«Wir Mädchen sind besser»
Annika Bertschinger aus Ottenbach ZH gehört zu den besten Informatikschülerinnen der Schweiz. Warum Roboter die 12-Jährige faszinieren – und manchmal nerven.
Veröffentlicht am 29. Juni 2023 - 16:26 Uhr
Ich war dieses Jahr schon zum zweiten Mal Finalistin des grössten Schweizer Informatikwettbewerbs für Kinder und Jugendliche. Beide Jahre habe ich eine Medaille gewonnen. Dieses Jahr war ich etwas nervös – ich wollte gleich gut sein wie letztes Jahr. Mit mir waren 18 andere Kinder aus meiner Altersgruppe im Finale. Von 11’208 Kindern, die am gesamten Wettbewerb teilgenommen haben.
In der Vorrunde hatte ich alle Bonusaufgaben richtig gelöst und qualifizierte mich darum direkt fürs Finale. Die Aufgaben fallen mir meistens leicht, dieses logische Denken, das kann ich gut. Deshalb bereitete ich mich auch nur wenig auf den Wettbewerb vor. Im Finale waren die Aufgaben zwar schwieriger, aber ich musste nicht ewig knobeln, bis ich wusste, was ich machen muss.
Das erste Mal programmiert habe ich in der Schule, vorher hatte ich keine Berührungspunkte mit Informatik. Meine Eltern unterstützen mich, aber ich glaube, sie verstehen ziemlich wenig von Informatik. Ich denke, diese Wettbewerbe helfen, Kinder dafür zu begeistern.
Lego-Roboter mit Sensoren
Das Interesse für Informatik teile ich mit ein paar meiner Freundinnen. Wir nehmen zusammen an Robotikwettbewerben teil. Dafür bauen wir jeweils im Voraus einen Roboter und programmieren ihn. Der Roboter ist aus Lego, hat Sensoren und Arme, mit denen er Dinge verschieben kann. Am Wettbewerb selbst müssen wir ihn dann vorführen, verschiedene Aufgaben lösen und so Punkte sammeln.
An der Robotik fasziniert mich, dass ich leblose Maschinen steuern kann. Ich kann einem Roboter sagen, was ich will, und er führt es dann aus. Oft klappt das nicht von Anfang an. Und wenn etwas nicht richtig funktioniert, können Roboter auch nerven. Man hat dann das Gefühl, er macht einfach, was er will. Aber das Problem löst man natürlich nicht, indem man sich ärgert.
Robotik bedeutet, viel auszuprobieren: Wir programmieren etwas, testen es aus, schreiben den Code um, setzen den Roboter wieder an den Start, versuchen es erneut. So geht das immer weiter – und irgendwann klappt es. Das Gefühl, wenn wir es geschafft haben und der Roboter die Aufgaben richtig gelöst hat, mag ich besonders.
Ein tolles Team
Robotik ist Teamarbeit, jede hat eine bestimmte Aufgabe. Die einen passen die Programmierung an, andere stellen die Hindernisse wieder auf und bringen den Roboter an den Start. Dazwischen machen alle Vorschläge, was wir wie verbessern könnten. Manchmal haben wir da verschiedene Meinungen, aber bisher konnten wir alles in den Diskussionen immer gut lösen.
Die gute Zusammenarbeit in unserem Team ist unser Vorteil. Wir arbeiten viel zu Hause und allein, in anderen Teams helfen oft noch Erwachsene mit. Das rächt sich dann am Wettbewerb: Da sind die Teams auf sich allein gestellt.
Eine Streberin? Mir egal
Manche Kinder in der Schule finden Robotik blöd oder nennen mich manchmal «Streberin». Das stört mich aber nicht gross. Ich finde ja auch nicht alles cool, was die anderen machen. In unserer Klasse haben wir aber sogar zwei Robotikteams, eins mit Mädchen und eins mit Jungen. Wir Mädchen sind besser. Ich glaube aber nicht, dass das Geschlecht eine Rolle spielt. Bei den Wettbewerben nehmen immer etwa gleich viele Mädchen wie Buben teil.
Ob ich später als Beruf etwas mit Informatik oder Robotik machen möchte, weiss ich noch nicht. Momentan könnte ich es mir schon vorstellen, aber jetzt gehe ich erst mal aufs Gymnasium. Da kommen nochmals sechs Jahre Schule, in denen sich meine Interessen verändern können. Nebst der Informatik macht mir Sport sehr viel Spass. Ich gehe in den Turnverein, mache Akrobatik an Tüchern, reite und fahre Einrad.
Ich möchte aber sicher noch die nächsten Jahre an Informatik- und Robotikwettbewerben teilnehmen. Und hoffentlich noch besser werden.
3 Kommentare
Ich habe den Beitrag einfach als Geschichte wahrgenommen, in welcher ein Mädchen von seiner Begeisterung für die Robotik erzählt. Ist doch gut.
Die Aussage: "Wir Mädchen sind besser." ist eingebettet in "In unserer Klasse haben wir aber sogar zwei Robotikteams, eins mit Mädchen und eins mit Jungen." und "Ich glaube aber nicht, dass das Geschlecht eine Rolle spielt.".
Da höre ich nur heraus, dass ihr Mädchen-Team in dieser Klasse besser ist als das Knaben-Team derselben Klasse. Mehr nicht.
Ein allgemeines "Wir Mädchen sind besser." wird dem Artikel nur durch die Überschrift untergejubelt. Da gebe ich Herr Franke recht. Ist ein solcher Titel wirklich nötig? Ich denke nicht, dass das Mädchen diese Überschrift gewählt hätte. An die Redaktion: das nächste mal bitte besser machen.
Störend die Gender Anbiederung oder Befeuerung alter Vorurteile durch Geschlechter Qualifizierung. "Wir Mädchen sind besser!" Wenn die Mädchen da besser sind, wo sind sie dann schlechter? Genau so nicht. Bitte keine Anbiederungs Beiträge. Es verstärkt nur das Mädchen Opfernarrativ. Bernhard Franke
P. S. Papa von Alyssa, 9jährig - und sie ist sackstark und definitiv kein Opfer und braucht keinen wir pushen Mädchen Beitrag.
Guten Tag Herr Franke, leider bin ich anderer Meinung als Sie. Als Lehrerin sehe ich regelmässig, wie wichtig es ist, das Selbstvertrauen der Mädchen mit Erfolgsstorys zu stärken. Sie als Mann haben das vermutlich kaum erlebt, dass Ihnen wegen Ihrem Geschlecht die logischen und mathematischen Fähigkeiten abgesprochen wurden. Daher ist Ihnen dieser enorme "Selbstprophezeihungs-Effekt" kaum bewusst. Mir als Frau und Lehrerin sehr wohl: Viele Mädchen muss ich in der Regel gezielt ansprechen, um sie für die Förderprogramme für Robotik zu interessieren, denn selber denken sie kaum daran. Warum? Weil immer noch der gesellschaftliche Bias Mathematikverständnis=Buben herrscht. Daher braucht es Vorbilder und auch klare Worte, dass auch Mädchen besser sein können, denn Mädchen, insbesondere wenn sie nicht vom Elternhaus gefördert werden, trauen sich gute Resultate in der Informatik oft nicht zu. Ich hätte es gerne anders, aber die sozialwissenschaftliche Forschung spricht eine deutliche Sprache.
Deshalb: Bitte weitere solche Erfolgsgeschichten von Mädchen in technischen Berufen. Und gerne auch Erfolgsgeschichten von Buben in sozialen Berufen, damit auch sozial interessierte Buben solche Berufswege häufiger einschlagen, damit sie nicht infolge Peer-Druck auf dem Bau landen, obwohl sie in die Pflege gehörten...