Was ist ein virtueller Erbe?
Mein Vater hat seine zweite Frau als Alleinerbin eingesetzt. Das Bezirksgericht bezeichnet mich als «virtuellen Erben». Was soll das heissen?
Veröffentlicht am 9. Oktober 2024 - 06:00 Uhr
Als virtuelle Erben bezeichnet man im juristischen Jargon pflichtteilsgeschützte Erben, die in einem Testament oder Erbvertrag vollständig übergangen oder ausgeschlossen worden sind.
Diese Erben haben eigentlich Anspruch auf einen Pflichtteil, müssen aber zuerst die letztwillige Verfügung anfechten, um überhaupt als Erbe zu gelten. Davor gehören sie nicht zur Erbengemeinschaft und haben nur wenige Rechte. Erst wenn sie erfolgreich geklagt haben, können sie bei der Erbteilung mitwirken.
Damit die zweite Ehefrau Ihres Vaters nun nicht frei über das Erbe verfügen kann, sollten Sie sofort beantragen, dass ihr kein Erbschein ausgestellt wird. So gewinnen Sie Zeit.
Wenn Sie mit der Frau keine Einigung finden, können Sie die Herabsetzungs- oder Ungültigkeitsklage erheben – innerhalb eines Jahres nach der Eröffnung der letztwilligen Verfügung.
Andernfalls gilt das Testament oder der Erbvertrag, und es gibt für Sie keine Möglichkeit mehr, Ihren Pflichtteilsanspruch durchzusetzen.
Die Mustervorlage «Testament für Ehegatten» sowie weitere Beispiele zeigen Beobachter-Mitgliedern, wie sie ihre Liebsten erbrechtlich begünstigen können. Mit dem Merkblatt «Gesetzliche Erbfolge» sehen sie ausserdem, welche Pflichtteile beim Erben berücksichtigt werden sollten.
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