«Witze auf meine Kosten»
Frage: «Haben wir Gäste oder sind wir auf Besuch, unterhält mein Partner alle mit Witzen und faulen Sprüchen. Leider gehen diese oft auf meine Kosten. Ich lache dann meistens mit, obwohl es für mich alles andere als lustig ist. Wie kann ich mich wehren?»
Veröffentlicht am 15. Februar 2010 - 15:54 Uhr
Antwort von Koni Rohner, Psychotherapeut FSP:
Dass Sie gute Miene zum bösen Spiel machen, kann ich verstehen – aber so wird sich natürlich nie etwas ändern. Wenn es Ihnen nicht gegeben ist, schlagfertig zu reagieren, müssen Sie deutlich machen, dass es Sie kränkt, wenn man sich über Sie lustig macht, selbst wenn das die heitere Partystimmung vorübergehend stört. Ihr Partner soll sich über Leute lustig machen, die es ihm mit gleicher Münze heimzahlen können.
Humorforscher haben drei Erklärungen entwickelt, wie Humor wirkt und warum uns etwas lustig vorkommt. In der Tat sagt eine Theorie, ein Element des Humors bestünde darin, etwas oder jemanden abzuwerten. In jedem Lachen würde eine Triumphreaktion stecken. Lachen sei mit einem Überlegenheitsgefühl verbunden. Klassische Beispiele sind etwa Witze über Appenzeller, Österreicher, Blondinen oder Mantafahrer. Wir alle kennen Spott und Schadenfreude, aber nicht als einzige Form von Humor.
Eine zweite Theorie sagt, der Genuss im Humor bestehe in der Entlastung. In einem gut erzählten Witz wird nämlich Spannung aufgebaut, die sich bei der Pointe entlädt.
Die dritte Theorie betont das Element der Inkongruenz, der Nichtübereinstimmung. Das Entscheidende liegt im Moment der Überraschung. In einem guten Witz wird die Erwartung an eine Situation nicht erfüllt, sondern es geschieht etwas Unerwartetes.
Wer die Pointe verstehen will, muss das nicht Zusammenpassende aufschlüsseln, dann stellt sich das Lachen ein. Auf einer unerwarteten Ebene ist dann doch ein Sinn entstanden. Beispiel: Der kleine Sohn wird gebadet und fragt die Mutter: «Wo ist der Waschlappen?» Die Mutter antwortet: «Er ist einkaufen gegangen.»
Humor ist nachweisbar eine Stärke, die uns das Leben erleichtern kann. Von jenen Charakterstärken, die zur Lebenszufriedenheit beitragen, steht Humor in der Schweiz an siebter Stelle, wie Untersuchungen der Universität Zürich ergeben haben. Auch wenn man Kontaktanzeigen studiert, sieht man, dass Humor meist an erster oder zweiter Stelle auf der Wunschliste erscheint.
Humor ist gesund. Verschiedene Körpersysteme werden beim Lachen angeregt, Stress wird reduziert, und positive Gefühle werden gestärkt. Zudem hat Humor eine soziale Komponente. Zusammen lachen verbindet. Leute mit Humor sind beliebt.
Die verbreitetste Form des Humors ist sicher der Witz. Andere sind Spott, Ironie, Selbstironie und – bereits recht aggressiv – Sarkasmus und Zynismus. Wenn nicht andere Menschen verletzt werden, hat das aggressive Moment übrigens durchaus seine psychologische Berechtigung. Es dient etwa im Galgenhumor der inneren Abgrenzung von einem Misserfolg oder einem Schicksalsschlag.
Möglicherweise gibt es geborene Komiker oder Humoristen; wahrscheinlicher ist es, dass die scheinbaren Naturtalente ihre Fähigkeit in der Auseinandersetzung mit dem Leben erworben haben. Mehrere Humortrainings an der Universität Zürich haben denn auch gezeigt, dass Humor für jedermann lernbar ist. In Anlehnung daran die folgenden Anregungen:
- Umgeben Sie sich mit mehr Humor: Beachten Sie Witzzeichnungen und Cartoons, sehen Sie sich Comedy-Shows an, gönnen Sie sich gute Komödien im Kino.
- Versuchen Sie, dem Leben gegenüber eine spielerische Haltung zu finden – nach dem Motto von Oscar Wilde: «Das Leben ist zu wichtig, um es ernst zu nehmen.»
- Sprechen Sie mit Partner, Partnerin oder Freunden darüber, was Sie lustig finden, um so Ihren ureigenen Humor zu finden.
- Versuchen Sie, über Ihre eigenen Schwächen zu lachen, statt sich zu schämen.
- Versuchen Sie nach und nach, auch selber Witze oder lustige Geschichten zu erzählen.