Wie wird ein Kind «stubenrein»?
Ob mit oder ohne Sauberkeitserziehung: Das durchschnittliche Alter, in dem Kinder trocken werden, bleibt sich in etwa gleich. Dennoch verunsichert das Thema viele Eltern.
Veröffentlicht am 26. Oktober 2009 - 19:03 Uhr
«Mein Enkel ist bald drei und braucht auch tagsüber immer noch Windeln. Da müssen seine Eltern doch irgendwas falsch machen, oder?, fragt sich so manche besorgte Grossmutter. Sie können beruhigt sein: Zwar werden Kinder mit oder ohne Sauberkeitstraining durchschnittlich mit 28 Monaten tagsüber und mit 33 Monaten auch nachts trocken – aber es kann auch bis zum vierten oder fünften Lebensjahr dauern. Wahrscheinlich braucht der Junge einfach etwas mehr Zeit. Die Sorge der Grossmütter ist allerdings verständlich. Galt es doch im vorigen Jahrhundert als Beweis einer erfolgreichen Sauberkeitserziehung, wenn das Kind möglichst schon im ersten Lebensjahr trocken war.
Aber auch heute ist das «Trockenwerden» unter Müttern ein Dauerbrenner: «Uii, waaas, deine ist schon trocken, aber sie ist doch gleich alt wie mein Paul! Wie machst du das?» Tipps zum Thema gibt es viele, und jede Familie entdeckt ihren eigenen Weg. Dass die Beherrschung von Darm und Blase ein natürlicher und individueller Reifeprozess ist, wissen die heutigen Eltern. Trotzdem sind auch sie ungeduldig – und froh, wenn ihr Kind endlich selbständig das stille Örtchen aufsucht. Dann verschwindet die letzte Packung Windeln in der untersten Schublade der Kommode, bereit für den Notfall.
Aber ab wann ist es sinnvoll, Kindern den Vorteil von Topf oder Toilette nahezubringen? Entwicklungspsychologisch ist ein willentliches Beherrschen der Blasen- und Aftermuskulatur vor dem Alter von zwei Jahren kaum möglich. Und vermehrter Druck aufs Kind führt nicht weiter. Der Reifungsprozess ist das eine, das andere sind einige Lernschritte:
- Nehmen Sie Ihr Kind mit auf die Toilette und lassen Sie es zuschauen. Erklären Sie, wann und warum man aufs Klo geht und was man machen muss. Manche Kinder benötigen erst etwas Zeit, bevor sie sich auf das «hohe Etwas» getrauen. Ein Toilettenaufsatz kann helfen.
- Ob Ihr Kind lieber auf den Topf oder auf die Toilette geht, ist individuell verschieden.
- Weigert sich Ihr Kind, so zwingen Sie es nicht. Vielleicht klappt es später. Es wird Ihnen signalisieren, wann es so weit ist.
- Wichtig für eine «Sitzung»: Wenige Minuten reichen vollkommen.
- Loben Sie Ihr Kind, wenn etwas in der Toilette oder im Topf landet, aber übertreiben Sie nicht.
- Fragen Sie nicht dauernd, ob es muss. Die meisten Kinder machen selber auf sich aufmerksam, wenn etwas drückt.
- Achten Sie auf einfache Kleidung, die Ihr Kind selbst an- und ausziehen kann.
- Keine Panik bei Rückfällen. Es ist völlig normal, wenn Kinder im intensiven Spielen einfach vergessen, aufs Klo zu gehen, oder in die Hose machen, wenn sie sich nicht wohl fühlen. Sind Kinder im Alter von fünf bis sechs Jahren noch nicht trocken oder dauert in diesem Alter ein Rückfall länger als sechs Monate, sollten Sie ärztlichen Rat einholen.
Hat Ihr Kind die Verantwortung für seine Sauberkeit übernommen, hat es einen riesigen Schritt in die Selbständigkeit gemacht. Freuen Sie sich mit ihm!
Buchtipp
Gabriele Haug-Schnabel: «Wie Kinder sauber werden können»; Verlag Oberstebrink und Partner, 2002, 208 Seiten, Fr. 34.90