Zwei Jahre hat es gedauert, bis die definitiven Prämienverbilligungen für das Jahr 2021 im Kanton Zürich gesprochen wurden. Nun zeigt sich: Viele erhalten mehr Geld. Doch es müssen rund 74’000 Zürcher und Zürcherinnen das bereits zugesprochene Geld wieder zurückzahlen, wie der «Tages-Anzeiger» berichtet. Ein Schock für viele Betroffene.

Dahinter steckt ein Systemwechsel bei der individuellen Prämienverbilligung (IPV) seit 2021, dessen Folgen sich nun bemerkbar machen. Bisher schickten die Gemeinden die Antragsformulare auf Basis der bisherigen vorhandenen Steuerdaten an die Sozialversicherungsanstalt des Kantons Zürich (SVA). Diese wiederum versandte die Antragsformulare für die Prämienverbilligung an definierte Einkommensgruppen, die nur noch unterschreiben mussten.

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Der Kanton schaut genauer hin

Neu ist seit 2021, dass die Prämienverbilligung im Kanton Zürich auf die effektiven Einkommens- und Vermögensverhältnisse für das jeweilige Jahr berechnet wird. Die Gesuchstellerinnen und Gesuchsteller müssen ein längeres Formular ausfüllen. Anschliessend wird der vermutete Anspruch lediglich zu 80 Prozent via Krankenkasse ausbezahlt. Die restlichen 20 Prozent folgen im Falle eines endgültigen Bescheids, der auf der definitiven Steuerrechnung beruht. Da sich jedoch die finanziellen Verhältnisse einiger Personen zwischen der provisorischen und der definitiven Steuerrechnung verbessert haben, wurden die Leistungsansprüche reduziert, was nun zu Rückzahlungen führte.

Indem der Kanton nun genauer hinschaue, sei das Zürcher System gerechter. Es sollen nur noch Personen eine Prämienreduktion erhalten, die tatsächlich in wirtschaftlich bescheidenen Verhältnissen leben. Studierende, die noch in Ausbildung sind und von den Eltern finanziell unterstützt werden, oder solche, die nach Studienabschluss ein deutlich höheres Einkommen erhalten, verlieren ihren Anspruch auf die Ermässigung – auch wenn ihre Steuererklärung ein tiefes Einkommen aufweist.

Ebenfalls würden die Abzüge für freiwillige Beiträge an die zweite oder dritte Säule oder Investitionen in Liegenschaften sowie Hypothekarschulden nicht mehr angerechnet, schreibt der «Tages-Anzeiger».

Je nach Kanton unterschiedliche Regeln

Das Zürcher Verfahren ist im schweizweiten Vergleich einmalig. Wie die IPV berechnet wird, ist Sache jedes einzelnen Kantons. Ebenso, wann die Frist für einen Antrag auf eine Prämienverbilligung definiert ist.

Diese ist von Kanton zu Kanton unterschiedlich. Während zum Beispiel im Kanton Schaffhausen der Antrag auf individuelle Prämienverbilligung für das Jahr 2023 bis zum 30. April 2023 eingereicht werden muss, läuft die Frist im Kanton Zürich für das gleiche Jahr fast ein Jahr später, am 31. März 2024, ab.

«Wichtig ist darum, sich rechtzeitig beim Wohnkanton über die genaue Anmeldefrist zu erkundigen», sagt Beobachter-Rechtsberaterin Sabine Neuhaus. «Wenn Zürcherinnen und Zürcher danach eine provisorische Zusage erhalten, sollten sie möglichst etwas Geld zur Seite legen, bis das Gesuch definitiv bewilligt ist.» Gerade wer knapp über der Grenze für die Prämienverbilligung liege, habe nicht schnell mehrere Tausend Franken parat.

Wer mit dem Entscheid über die eigene Prämienverbilligung nicht einverstanden ist, kann bei den meisten Kantonen innert 30 Tagen nach der Mitteilung Einsprache erheben. Wer finanzielle Schwierigkeiten hat, den provisorisch erhaltenen Beitrag zurückzubezahlen, sollte sich direkt an die Krankenkasse wenden, wie die SVA Zürich schreibt. Viele würden eine Ratenzahlung anbieten. Ist die Rückzahlung trotzdem nicht möglich, kann ein Erlassgesuch gestellt werden. 

Neuhaus empfiehlt zudem, bei der Abgabe der Steuererklärung keine Fristverlängerung zu beantragen, wenn man Anspruch auf die Prämienverbilligung hat. «Dadurch kommt es zu weniger Verzögerungen, bis die endgültige Steuererklärung eintrifft.»

Parlament sucht Kompromiss

Das Parlament diskutiert schon seit Jahren die hohen Krankenkassenprämien , die für viele eine Belastung sind. Längst nicht nur für Geringverdiener. Darum wird derzeit ein Gegenvorschlag zur Prämien-Entlastungs-Initiative der SP ausgearbeitet. Diese fordert, dass ein Haushalt nur noch maximal zehn Prozent des verfügbaren Einkommens für Krankenkassenprämien ausgeben muss. Der Rest soll von Bund und Kantonen bezahlt werden.

Der Nationalrat hat einen Gegenvorschlag zur Initiative ausgearbeitet. Die Kantone sollen mehr Mittel für die Prämienverbilligung erhalten und mindestens fünf Prozent der Gesundheitskosten übernehmen. Der Ständerat hat dies nun in einem zweiten Anlauf mit 26 zu 16 Stimmen gutgeheissen. Die SVP, ein grosser Teil der FDP und einige Mitte-Politiker waren dagegen. Nun liegt der Ball wieder beim Nationalrat.