Der Batzen gehört dem Kind
Wer vom Jugendsparkonto seines Kindes Geld abheben will, muss mit Problemen rechnen. Mehrere Banken verweigern unter Umständen die Auszahlung.
aktualisiert am 23. März 2017 - 10:33 Uhr
Sind Eltern finanziell knapp dran, können sie in Versuchung geraten, das Jugendsparkonto des Kindes anzuzapfen. Das ist nicht immer möglich: Einige Banken verweigern die Auszahlung strikt, weil es sich um geschütztes Kindesvermögen handle. Andere hingegen zahlen ohne Rückfragen jeden gewünschten Betrag aus. Wieder andere verlangen Belege dafür, dass das Geld im Interesse des Kindes eingesetzt wird.
Raiffeisen etwa verlangt für jeden einzelnen Bezug von einem Jugendsparkonto einen Beleg. Es handle sich um rechtlich geschütztes Kindesvermögen: Die Eltern dürfen nur die Zinserträge verwenden, beispielsweise für Unterhalt, Erziehung und Ausbildung. Wollen die Eltern auch über das Vermögen selbst verfügen, benötigen sie die Zustimmung der Kindesschutzbehörde.
Postfinance hingegen will nur bei Missbrauchsverdacht Massnahmen ergreifen. Das gelbe Finanzinstitut erwähnt jedoch nicht, unter welchen Umständen man Verdacht schöpfe. Keinerlei Kontrollen und somit auch keine Diskussionen mit den Eltern gibt es bei der Credit Suisse. Die Verantwortung für die sachgemässe Verwaltung und die befugte Verwendung liege bei den Eltern, heisst es dort.
Bei der Berner Kantonalbank (BEKB) kann der Einleger so lange Geld vom Jugendsparkonto abheben, bis sich das Kind – nach Erreichen der Volljährigkeit – bei der Bank meldet. Es handle sich nicht um eine Schenkung, weil ein urteilsunfähiges Kind rechtlich gesehen gar keine solche annehmen könne, so die Begründung des BEKB-Rechtsdiensts. Der Einleger müsse die Bank ausdrücklich anweisen, das Guthaben an das Kind zu zahlen. Wenn es volljährig sei, könne es das Guthaben einfordern, sofern es überhaupt davon wisse.
So unterschiedlich wie die Finanzinstitute sehen es auch die Juristen. Wenn Eltern für ihr Kind ein Jugendsparkonto eröffnen, dürfe die Bank Auszahlungen an die Eltern nicht verweigern, meint Thomas Koller, Professor an der Universität Bern. «Sie ist nicht Polizist für die Kinder und die Kindesschutzbehörden.» Nur beim Verdacht auf Missbrauch müsste die Bank einschreiten. «Vorsicht ist vor allem geboten, wenn die Eltern in Scheidung sind, die Bank davon Kenntnis hat und einer der beiden Geld abheben könnte», so Koller.
«Wenn die Eltern Vermögen auf den Namen der Kinder anlegen, ist das eine Schenkung und fällt ins Kindesvermögen», findet hingegen Alexandra Jungo, Professorin an der Universität Freiburg. So dürfte etwa das Weihnachtsgeld für ein Fahrrad oder für ein Handy für das Kind verwendet werden, aber nicht für das Auto der Eltern. In der Praxis verlangten einige Banken Angaben über den Zweck des Geldbezugs, damit müsse es aber sein Bewenden haben. «Die Banken können nicht Nachweise und Quittungen verlangen. Somit ist es grundsätzlich möglich, dass die Eltern unter Angabe falscher Tatsachen Geld aus dem Kinderkonto für sich selber abziehen. Gegebenenfalls sind die Eltern dem Kind gegenüber verantwortlich und schadenersatzpflichtig», so Jungo.
Kinder und Jugendliche haben verschiedene Rechte und Pflichten. Beobachter-Mitglieder erfahren, ob Eltern mithaften, wenn das Kind einen teuren Kaufvertrag eingeht, ob die Post des Filius geöffnet werden darf und was besorgte Eltern tun können, wenn die 14-jährige Tochter sich ein Tattoo stechen will.
Wieder anders sieht Thomas Geiser, Professor an der Universität St. Gallen, die Sache: «Die Eltern eröffnen das Jugendsparkonto als Vertreter des Kindes. Die Vertretung muss immer im Interesse des Kindes liegen.» Das sei zweifellos der Fall, wenn Eltern auf das Jugendkonto einzahlen. «Bei Rückzügen ist es hingegen völlig korrekt, wenn die Bank von Eltern einen Beleg verlangt, dass das Geld im Interesse des Kindes verwendet wird», ist sich Geiser sicher.
So ist bei Kinderkonten zwar vieles unklar, doch Gerichtsentscheide gibt es kaum, weil Streitfälle rar sind. Die wenigsten Kinder gehen nach Erreichen der Volljährigkeit gegen die Bank oder gar ihre Eltern vor – wenn sie überhaupt von einem Missbrauch des Geldes erfahren. Und für die meisten Familien ist klar, dass das Ersparte für das Kind vorgesehen ist und ihm allein gehört. Im Alltag funktioniert glücklicherweise bestens, was das Gesetz nur rudimentär regelt. Eltern sind jedoch gut beraten, wenn sie vor der Kontoeröffnung die Regeln und die Praxis ihrer Bank klären.
- Wer rein für das Kind sparen und keine Rückzüge tätigen will, kann sich das Finanzinstitut frei aussuchen. Die meisten bieten für Kinderkonten Vorzugskonditionen an.
- Wer hingegen erst später entscheiden will, ob das Kind die Ersparnisse wirklich bekommen soll, oder wer die Vorzugskonditionen für seinen eigenen Sparbatzen missbrauchen will, muss sich zuerst bei der Bank vergewissern, dass diese keine Einschränkungen bei Geldrückzügen macht.
- Wer das Geld grundsätzlich dem Kind zugutekommen lassen, aber kleinere Bezüge zugunsten des Kindes ermöglichen will, zum Beispiel für Weihnachtsgeschenke, sollte eine Bank wählen, die für Rückzüge zwar Begründungen, aber keine Belege einfordert.
- Bei Streitigkeiten unter den Eltern sollten sich diese an die Kindesschutzbehörde wenden. Sie muss Massnahmen ergreifen, um das Kindesvermögen zu schützen. Die Bank kann nicht beurteilen, welcher Elternteil das Konto im Sinne des Kindes verwaltet.
- Eltern sollten sich bewusst sein: Geschenkt ist geschenkt. Sie müssen damit rechnen, dass Kindesschutzbehörden oder Gerichte bei Jugendsparkonten von einer Schenkung und deshalb von geschütztem Kindesvermögen ausgehen.
Postfinance | |
Jugendsparkonto | Sparkonto auf den Namen des Kindes |
Eröffnung durch | nur durch gesetzlichen Vertreter |
Bezüge | möglich, werden kontrolliert |
bei Volljährigkeit des Kindes | geht automatisch auf das Kind über |
Geschenksparkonto | Geschenksparkonto auf den Namen des Kindes |
Eröffnung durch | Drittperson (Götti, Grossmutter et cetera) |
Bezüge | möglich |
bei Volljährigkeit des Kindes | geht automatisch auf das Kind über (symbolische Geschenkurkunde) |
UBS | |
Jugendsparkonto | Jugendsparkonto auf den Namen des Kindes |
Eröffnung durch | Eltern, Grosseltern, Paten, Dritte |
Bezüge | möglich, keine Kontrollen |
bei Volljährigkeit des Kindes | geht automatisch auf das Kind über |
Geschenksparkonto | UBS hat kein Geschenkkonto |
Eröffnung durch | |
Bezüge | |
bei Volljährigkeit des Kindes | |
Raiffeisen | |
Jugendsparkonto | Jugendsparkonto auf den Namen des Kindes |
Eröffnung durch | Sorgerechtsinhaber |
Bezüge | beschränkte Verfügungsberechtigung, jeder Bezug wird kontrolliert/abgeklärt |
bei Volljährigkeit des Kindes | geht automatisch auf das Kind über |
Geschenksparkonto | Geschenksparkonto auf den Namen des Eröffners |
Eröffnung durch | Eltern, Grosseltern, Paten, Dritte |
Bezüge | möglich |
bei Volljährigkeit des Kindes | Kontoeröffner übergibt Sparbetrag mit Geschenkurkunde |
Graubündner Kantonalbank | |
Jugendsparkonto | Jugendsparkonto auf den Namen des Kindes |
Eröffnung durch | Eltern |
Bezüge | möglich, werden kontrolliert |
bei Volljährigkeit des Kindes | geht automatisch auf das Kind über |
Geschenksparkonto | Geschenksparkonto auf den Namen des Eröffners |
Eröffnung durch | Paten, Grosseltern et cetera |
Bezüge | möglich |
bei Volljährigkeit des Kindes | Kontoinhaber übergibt Geschenkurkunde zum Zeitpunkt seiner Wahl |
Zürcher Kantonalbank | |
Jugendsparkonto | Jugendsparkonto auf den Namen des Kindes |
Eröffnung durch | Eltern |
Bezüge | möglich, keine Kontrollen |
bei Volljährigkeit des Kindes | geht automatisch auf das Kind über |
Geschenksparkonto | Geschenkkonto auf den Namen des Eröffners |
Eröffnung durch | jedermann |
Bezüge | möglich |
bei Volljährigkeit des Kindes | Übergabe an das Kind ab dem 14. Lebensjahr |
Freiburger Kantonalbank | |
Jugendsparkonto | Jugendsparkonto auf den Namen des Kindes |
Eröffnung durch | gesetzlicher Vertreter |
Bezüge | Verwendung muss belegt werden |
bei Volljährigkeit des Kindes | geht automatisch auf das Kind über |
Geschenksparkonto | Bonus 18 Sparkonto auf den Namen des Eröffners |
Eröffnung durch | Eltern, Grosseltern, Paten, Dritte |
Bezüge | möglich |
bei Volljährigkeit des Kindes | Kontoinhaber kann dem Kind Vollmacht erteilen |
Migrosbank | |
Jugendsparkonto | Jugendsparkonto auf den Namen des Kindes |
Eröffnung durch | Eltern |
Bezüge | möglich, keine Kontrollen |
bei Volljährigkeit des Kindes | geht automatisch auf das Kind über |
Geschenksparkonto | Geschenksparkonto auf den Namen des Eröffners |
Eröffnung durch | Verwandte und Bekannte |
Bezüge | möglich |
bei Volljährigkeit des Kindes | Kontoinhaber entscheidet über den Zeitpunkt der Schenkung |
Credit Suisse | |
Jugendsparkonto | Jugendsparkonto auf den Namen des Kindes |
Eröffnung durch | Eltern |
Bezüge | möglich, keine Kontrollen |
bei Volljährigkeit des Kindes | geht automatisch auf das Kind über |
Geschenksparkonto | Geschenksparkonto auf den Namen des Eröffners |
Eröffnung durch | Paten, Verwandte, Bekannte |
Bezüge | möglich |
bei Volljährigkeit des Kindes | Kontoeröffner übergibt Sparbetrag mit Geschenkurkunde |
Berner Kantonalbank | |
Jugendsparkonto | Jugendsparkonto auf den Namen des Kindes |
Eröffnung durch | Eltern |
Bezüge | möglich, keine Kontrollen |
bei Volljährigkeit des Kindes | geht nicht automatisch auf das Kind über |
Geschenksparkonto | Geschenksparkonto auf den Namen des Eröffners |
Eröffnung durch | Paten und Grosseltern |
Bezüge | möglich, keine Kontrollen |
bei Volljährigkeit des Kindes | geht nicht automatisch auf das Kind über |