Sie glaubt, er schmeisse sein Geld zum Fenster raus. Er hält sie für geizig. Dabei hatte ihre Beziehung so romantisch begonnen. Die beiden sind erst seit ein paar Wochen verliebt, als sie von Lausanne zu ihm nach Basel zieht. Sie kündigt ihren Job, findet in Basel aber lange nur Teilzeitstellen und kann die hohen Lebenshaltungskosten kaum mehr stemmen. Er verdient gut und übernimmt deshalb die volle Miete.

Das geht eine Weile gut. Doch nach drei Jahren kriselt die Beziehung. Plötzlich ist Geld ein Thema. Sie lebt sparsam und erträgt es nicht, dass er scheinbar sinnlose Sachen kauft. Er fühlt sich zurechtgewiesen und verlangt, dass sie sich stärker an den gemeinsamen Ausgaben beteiligt. Wenn sie streiten, gehts immer öfter um Geld.

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Wie Thomas und Fabienne gehe es vielen Paaren, sagt Paartherapeut Guy Bodenmann. «In Paartherapien ist Geld das zweithäufigste Konfliktthema, gleich nach Eifersucht.» Dafür gibt es zwei Gründe: Über Geld reden will geübt sein, und das Verhältnis, das man dazu hat, muss in jeder Beziehung Thema sein.

Lektion 1: Über Geld reden

Nicht über Geld reden zu können, sei ein klassisches Schweizer Problem, sagt Psychologin Caroline Fux. «Bei uns gilt es als unhöflich oder unpassend, über Geld zu sprechen. Gerade in Beziehungen ist es tabu, darüber zu diskutieren.» Zudem sei Geld für viele Menschen ein sehr emotionales Thema, das schnell zu Meinungsverschiedenheiten führe. Die meisten hätten Angst, kritisiert oder sogar verlassen zu werden, wenn sie darüber reden. Darum würden sie das Thema meiden, so Fux.

Genau das führe früher oder später ins Verderben, sagt Guy Bodenmann. Man müsse sich Konflikte wie ein Fliessgewässer vorstellen. «Einen Bach kann man noch leicht kanalisieren. Aber wenn man nichts tut, wird er zu einem Fluss und schliesslich zu einem reissenden Strom, der nicht mehr kontrollierbar ist. Es lohnt sich daher, Dinge rechtzeitig anzusprechen.»

Wie stehts mit dem Rollenbild?

Infografik Rollenbilder in Bezug auf Geld. Geld und Liebe passen nicht zusammen? Wer das glaubt, riskiert viel. Zeit für zwei Lektionen.
Quelle: BFS | Infografik: Anne Seeger

Fabienne und Thomas sind im Modus Fluss. Bei jeder Diskussion zum Thema Geld geraten sie in Streit. Bodenmann rät, nach solchen Verletzungen Reparaturgespräche zu führen. Natürlich sei es besser, über Konflikte zu reden, wenn man nicht aufgebracht sei. Aber lieber den Konflikt überhaupt auf den Tisch bringen, als ihn unter den Teppich zu kehren. Nur so könne man sich aussprechen. Dabei muss man einige Spielregeln beachten.

Wichtig ist, Charakterzuschreibungen möglichst zu vermeiden. Bodenmann sagt es so: «Wenn wir der anderen Person negative Eigenschaften vorwerfen – etwa dass sie verschwenderisch sei –, fühlt sie sich angegriffen und abgewertet oder in Frage gestellt. Das verunmöglicht konstruktive Konfliktlösungen.» Besser sei es, die Verhaltensweisen anzusprechen, die einen stören. Hilfreich sind Ich-Aussagen: «Es stört mich, dass du für dieses Produkt so viel gezahlt hast. Woanders hätte man es günstiger kaufen können. Ich wäre beim Kaufentscheid gern einbezogen worden.»

Unterschiedlicher Umgang

Entscheidend sei, dass sich beide Partner auf Augenhöhe begegnen. «Auch wenn einer viel mehr verdient, sollten beide bei Ausgaben mitreden können, sonst entsteht ein Ungleichgewicht.» Wichtig sei vor allem, zu akzeptieren, dass die Partnerin oder der Partner zum Umgang mit Geld möglicherweise andere Vorstellungen habe als man selber.

Damit tun sich viele schwer. Das beobachtet Psychologin Caroline Fux immer wieder: «In einer Partnerschaft gehen viele davon aus, dass beide die gleiche Einstellung zu Geld haben.» Dabei müsse man sich erst einmal fragen, was Geld für einen selbst bedeutet. Ein Blick in die Vergangenheit könne helfen.

Wer beim Einkaufen das Sagen hat

Infografik zum Einkaufen für den Haushalt in einer Beziehung. Geld und Liebe passen nicht zusammen? Wer das glaubt, riskiert viel. Zeit für zwei Lektionen.
Quelle: BFS | Infografik: Anne Seeger

Fabiennes Eltern mussten jeden Franken zweimal umdrehen, bevor sie ihn ausgaben. Auch sie hatte kaum Geld, während ihres Studiums kam sie nur knapp über die Runden. Thomas hingegen kommt aus einem wohlhabenden Haus. Geld war nie ein Thema. Fux sagt: «Manche Menschen leben sparsam, um sich sicher zu fühlen. Andere sehen Geld eher als Mittel, um sich frei zu fühlen.» Es sei wichtig, aufeinander zuzugehen, Kompromisse zu finden und sich auf einen Modus zu einigen, mit dem beide einverstanden sind.

Oft sei das hilfreich. Manchmal aber würden die Partner merken, dass sie nicht zusammenpassen. «Die eine liebt Kakteen, der andere Blumen. Das ist meist kein grosses Problem. Wenn aber jemand Kinder möchte und der andere nicht, werden Konflikte oft unüberbrückbar», sagt Bodenmann. Seien die Unterschiede bei Bedürfnissen, Wertvorstellungen und Zielen zu gross, werde es schwierig. «Es stellt sich die Frage, ob es sinnvoll ist, die Beziehung weiterzuführen.»

Lektion 2: Geld rational betrachten

Thomas und Fabienne gehen zu einem Paartherapeuten. Sie lernen, über Geld und ihre unterschiedlichen Vorstellungen zu sprechen. Ihre Beziehung nimmt wieder Fahrt auf. Fabienne findet einen Job als Projektmanagerin. Dem Paar geht es gut, sie wird schwanger. Beide freuen sich auf das Kind, doch sie befürchtet, ihre Karriere aufs Spiel zu setzen.

Mutter werden ist für Frauen ein grosses finanzielles Risiko. Sie pausieren im Schnitt fünf Jahre, bevor sie wieder in den Beruf einsteigen. Die meisten arbeiten danach Teilzeit. Anders die Väter, mehr als 80 Prozent von ihnen haben einen Vollzeitjob. Für Guy Bodenmann ist das auch aus paartherapeutischer Sicht problematisch.

Bezahlte Arbeit: Vollzeit für Väter, Teilzeit für Mütter

Infografik zum Arbeitspensum von Frauen und Männern im Vergleich. Geld und Liebe passen nicht zusammen? Wer das glaubt, riskiert viel. Zeit für zwei Lektionen.
Quelle: BFS | Infografik: Anne Seeger

«Nach der Geburt von Kindern leben Paare oft das traditionelle Rollenmodell. Die Frau betreut die Kinder und führt den Haushalt, der Mann ist der Ernährer.» Bei dieser klassischen Rollenverteilung erführen vor allem die Männer gesellschaftliche und finanzielle Wertschätzung. Und das, obwohl die Arbeit im Haushalt oder mit den Kindern genauso anstrengend sei. «Es ist wichtig, dass das Paar eine Rollenverteilung findet, die für beide fair und stimmig ist.»

Fataler Einkommensunterschied

Bodenmann rät deshalb, Haus- und Erwerbsarbeit als gleichwertig zu betrachten. «Beide sollten erkennen, dass sie gleichermassen in die Beziehung investieren. Da die gesellschaftlichen Strukturen wenig Hilfe bieten, muss das Paar die Ungleichheiten selbst regulieren.»

Konfliktherd Hausarbeit

Infografik zur Aufteilung von Hausarbeiten. Geld und Liebe passen nicht zusammen? Wer das glaubt, riskiert viel. Zeit für zwei Lektionen.
Quelle: BFS | Infografik: Anne Seeger

Es sei wünschenswert, dass es nicht automatisch die Frau sei, die weniger verdiene. Falls Thomas zum Hauptverdiener werde, solle er Fabienne mit einem angemessenen Geldbetrag zeigen, wie sehr er es schätze, dass sie sich um die Familie kümmere. Trotzdem bleibe ein Einkommensunterschied, und dieser könne sich im Alter rächen.

Budgetberaterin Andrea Schmid erlebt oft, dass sich Paare wenig Gedanken über ihre finanzielle Zukunft machen. Wenn Frauen in die Beratung kommen, arbeiten sie oft schon seit Jahren in tiefen Pensen und haben nun eine berechtigte Angst vor Altersarmut. «Schon ohne Kinder reduzieren viele Frauen in Partnerschaften ihr Pensum auf 80 Prozent und führen den Haushalt – später reduzieren sie noch mehr.»

Das bedeutet, dass sie weniger in das Rentensystem einzahlen und deshalb im Alter eine tiefere Rente erhalten werden. In der ersten Säule, der AHV, spielt das meist keine so grosse Rolle, in der zweiten Säule aber, der Pensionskasse, wirkt sich Teilzeitarbeit direkt auf die Rente aus. Kommt hinzu, dass Männer oft auch deutlich mehr in die dritte Säule einzahlen als Frauen.

Beziehung vom Ende her denken

Damit den Frauen im Alter nicht Armut drohe, sei es wichtig, dass sie ihre finanzielle Vorsorge selbst in die Hand nehmen, sagt Schmid. Zum Beispiel indem sie einen Teil ihrer Ersparnisse langfristig anlegen und für die Hausarbeit von ihrem Partner bezahlt werden. Das gelte auch für Ehepaare. In der Schweiz werden 40 Prozent aller Ehen geschieden.

Zwar wird das während der Ehe angesparte Vermögen inklusive Vorsorgegelder in der Regel hälftig geteilt, doch weil die meisten Frauen nach einer Scheidung kaum eine gut bezahlte Vollzeitstelle finden, gelingt es ihnen nicht, eine solide Altersvorsorge aufzubauen.

Andrea Schmid empfiehlt ein Vorgehen, das im ersten Moment absurd klingt: die Beziehung vom Ende her zu denken. «Was passiert, wenn sich das Paar trennt oder einer verstirbt? Erhalten beide eine ausreichende Rente? Wie sieht es mit der Witwen- und Witwerrente aus? Wie wird das Eigenheim bei einer Trennung aufgeteilt?» Manche Paare befürchteten, dass sie mit solchen Gedanken das Ende ihrer Partnerschaft heraufbeschwören. Doch tatsächlich könnten sie damit Schwelbrände vermeiden.

Das raten Expertinnen und Experten

Viele haben Hemmungen, in einer Beziehung über Geld zu sprechen. Ein Fehler. Denn wenn man sich über das Thema informiert und miteinander spricht, kann man viele Freiheiten gewinnen.

Von Anfang an über Geld reden

«Wenn es die Partnerin schon beim zweiten Date stört, dass sie eingeladen wird, sollte sie das ansprechen. Sonst entsteht schnell Konfliktpotenzial. Dabei sollte sie sagen, welche Handlung sie stört.»
Guy Bodenmann, Psychologieprofessor und Paartherapeut

Die Rollen tauschen

«Wenn Paare über Geld diskutieren, fehlt ihnen oft das Verständnis für mögliche Nachteile oder Sorgen des Partners oder der Partnerin. Darum sollten sie in sachlichen Abwägungen ganz bewusst die Rollen wechseln. Wenn die bevorteilte Person dann merkt, dass sie sich nie auf die Forderungen einlassen würde, kann sie das ansprechen.»
Andrea Schmid, Budgetberaterin

Sich frühzeitig mit seinen Finanzen auseinandersetzen

«Zu mir kommen viele Frauen, die in prekären Verhältnissen leben. Wer im Alter unter die Armutsgrenze rutscht, bleibt dort meist auch. Deshalb sollten sich Frauen lange vor der Pensionierung mit Finanzen auseinandersetzen und sich Gedanken über ihre Erwerbstätigkeit und Vorsorge machen.»
Monika Greter, Sozialberaterin Pro Senectute Kanton Zürich

Abmachungen über Geld immer wieder anpassen

«Die Bedürfnisse bezüglich Geld verändern sich je nach Situation und Lebensabschnitt. Wenn ein Partner die Miete zahlt, solange der andere in einer Weiterbildung ist, müssen sie das System nach abgeschlossener Weiterbildung neu diskutieren.»
Caroline Fux, Psychologin

Schulden sofort ansprechen

«Schulden werden oft vor dem Partner oder der Partnerin verheimlicht – aus Angst, verlassen zu werden, oder aus Scham. Dabei ist es für Paare meist leichter, wenn sie darüber reden. Gerade bei Ehepaaren kann es sonst zu bösen Überraschungen kommen. Für Krankenkassenprämien und Steuern haften beide solidarisch.»
Barbara Mantz, Sozialarbeiterin bei der Caritas-Schuldenberatung in Zürich

Sich vertraglich schützen

«Eine Scheidung kann – trotz Errungenschaftsbeteiligung – weitreichende Folgen haben. Bei Partnerschaften sind die Besitzverhältnisse im Fall einer Trennung aber nicht geregelt. Deshalb sollten vertragliche Absicherungen getroffen werden. AHV und Pensionskasse können im Konkubinat nicht geteilt werden. Das Paar sollte sich deshalb über sinnvolle Abfindungsregelungen Gedanken machen. Wenn eine mögliche Trennung einmal geplant ist, lebt es sich in der Beziehung viel freier.»
Karin von Flüe, Rechtsexpertin beim Beobachter

Hilfe annehmen

Hier finden Paare Hilfe, die beim Thema Geld nicht weiterkommen:

  • bei der Schuldenberatung der Caritas
  • bei der Pro Senectute
  • bei Budgetberatungsstellen
  • bei Paartherapeutinnen und -therapeuten

Je früher sich Paare beraten lassen, desto besser kann ihnen geholfen werden.

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