Ein Schlag für Armutsbetroffene
Das Parlament hat entschieden, die Mindestfranchise der Grundversicherung anzuheben – eine Sorge mehr für Arme. Nun äussert sich der Bundesrat dazu.
Veröffentlicht am 15. Januar 2025 - 16:09 Uhr
Nach dem Ständerat hatte auch der Nationalrat an der Wintersession 2024 entschieden, dass die Mindestfranchise erhöht werden soll. Ziel der Vorstösse von SVP-Nationalrätin Diana Gutjahr und SVP-Ständerätin Esther Friedli: die Eigenverantwortung stärken und zukünftige Prämienerhöhungen dämpfen.
Prämiensenkung erwartet
Santésuisse, die führende Branchenorganisation der Schweizer Krankenkassen, begrüsst den Entscheid. Mediensprecherin Irit Mandel erklärt auf Anfrage des Beobachters, dass eine höhere Mindestfranchise – heute liegt sie bei 300 Franken – zu tieferen Prämien führen kann.
Der Bund habe die Franchise seit 20 Jahren nicht erhöht, jetzt müsse etwas getan werden.
Wie hoch der Bundesrat die Mindestfranchise ansetzt, steht noch nicht fest. Laut einem Bericht der Helsana könnten mit einer Mindestfranchise von 500 Franken insgesamt rund 1,2 Milliarden Franken gespart werden. Dies entspräche einer Prämienreduktion von bis zu 160 Franken pro Jahr für jede erwachsene Person.
Ungleiche Auswirkungen
Eine Reduktion der Prämien ist zwar wünschenswert, doch die Erhöhung der Mindestfranchise trifft nicht alle gleich stark. Besonders betroffen sind Personen, die auf eine tiefe Franchise angewiesen sind. Darunter chronisch Kranke, ältere Personen und Menschen mit geringen finanziellen Mitteln.
Aline Masé, Leiterin der Fachstelle Sozialpolitik bei Caritas Schweiz, kritisiert: «Aus armutspolitischer Sicht ist dieser Entscheid inakzeptabel.»
Menschen an der Armutsgrenze wählen oft die tiefste Franchise, weil sie sich im Krankheitsfall eine höhere Kostenbeteiligung von bis zu 2500 Franken nicht leisten könnten.
Drohende Schuldenfalle bei Krankheit
Das betrifft laut Caritas rund einen Fünftel der Schweizerinnen und Schweizer. Eine höhere Franchise könnte solche Haushalte im Krankheitsfall in eine Schuldenspirale drängen.
Eine Statistik des Dachverbands Schuldenberatung zeigt, dass Krankheit oder Unfall im Jahr 2023 der häufigste Grund für eine Überschuldung war.
Masé warnt zudem, dass bereits heute Menschen auf medizinische Behandlungen verzichten, weil sie die drohenden Kosten nicht tragen können.
«Die Konsequenz ist, dass sie mit Schmerzen durch ihren Alltag gehen oder dass sich gesundheitliche Leiden verschlimmern.» Mit einer Erhöhung der Mindestfranchise könnte die Zahl solcher Fälle weiter zunehmen.
Das sagt die Bundesrätin
In der SRF-Sendung «Eco Talk» vom 13. Januar äusserte sich Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider zur geplanten Erhöhung der Mindestfranchise. Sie betonte, dass bereits eine Steigerung von 300 auf 500 Franken als hoch anzusehen wäre. Allerdings vermied die Bundesrätin eine konkrete Aussage zur tatsächlichen Höhe der bevorstehenden Anpassung.
Baume-Schneider betonte, wie wichtig es sei, die Vor- und Nachteile abzuwägen. Es müsse genau untersucht werden, inwieweit eine Erhöhung der Mindestfranchise tatsächlich zur Senkung der Gesundheitskosten beitrage.
- Parlament.ch: Motion Esther Friedli
- Parlament.ch: Motion Diana Gutjahr
- Helsana: «Erhöhung der Mindestfranchise bringt Einsparpotenzial von 1,2 Milliarden Franken»
- Medienanfrage: Caritas
- Medienanfrage: Santésuisse
- Schuldenberatung Schweiz: Medienmitteilung
- SRF: «Was die Erhöhung der Mindestfranchise bedeutet»
Hinweis: Dieser Artikel wurde erstmals am 18. Dezember 2024 veröffentlicht und nun aktualisiert. (15.1.2025)
28 Kommentare
Warum wird nun nicht ebenfalls thematisiert, dass gleichzeitig von NR Diana Gutjahr auch eine ERHÖHUNG der KRANKENKASSENBEITRÄGE für PENSIONIERTE gefordert wird?
Sie war bereits GEGEN die 13. AHV-Rente und nun will sie dieses Geld wieder zurück, vergisst jedoch, dass:
1. die Älteren bereits erhöhte Prämienbeiträge bezahlen,
2. nicht alle älteren Semester den Arzt brauchen,
3. sie bereits lebenslang einbezahlt haben und waren kaum beim Arzt,
4. nicht alle Rentner mehr Geld haben wie Jüngere,
5. sie ihren Job machen soll und keine PFLÄSTERLIPOLITIK,
6. indem sie den stetigen Anstieg an der Wurzel packt,
7. es tatsächlich mehrere vielversprechendere Lösungen gibt!
8. Chronisch Kranke, ungesunder Lebensstil, etc. gerechterweise auch mehr bezahlen müssen . . .
9. es der heutigen Generation, so viel besser geht, weil es ihnen die „Alten“, oft unter eigenem VERZICHT und Aufopferung ermöglicht haben.
10. Viele, insbesondere Frauen nur die AHV als Einkommen haben.
Für diesen DISKRIMINIERENDEN und UNGEBÜHRLICHEN Vorstoss, UNSOLIDARISCHE und GESELLSCHAFTSFEINDLICHE Aussagen sollte sie sich schämen, hat sie doch ihre Erfolge und angenehmes Leben der älteren Generation zu verdanken.
https://www.bluewin.ch/de/n…
Leider ist es immer und immer wieder so!! Traurig!!
Guten Tag
Ich war 20 Jahre in einer Krankenkasse in Basel angestellt und habe bei einem Kaderevent mit Einbezug von Leistungserbringer damals schon eine Erhöhung der Franchise vorgeschlagen und dies wurde mit der Begründung, es wäre zu kompliziert und aufwendig dies durchzusetzen. Ich begrüsse diesen Vorstoss, bin aber der Ansicht, dass die Versicherten eine höhere Prämien-Vergünstigung erhalten sollten. In der heutigen Zeit ist eine Erhöung von Schweizerfranken 200.00 der Franchise sehr viel Geld, aber auch nicht, wenn man sich das Konsumverhalten der Schweiz ansieht. Im weiteren könnte man Ersparnisse beim Kauf von üblichen Medikamenten ohne vorherigen Arztbesuch beim Bezug in Apotheken forcieren. Chronisch Kranke sollten von dieser Neuerung aufgrund Ihrer Krankengeschichte separat behandelt werden.KE
Es ist wieder wie immer, der Bürger wird nur angelogen.Bei der letzten Abstimmung !! Prämien steigen weiterhin und wer wird glauben,dass bei einer
Erhöhung des Selbstbehaltes etwas anderes passiert.
Geld lieber ins Ausland senden,damit die Schweiz gut dasteht. Schähmt euch.