Wie stark trifft mich die Inflation?
Das Schreckgespenst Teuerung hat auch die Schweiz erfasst. Wie sich errechnen lässt, wie stark der eigene Haushalt davon betroffen ist.
Veröffentlicht am 20. Juni 2022 - 12:10 Uhr
Die schlechte Nachricht: Die Inflation hat auch die Schweiz erreicht. Die gute Nachricht: Während die Teuerung in der Eurozone im Mai 8,1 Prozent und in den USA gar 8,3 Prozent betrug, lag sie in der Schweiz mit gerade einmal 2,9 Prozent deutlich tiefer.
Dennoch spüren viele Konsumenten auch hierzulande, dass das Geld weniger weit reicht als noch vor wenigen Monaten. Preistreiber sind insbesondere Energieträger wie Gas und Benzin. Tanken und Heizen verteuert sich drastisch.
Nicht jeder Haushalt aber ist gleich betroffen. Wer viel Auto fährt oder eine Altbauwohnung heizen muss, spürt die Inflation deutlich mehr als eine Familie, die den ÖV benutzt und in einem Minergiehaus wohnt. Höhere Lebensmittelpreise etwa schlagen hingegen weit weniger zu Buche. Denn für Essen geben Einwohner der Schweiz durchschnittlich nur 6,3 Prozent ihres Budgets aus.
Schwierig wird es für alle, die vorher schon aufs Geld schauen mussten. «Besonders gefährdet, in die Armut abzurutschen sind etwa Alleinerziehende, kinderreiche Familien, vermögenslose Rentner mit tiefer Rente und Personen in prekärer Arbeitssituation», sagt Philipp Frei, Geschäftsführer des Dachverbands der Schweizer Budgetberatungen.
Der Beobachter hat für drei fiktive Haushalte die individuelle Inflationsrate zwischen Januar 2022 und Mai 2022 berechnet. Die durchschnittliche Teuerung betrug in diesem Zeitraum 2,3 Prozent.
Familie 1 besteht aus zwei Erwachsenen, zwei Kindern und einem Hund. Sie können über ein monatliches Einkommen von 8500 Franken verfügen, leben in der Agglomeration einer Schweizer Grossstadt in einem Altbauhaus. Der Vater pendelt mit dem Auto zur Arbeit, man geht gerne ins Restaurant. Nach Abzug der laufenden Kosten bleiben durchschnittlich 1500 für die hohe Kante.
Ihre Inflationsrate liegt bei 3 Prozent und liegt damit über dem Schnitt.
Familie 2 besteht ebenfalls aus zwei Erwachsenen und zwei Kindern. Ihr Einkommen beträgt 6100 Franken im Monat. Sie haben kein Auto und wohnen in einer Minergiewohnung in der Stadt. Beide Eltern rauchen, die Familie gönnt sich ein- bis zweimal im Monat einen Besuch der Pizzeria im Quartier. Sie können monatlich rund 400 Franken zurücklegen, etwa für Ferien.
Ihre Inflationsrate beträgt 1,4 Prozent und liegt damit deutlich unter dem Schnitt.
Familie 3 besteht aus einer alleinerziehenden Erwachsenen, zwei Kindern und einer Katze. Sie wohnen in einem Altbauhaus auf dem Land, ein Auto ist vorhanden, wird aber nicht täglich gefahren. Für Restaurantbesuche und kostspielige Freizeitvergnügen reicht es bei einem monatlichen Einkommen von 4500 nicht. Auch Rücklagen lassen sich nicht machen.
Ihre Inflationsrate beträgt 2,4 Prozent und liegt damit über dem Schnitt.
Zwar hat Familie 1 eine rund 25 Prozent höhere Teuerung als Familie 3. Da sie aber finanziell viel besser gestellt ist, kann sie die Teuerung auch besser wegstecken. Sollten die Preise weiter anziehen, wird es für Familie 3, die keinerlei Rücklagen anhäufen kann, hingegen eng.
«Wir rechnen mit einem schwierigen Herbst und Winter. Dann werden die massiv angestiegenen Heizungs- und Nebenkosten etliche Haushalte, die jetzt schon jeden Rappen umdrehen müssen, in grosse Schwierigkeiten bringen», sagt Philipp Frei vom Dachverband Budgetberatung Schweiz.
Ihre eigene individuelle Teuerungsrate können Sie mit dem Inflations-Rechner des Bundesamtes für Statistik selber berechnen.
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