5 Mythen rund ums Erben
Um Erbschaften kursieren viele falsche Vorstellungen. Zeit für klare Ansagen.
Veröffentlicht am 15. August 2023 - 06:00 Uhr
Mythos 1: Ich kann frei entscheiden, wer erben soll
Ohne Testament oder Erbvertrag wird das Erbe unter den gesetzlichen Erben aufgeteilt. Dazu gehören Ehepartner oder eingetragene Partner sowie nahe Verwandte wie Kinder und Eltern – oder auch Grosseltern, falls keine Kinder vorhanden sind.
Wenn Sie mit der gesetzlichen Erbteilung nicht einverstanden sind, können Sie in einem Testament oder Erbvertrag etwas anderes festlegen. Beachten Sie jedoch, dass dem Ehepartner oder eingetragenen Partner sowie Ihren Nachkommen ein Pflichtteil
zusteht.
Konkret bedeutet das: Das Gesetz sieht vor, dass Ehepartner und Nachkommen das Erbe hälftig untereinander aufteilen. Bei einem Erbe von 100'000 Franken würden also 50'000 an den Ehepartner und die übrigen 50'000 an die Nachkommen gehen.
In einem Testament oder Erbvertrag können Sie allerdings festhalten, dass sie nur den Pflichtteil erhalten. Dieser beträgt die Hälfte des gesetzlichen Erbes. Das würde also bedeuten, dass sowohl dem Ehepartner 25'000 Franken wie auch den Nachkommen 25'000 Franken bleiben. Die übrigen 50'000 dürfen Sie einer Person oder Institution Ihrer Wahl vermachen.
Wie hoch ist der gesetzliche Erbanteil der Kinder oder des (Ehe-)partners? Kann man diesen mit dem Pflichtteil weiter begrenzen? Testen Sie den Erbrechner des Beobachters und finden Sie es anhand Ihrer Lebens- und Familiensituation heraus.
Mythos 2: Alle müssen ein Testament anfertigen
Ein Testament wird oft empfohlen, ist aber nicht immer zwingend. Ein Beispiel: Eine verwitwete Frau hat zwei Kinder und möchte diesen ihr Erbe zu gleichen Teilen vermachen. Weil das Gesetz diese Aufteilung ohnehin vorsieht, ist kein Testament nötig.
Anders sieht es aus, wenn ein kinderloses Paar mit wohlhabenden Eltern im Todesfall eines Elternteils alles dem hinterbliebenen Ehepartner überlassen möchte. Seit dem 1. Januar 2023 ist das möglich. Das gesetzliche Erbe der Eltern beträgt in der geschilderten Situation zwar weiterhin einen Viertel des Nachlasses, der Pflichtteil kann aber neuerdings auf null herabgesetzt werden.
Dafür muss aber ein Testament erstellt werden, in dem festgehalten wird, dass das ganze Erbe an den Ehepartner gehen soll. Wenn man das nicht tut, bekommen die Eltern auch nach der Gesetzesänderung standardmässig einen Viertel.
Es lohnt sich also, gesetzliche Erbanteile zu prüfen und zu entscheiden, ob Sie damit einverstanden sind. Falls die Antwort Ja ist, können Sie sich die zusätzliche Arbeit sparen.
Mythos 3: Testamente müssen notariell beglaubigt werden
Das ist falsch. Tatsächlich lässt sich ein Testament relativ unkompliziert erstellen . Wichtig: Es muss von Anfang bis Ende eigenhändig geschrieben, datiert und unterschrieben werden, um rechtsgültig zu sein.
Beim öffentlichen Testament hingegen wird es von einer Urkundsperson unter Mitwirkung von zwei unabhängigen Zeugen verfasst. Das kann etwa dann sinnvoll sein, wenn das handschriftliche Verfassen nicht mehr möglich ist oder man befürchtet, dass die Erben später die Urteilsfähigkeit des Erblassers anzweifeln könnten.
Wollen Sie sicher sein, dass Ihr Testament gültig, klar und vollständig ist? Im Testament-Check analysieren Expertinnen und Experten aus dem Beobachter-Beratungszentrum Ihre Dokumente und beraten Sie zu möglichen Änderungen.
Mythos 4: Haustiere können erben
Weil Tiere in der Schweiz nicht rechtsfähig sind, können sie nicht erben. Im Testament können Sie aber festlegen, wer sich um Ihr Haustier kümmern soll und der Person die nötigen finanziellen Mittel vermachen, damit diese Kosten für Futter, Pflege, Arzt und so weiter aus Ihrem Erbe decken kann.
Um sicherzustellen, dass Hund, Katze, Meerschweinchen oder Kanarienvogel tatsächlich willkommen sind, fragen Sie die gewünschte Person unbedingt vorher an, statt sie ungefragt im Testament einzusetzen.
Mythos 5: Der Ex kann abkassieren
Die Erbrechtsreform, die Anfang 2023 in Kraft getreten ist, beeinflusst auch Ehepaare in Scheidung sowie Paare, die ihre eingetragene Partnerschaft beenden. Bisher galt: Bis zur rechtskräftigen Scheidung oder Auflösung der Partnerschaft bleibt der Anspruch auf den Pflichtteil bestehen.
Nun erlischt er schon bei einem laufenden Scheidungsverfahren, das beide Eheleute beim Gericht angemeldet haben, oder bei einer Scheidungsklage nach zweijähriger Trennung.
Um die Person in Scheidung oder Partnerschaftsauflösung vollständig zu enterben, genügt ein einfaches Testament, in dem Sie deren Pflichtteil auf null herabsetzen. Tun Sie das nicht, würde der noch nicht geschiedene Ex-Partner weiterhin mindestens die Hälfte des Vermögens erben.
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