Bei der Altersvorsorge gilt: Vertrauen ist gut, Verlässlichkeit ist besser. Wer freiwillig in die zweite oder dritte Säule einzahlt, muss darauf bauen können, dass sich die Spielregeln nicht nachträglich ändern. Doch genau das plant der Bundesrat. Er will Kapitalbezüge aus der Altersvorsorge höher besteuern als bisher. 

Worum geht es? Eine Expertengruppe hat im August 2024 Ideen präsentiert, wie der Bund künftig vier bis fünf Milliarden Franken jährlich sparen kann. Einer der Vorschläge sieht vor, Kapitalbezüge in der zweiten und dritten Säule genauso wie Renten zu besteuern, also teurer zu machen. Der Bund soll so 220 Millionen Franken pro Jahr mehr einnehmen. 

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Der Steuervorteil ist gewollt

Bisher gilt: Wer sich in die Pensionskasse einkauft oder in der Säule 3a spart, kann die Summe vom Einkommen abziehen. Beim späteren Bezug des Kapitals wird eine relativ geringe Steuer fällig. Das ist gewollt und soll das Sparen fürs Alter fördern. Renten dagegen werden als reguläres Einkommen versteuert. Das heisst: Wer sich in die zweite Säule einkauft und dann eine Rente bezieht, zahlt am Ende doch einen grossen Teil der Steuern, die er während des Erwerbslebens gespart hat. 

Es ist anzunehmen, dass künftig weniger fürs Alter gespart würde.

Der geplante Kurswechsel passt nicht zur bisherigen Politik. Und er passt auch nicht zur jüngsten Änderung bei der Säule 3a, wo die Steuervorteile gerade erst leicht ausgebaut wurden. Falls die Kehrtwende überhaupt kommt, darf die höhere Besteuerung des Kapitalbezugs erst für künftig eingezahlte Beträge gelten. Und nicht schon für die Gelder, die sich bereits in der Altersvorsorge befinden – das wäre sonst ein krasser Verstoss gegen Treu und Glauben. Egal, wie die konkreten Regeln sein werden: Es ist anzunehmen, dass künftig weniger fürs Alter gespart würde.

Wer das Kapital bezieht, trägt zwei Risiken selbst

Dass der Bund beim Kapitalbezug stärker zulangen will, hat wohl auch damit zu tun, dass dieser immer beliebter wird. Das kann man bedenklich finden. Denn wer das Kapital wählt, nimmt der Pensionskasse zwei Risiken ab und trägt sie allein. Wer das Geld selbst anlegt, kann erstens Verluste machen. Und zweitens lebt man vielleicht länger, als das Kapital reicht. Mit der Rente wäre man davor geschützt. 

Gute Gründe gegen die Rente der Pensionskasse

Auf der anderen Seite kann es neben den steuerlichen Vorteilen gute Gründe geben, das PK-Guthaben als Kapital zu beziehen. Etwa weil die Rente mit einem sehr tiefen Umwandlungssatz berechnet würde, weil die Lebenserwartung verkürzt ist, weil eine Hypothek reduziert werden soll oder weil man sich das Geld flexibler einteilen will, als es eine Rente erlaubt. 

Oft sind es die hohen Pflegekosten, die Ergänzungsleistungen nötig machen. Davor schützt auch eine Rente nicht.

Ein gern bemühtes Klischee besagt, dass Pensionierte erst ihr Kapital verprassen und später Ergänzungsleistungen beziehen. Das mag vereinzelt passieren, aber ein solcher sozialer Absturz mit Ansage dürfte kaum eine gängige Strategie sein. Oft sind es die hohen Pflegekosten, die Ergänzungsleistungen nötig machen. Davor schützt auch eine Rente nicht.

Exzesse beim Steuernsparen vermeiden

Gern wird moniert, dass sehr reiche PK-Versicherte beim Kapitalbezug massiv Steuern sparen. Das stimmt. So wie Reiche auch sonst oft Wege finden, sich ärmer zu rechnen. Ein System, das viele Steuerabzüge vorsieht, führt zwangsläufig dazu, dass sich diese bei hohen Einkommen mehr lohnen als bei niedrigen. Aber deshalb das Alterssparen für alle unattraktiver machen? Besser wäre: Um die Exzesse beim Steuernsparen zu vermeiden, könnte man die erlaubte Einkaufssumme stärker begrenzen als jetzt. 

In den Medien wurde spekuliert, dass die Pläne zur zweiten und dritten Säule vor allem dazu dienen, andere Kürzungen politisch leichter verdaulich zu machen. Und dass nicht einmal der Bundesrat ernsthaft daran glaubt, dass seine Pläne Realität werden. 

Ein solches Taktieren wäre ziemlich kurzsichtig. Allein schon die jetzt geschaffene Verunsicherung weckt Zweifel an der Verlässlichkeit der Politik und untergräbt das Vertrauen in die Altersvorsorge. 

Quellen
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