«Obwohl ich meinen kubanischen Freund liebte, hätte ich ihn nicht so schnell geheiratet, wenn wir auch ohne Trauschein hätten zusammenleben können», sagt die Sozialarbeiterin Bettina Villa. Nur die Heirat verschaffte ihrem Partner eine Aufenthaltsbewilligung.

Heirat oder Trennung: Die Alternative ist hart. Bei Paaren aus verschiedenen Nationen (binationalen Paaren) kommt es deshalb oft zu einer überstürzten Heirat. «Im Gegensatz zu Schweizer Ehepaaren lernen sich binationale Eheleute oft erst während der Ehe kennen», sagt Paar- und Familientherapeutin Gerti Saxer, die sich auf die Beratung binationaler Paare spezialisiert hat. Erst wenn man von den rosaroten Wolken heruntersteigt, prallen die unterschiedlichen Kulturen aufeinander.

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Eine Erfahrung, die auch Bettina Villa machte. Trotzdem sind aus ihrer Sicht nicht die kulturellen Unterschiede für das Scheitern ihrer Ehe verantwortlich: «Ich wusste schon vorher, dass Kubaner anders geprägt sind als Schweizer.»

Die kulturellen Unterschiede sind auch für das Ehepaar Jamal Issa und Tamara De Vito eine tägliche Herausforderung, aber nicht als Problem, sondern als Bereicherung: Der gebürtige Libanese lernt viel von ihr, die schweizerisch-italienische Doppelbürgerin viel von ihm.

«Lernbereitschaft ist ein Grundpfeiler jeder binationalen Ehe», sagt Therapeutin Saxer. Es sei wichtig, dass solche Paare sich austauschen, sich für die Herkunft des anderen interessieren, Konflikten nicht ausweichen und Toleranz üben.

Dieses Rezept erproben Jamal Issa und Tamara De Vito schon seit Beginn ihrer mittlerweile zehnjährigen Ehe: «Wir versuchen, keiner Schwierigkeit aus dem Weg zu gehen, und diskutieren alles aus», sagt sie. Dies mache das Leben nicht einfach, aber spannend, findet er. Und dennoch: «Toleranz allein genügt nicht. Oft muss sich einer von uns durchsetzen und einer nachgeben können, denn nicht immer wird ein Kompromiss gefunden, selbst wenn man den anderen mit seinen Ansichten akzeptiert», sagt sie.

Offen miteinander reden und die Balance zwischen Nachgeben, Durchsetzen und Einigen suchen – dies gilt auch für Schweizer Paare. «Eheleute mit gleichem Pass meinen oft nur, alles sei klar», stellt Saxer immer wieder fest. «Binationale hingegen wissen, dass vieles nicht klar und oft schwierig ist.»

Das Ehepaar De Vito/Issa musste verhandeln, ob islamisch oder christlich oder nur standesamtlich geheiratet werden sollte, ob die Kinder libanesische, schweizerische oder italienische Namen bekommen und wie sie religiös erzogen werden sollten – und welches die Familiensprache sei. Dass die Mutter sowohl Schweizerdeutsch als auch Italienisch und der Vater sowohl Hochdeutsch als auch Arabisch spricht, dass die Mutter Rösti und Pasta kocht, während der Vater Falafel zubereitet, ist für die Kinder eine grosse Chance.

«In der Familie wird die globalisierte Welt gelebt und getestet», sagt Saxer. Doch innerhalb der verschiedenen Kulturen brauchen Kinder klare Werte, ist De Vito überzeugt – auch wenn es oft nicht einfach ist, einen gemeinsamen Nenner zu finden.

«Die Themen von binationalen Paaren unterscheiden sich von denen mononationaler Paare eigentlich nicht», erklärt Saxer. Hinzu kommt aber die Schwierigkeit, dass sich der ausländische Partner in einer fremden Gesellschaft zurechtfinden muss und dabei oft vom anderen abhängig ist: «Dies kann ein ungutes Machtgefälle in der Beziehung sein.»

Etwa dann, wenn der ausländische Partner die Sprache nicht versteht, Unterstützung bei administrativen Angelegenheiten braucht, sich trotz guten Qualifikationen mit einfachen Jobs zufrieden geben muss und dann oft weniger verdient. «Zudem hat der ausländische Partner meist weder Verwandtschaft noch Angehörige in der Schweiz. Er muss sich einen eigenen Freundeskreis erst aufbauen.»

Im Lauf der Ehe wird der ausländische Partner selbstständiger, passt sich den hiesigen Gepflogenheiten an und verändert sich wie jedermann, der zu neuen Ufern aufgebrochen ist. Dies ist für viele Paare ein Stolperstein.

Es ist aber ein weit verbreiteter Irrtum, dass binationale Ehen häufiger geschieden würden als Ehen von Schweizern: Die Statistik ist in etwa gleich.

Kulturelle Unterschiede sind oft ein Scheidungsgrund, wie man beim Beobachter-Beratungszentrum erfahren hat. Eine Tatsache, die Jamal Issa befremdet: «Man weiss zu Beginn der Ehe, dass der Partner anders geprägt ist. Sind die kulturellen Unterschiede nicht einfach vorgeschobene Gründe für das Scheitern der Ehe?»

Recht bei binationalen Ehen

  • «Das Recht auf Ehe und Familie ist gewährleistet», sagt die Bundesverfassung. Dies gilt auch für binationale Ehen.

  • Durch Heirat erhält niemand automatisch die Schweizer Staatsangehörigkeit.

  • Erst durch die Heirat haben ausländische Partner einen Anspruch auf eine Jahresaufenthaltsbewilligung.

  • Nach einer ununterbrochenen Aufenthaltsdauer von fünf Jahren erhält der ausländische Ehepartner das Recht auf die Niederlassungsbewilligung C.

Anlaufstelle: IG Binational, www.ig-binational.ch