicht vom Geldwäschereigesetz ausgenommen ist.

Der erlaubte Schwellenwert pro Kunde liegt seither bei maximal 5000 Franken pro Jahr. Bei Kunden mit vielen Arbeitnehmern wäre diese Schwelle mit nur wenigen Anrufen pro Mitarbeiter schnell erreicht – deshalb liessen die Mobilfunkanbieter die Nummern für ihre Geschäftskunden generell sperren.

Nummern bleiben gesperrt

Der Beobachter berichtete bereits damals darüber, dass dadurch auch wichtige Nummern nicht erreicht werden können. Die Swisscom stellte eine Lösung in Aussicht, doch die gibt es bis heute nicht. «Grosskunden werden wir voraussichtlich fallweise in diesem Jahr entsperren können», schreibt die Swisscom auf Anfrage des Beobachters. Das gelte aber nur für Geschäftskunden, die nicht zu viele Anschlüsse besitzen, so dass das Limit von 5000 Franken eingehalten werden kann.

Auch bei Salt und Sunrise heisst es, die kostenpflichtigen 0900-Nummern für Geschäftskunden seien weiterhin gesperrt. Konkrete Zahlen, wie viele Personen von dieser Sperrung betroffen sind, will keiner der Anbieter preisgeben. Sie weisen jedoch darauf hin, dass man im Notfall stets die offiziellen Notrufnummern von Ambulanz oder Polizei verwenden sollte.

Mobiltelefon von anderen benutzen

Für Menschen mag das im Notfall zutreffen, aber wohin wendet man sich mit Tieren? Eine offizielle Tier-Notrufnummer gibt es in der Schweiz nicht. «Mitten in der Nacht will man auch nicht die Nachbarn stören und fragen, ob man ihr Handy benutzen kann», sagt Sandra Meier.

Die Betreiber der Notrufnummer im Oberwallis kennen das Problem. Sie schreiben dem Beobachter, dass in solchen Fällen die einzige Lösung darin besteht, jemanden aus dem Bekanntenkreis anrufen zu lassen. Oder es über das Festnetz zu versuchen. Andere Anbieter wie das Kinderspital Zürich bieten mittlerweile eine separate Nummer für Geschäftskunden an.

Über drei Ecken klappt es 

Über Umwege gelang es Meier schliesslich, die Notfallnummer zu erreichen. Sie rief erneut bei der Tierklinik in Bern an, die wiederum die Nummer im Wallis kontaktieren konnte. «Über drei Ecken haben wir dann die Situation geschildert. Das war sehr kompliziert», so Meier.

Tragischerweise überlebte der Hund die Nacht nicht. «Ich glaube nicht, dass er wegen der gesperrten Nummern gestorben ist. Doch das Ganze war sehr mühsam und kostete wertvolle Zeit», sagt Meier. Sie kann immer noch nicht nachvollziehen, wieso Nummern gesperrt sind, die auch von Notfallstellen verwendet werden.

Quellen
  • Urteil des Bundesgerichts: Nummer 2C_488/2018
  • Medienauskünfte: Salt, Sunrise, Swisscom, Kleintierpraxis Werlen