Geld für alle: Kann das gutgehen?
Die Initiative zur Einführung des bedingungslosen Grundeinkommens ist zustande gekommen. Eigentlich geht es dabei um die Frage: Wie soll der Schweizer Sozialstaat künftig organisiert sein?
Auf Erden vielleicht nicht mehr, aber spätestens im Himmel wird sich das bedingungslose Grundeinkommen für uns alle auszahlen: «Vom Himmel aus können wir dann zusehen, wie es eingeführt wird, und zu den Ausländern sagen: ‹Wer hats erfunden? Wir Schweizer.›»
Mit diesem Ausblick beschliesst Oswald Sigg gern Vorträge zum bedingungslosen Grundeinkommen: «Zu Beginn wurde ich besonders oft von Kirchgemeinden und Altersheimen angefragt – aber das Projekt wird zweifellos Generationen beschäftigen», sagt der 69-Jährige.
Der Ex-Bundesratssprecher und Sozialdemokrat gehört zum Initiativkomitee, das am 4. Oktober in Bern die gut 120'000 gesammelten Unterschriften einreicht. Es sei ein erster, ein kleiner Schritt auf dem Pfad von der Utopie zur Realität, sagt Sigg – aber andere gesellschaftliche Visionen hätten diese Strecke ja auch schon bewältigt, wie zum Beispiel die AHV: «Die Idee, das Alter zu versichern, schien einst genauso absurd und nicht finanzierbar – heute ist die AHV längst eine Selbstverständlichkeit.»
Geht es mit dem Grundeinkommen gleich, wird es nicht nur für Sigg und seine älteren Zuhörer zu spät kommen, sondern für die meisten von uns: Die AHV wurde im Parlament erstmals in den 1890er Jahren thematisiert – und der Grundsatz dazu 1925 in der Verfassung verankert. Zwei weitere Jahrzehnte verstrichen bis zur Einführung 1948.
Die Idee des Grundeinkommens ist allerdings wesentlich umstrittener als seinerzeit die AHV – vor allem weil es nicht an Verpflichtungen geknüpft ist. Es steht jedem zu, um – gemäss Initiativtext – der gesamten Bevölkerung «ein menschenwürdiges Dasein und die Teilnahme am öffentlichen Leben» zu ermöglichen. Jeder Bürger soll monatlich einen existenzsichernden Betrag erhalten – ob er bedürftig ist oder nicht.
Das Grundeinkommen will nichts weniger als die Entlastung des Menschen vom materiellen Überlebenskampf. Das kommt dem Versuch gleich, ein «Naturgesetz» zu brechen, das durch fromme Sprüche wie «Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen» zum Fundament der modernen Arbeitsgesellschaft geworden ist.
Die zeitgemässe Fassung heisst: Leistung muss sich lohnen. Oder umgekehrt: Keine Leistung darf sich nicht lohnen. Weil das Grundeinkommen an diesen Glaubenssätzen rüttelt, wird es vehement bekämpft.
Gegner finden sich von links bis rechts. Ein «verlogenes Schlaraffenland» dräut laut dem ehemaligen Gewerkschaftssekretär und heutigen NZZ-Kommentator Beat Kappeler. «Weltwoche»-Chefredaktor Roger Köppel sieht Migrantenströme, die «wie Fliegenschwärme einfallen» und die Wirtschaft unter der Steuerlast ersticken.
Linke Skeptiker wie der SP-Nationalrat Corrado Pardini warnen dagegen vor einer «Schweizer Hartz-IV-Variante», die die sozialen Errungenschaften zunichtemacht, die allesamt auf Erwerbstätigkeit oder -willigkeit fussen.
Auch Befürworter finden sich in allen politischen Lagern – allerdings mit höchst unterschiedlichen Motiven und Vorstellungen. Neoliberale wittern die Chance, den Sozialapparat nicht nur zu verschlanken, sondern gleich auf Bikinifigur zu trimmen: Das Grundeinkommen soll alle anderen Sozialleistungen ersetzen und zugleich so tief sein, dass der Anreiz zu arbeiten steigt.
Das Initiativkomitee selbst will dagegen alle bisherigen Sozialsysteme erhalten, um Ansprüche zu decken, die das Grundeinkommen übersteigen.
Die Initianten schlagen einen monatlichen Betrag von 2500 Franken für Volljährige und von 625 Franken für Kinder und Jugendliche vor – total würde das jährlich rund 200 Milliarden Franken kosten.
Dabei erhoffen sie sich Einsparungen im sozialbürokratischen Kontroll- und Verwaltungsapparat, der einen immer grösseren Teil der Sozialgelder verschlingt. Die heutigen Sozialkosten belaufen sich auf rund 150 Milliarden Franken.
Wie das Grundeinkommen finanziert werden soll, ist ebenfalls umstritten. Nicht einmal die Initianten sind sich einig: Der Basler Gastrounternehmer Daniel Häni will dafür weder Erbschaftssteuern noch Lohnabgaben einsetzen. Er plädiert für eine Konsumsteuer, wogegen Oswald Sigg mit Lohnabgaben oder einer Finanztransaktionssteuer liebäugelt. Andere schlagen Luxus-, Ökoabgaben oder eine Kombination verschiedener Modelle vor.
Dass selbst bei den Befürwortern so viel Uneinigkeit herrscht, manifestiert sich auch im Initiativtext: Der Bund sorgt für die Einführung und regelt Finanzierung und Ausgestaltung, heisst es da knapp.
«Wir wollen Fragen aufwerfen, nicht Antworten geben», sagt Initiant Daniel Häni. Die Idee des Grundeinkommens soll die Menschen zum Denken und Debattieren anregen. «Wenn wir die Details vorgäben, käme keine grundlegende Diskussion zustande – aber diese persönliche Auseinandersetzung ist das vielleicht wichtigste Anliegen unserer Initiative.»
Da sich sehr unterschiedliche Leute Gedanken machen, liegen die Szenarien weit auseinander. Der in Hamburg lebende Schweizer Ökonom Thomas Straubhaar geht von 625 Euro aus: Dieser Betrag entspricht den aktuellen Sozialkosten pro Kopf der deutschen Bevölkerung. Ein Grundeinkommen in dieser Höhe wäre offensichtlich finanzierbar – wenn man zugleich alle anderen Sozialleistungen restlos streicht. Der Basler Soziologe Peter Streckeisen hingegen sagt, nur mindestens 3000 Franken würden eine menschenwürdige Existenz mit gesellschaftlicher Integration gewährleisten; zudem müssten die bisherigen Sozialversicherungen erhalten bleiben.
Noch schwerer vorauszusagen sind die gesellschaftlichen Folgen des Grundeinkommens, wie der liberale Befürworter Thomas Straubhaar einräumt. Die konkreten Verhaltensänderungen seien mit theoretischen Ansätzen nur unzureichend voraussehbar. Dennoch sieht Straubhaar das Grundeinkommen als Zukunftsmodell. Die heutigen Sozialwerke seien veraltet, weil sie auf der traditionellen Kernfamilie, dem Mann als Alleinverdiener und ununterbrochener Erwerbsarbeit beruhten.
Noch rarer als theoretische Modelle sind praktische Erfahrungen. Aber es gibt sie. In Kanada erhielten Mitte der siebziger Jahre bedürftige Bewohner der 8000-Seelen-Gemeinde Dauphin auf Antrag monatliche Zuschüsse – bedingungslos. Dieses sogenannte Mincome-Projekt war als Arbeitsmarktexperiment konzipiert: Die Regierung wollte wissen, was passiert, wenn jeder ein Grundeinkommen erhält – vor allem, ob dann noch jemand arbeitet.
Wegen der einsetzenden Rezession wurde das Programm bereits nach vier Jahren abgebrochen; die Akten darüber verschwanden unausgewertet im Archiv. Erst 2009 erstritt sich die Gesundheitswissenschaftlerin Evelyn Forget Zugang zu den Mincome-Unterlagen. Die bis heute bekanntgewordenen Erkenntnisse überraschen: Die Anzahl geleisteter Arbeitsstunden hatte nur wenig nachgelassen. Im Durchschnitt arbeiteten Männer ein Prozent weniger, Ehefrauen drei und nicht verheiratete Frauen fünf Prozent. Nur zwei Gruppen reduzierten ihr Arbeitspensum deutlich: junge Mütter, die sich mehr um ihre Neugeborenen kümmerten, und Jugendliche, die länger zur Schule gingen – weil sie weniger unter Druck standen, ihre Familien finanziell zu unterstützen.
Forget, sonst auf Kosteneffizienz im Gesundheitswesen spezialisiert, untersuchte auch die Krankenhausakten aus jener Zeit. Ihr Hauptbefund: Während des Mincome-Programms sank die Anzahl Hospitalisierungen wegen Unfällen, häuslicher Gewalt und psychischer Probleme um satte 8,5 Prozent. Auf Kanada hochgerechnet, entspräche das heute Einsparungen von vier Milliarden Dollar. «Es ist bekannt, dass sich fehlende Einkommenssicherheit auf die Gesundheit auswirken kann. Oft hat dies mit Stress und Druck zu tun», sagt Forget. So hätten Angestellte, die sich unwohl oder krank fühlten und trotzdem zur Arbeit gingen, ein grösseres Verletzungsrisiko; ebenso Kinder, deren Eltern der Arbeit wegen keine Zeit für sie haben.
Von konkreten Berechnungsversuchen ist die Schweizer Grundeinkommensdebatte dagegen weit entfernt. Stattdessen werden vor allem Ängste und Hoffnungen herumgeboten. Dafür scheinen weniger die politischen Überzeugungen entscheidend – eher sind es die Menschenbilder und Lebenseinstellungen in den einzelnen Köpfen.
«Ich würde mit einem Grundeinkommen nichts in meinem Leben verändern», sagt zum Beispiel FDP-Parteipräsident Philipp Müller. «Ich glaube aber, dass ein bedingungsloses Grundeinkommen viele Leute zum Nichtstun verführt. Durch solche Anreize würde unsere Gesellschaft träge und faul.» Wie Müller denken viele. In einer Umfrage des deutschen Wirtschaftsmagazins «Brand eins» gaben 90 Prozent der Befragten an, sie selbst würden trotz einem bescheidenen Grundeinkommen weiterarbeiten. 80 Prozent vermuteten aber zugleich, dass andere mit dem Arbeiten aufhören würden.
Die Vertreter des Initiativkomitees dagegen glauben an ein kreatives und engagiertes Individuum, das ungeahnte Schaffenskraft entwickeln wird, wenn es von den Fesseln erzwungener Erwerbsarbeit befreit ist. «Lähmend für eine Gesellschaft sind Menschen, die sich mit dem, was sie tun, nicht identifizieren können. Selbstmotivation und Eigeninitiative dagegen bewirken Qualität und Effektivität. Das kann jeder fortschrittliche Arbeitspsychologe bestätigen», sagt Initiant Häni. Diese Vorstellung des edlen, kreativen Individuums wird selbst von manchen Linken als «elitär» und «etwas naiv» bezeichnet – sie passt aber zum ideologischen Hintergrund vieler Grundeinkommensbewegter.
Die aktuelle Grundeinkommensdebatte wurde in der Schweiz wie auch in Deutschland von einem anthroposophisch geprägten Umfeld lanciert. Häni und zwei weitere Mitglieder des Initiativkomitees haben einen anthroposophischen Hintergrund oder stehen den Ideen von Rudolf Steiner nahe. Initiantin Ursula Piffaretti wie auch Götz Werner, Grundeinkommenspionier in Deutschland, sind bekennende Anthroposophen. 2006 fand der erste Grundeinkommenskongress in der Schweiz im Goetheanum in Dornach statt – dem Sitz der Allgemeinen Anthroposophischen Gesellschaft. Ebenso ein weiterer im März 2013.
Daniel Häni hat zusammen mit Mitinitiant Enno Schmidt einen Essay über Positionen von Rudolf Steiner geschrieben, aus denen man dessen Sympathie für das Grundeinkommen ableiten könnte. Und im Hauptquartier der Grundeinkommenspioniere, unter der Glaskuppel von Hänis «Kaffeehaus Mitte», schwebt die Gesamtausgabe von Rudolf Steiners Werken.
«Es wäre schlicht falsch, die Grundeinkommensidee an einer Gruppe von Anthroposophen festzumachen. Natürlich gibt es dort mehr Sympathisanten als bei der SVP. Aber es gibt auch Gegner unter Steiner-Anhängern. Die Idee ist bei Rechten wie Linken gleichermassen umstritten», sagt Häni. Für manche Kritiker sei es verlockend, die Idee einer kleinen Gruppe zuzuschreiben, um sie zu marginalisieren.
Das dürfte gar nicht nötig sein. Die geforderten Unterschriften haben die Initianten zwar locker gesammelt, an ein Ja an der Urne glauben sie aber selber nicht. «Wenn auf Anhieb über 30 Prozent zustimmten, wäre das ein grosser Erfolg und ein Ja zum Weiterdenken», meint Häni.
Die Abstimmung wird so oder so nicht ohne Wirkung bleiben. Die Idee des bedingungslosen Grundeinkommens bringt frischen Wind in die Debatte über die Zukunft der Arbeit und über die künftige Organisation der Sozialwerke.
Der Schweizer Sozialapparat ist historisch gewachsen – ein Dickicht aus Kassen, Versicherungen und Behörden; kompliziert, teuer. Vereinfachung tut not.
Das muss nicht unbedingt ein Grundeinkommen sein. Der linke Thinktank Denknetz schlägt eine allgemeine Erwerbsversicherung (AEV) vor. Diese soll die bisherigen Sozialversicherungen vereinen. Wer wegen Mutterschaft, Militärdienst, Unfall oder Krankheit keine Erwerbsarbeit leisten kann oder keine «würdige» Arbeitsstelle findet, soll 80 Prozent des letzten Lohns erhalten. Die Sozialhilfe soll in die AEV integriert und schweizweit einheitlich geregelt werden; die AHV bliebe weiterhin eigenständig. «Die allgemeine Erwerbsversicherung ist ein spannendes Anliegen – und um einiges realistischer und weniger risikobehaftet als das Grundeinkommen», sagt Arbeitsintegrationsexperte Hannes Lindenmeyer. Er plädiert vor allem für die Trennung von Geldzahlungen und Integrationsleistungen (siehe Interview).
Letztlich dreht sich die Grundeinkommensdiskussion auch um das gesellschaftliche Verständnis von Arbeit. Meist gilt nur als Arbeit, was Einkommen bringt: «Wer Schweine erzieht, ist ein produktives, wer Menschen erzieht, ein unproduktives Mitglied der Gesellschaft», erkannte der deutsche Nationalökonom Friedrich List schon vor 150 Jahren.
Dabei werden laut Bundesamt für Statistik in der Schweiz jährlich ähnlich viele Stunden unbezahlter, aber gesellschaftlich wertvoller Arbeit verrichtet: Freiwilligenarbeit, Kindererziehung, die Pflege von Angehörigen sowie Hausarbeit.
«Die Mehrheit der unbezahlten Arbeit wird in der Schweiz immer noch von Frauen geleistet», sagt Gudrun Sander von der Universität St. Gallen. Mit einem Grundeinkommen könnte bezahlte und unbezahlte Arbeit anders verteilt werden, meint die Ökonomin. «Es lohnt sich, diese Idee weiterzudenken.»
Ueli Mäder, Soziologieprofessor
«In der Debatte wird ignoriert, wie Renten rentieren und über Konsumausgaben Arbeitsplätze schaffen. Mehr Mittel für soziale Sicherheit lohnen sich. Die Einnahmen der Sozialwerke haben seit 20 Jahren die Ausgaben jeweils weit überstiegen – sogar im schwierigsten Jahr 2009. Das zeigt, dass wir uns eine umfassende soziale Sicherheit leisten können. Wenn wir in einem ersten Schritt die Ergänzungsleistungen auf Familien mit Kindern ausweiten, kostet das vier Milliarden – rund ein Promille der Vermögen, die Schweizer Banken verwalten. Das ist finanzierbar.»
Daniel Kalt, UBS-Chefökonom
«Das wäre kaum finanzierbar. Für eine vierköpfige Familie müssten monatlich 6250 Franken ausgeschüttet werden (Erwachsene: 2500/Kinder: 625). Gesamtschweizerisch würde sich das zu jährlich rund 200 Milliarden Franken oder zu einem Drittel des Bruttoinlandprodukts aufsummieren. Selbst wenn man davon das Wegfallen anderer Sozialversicherungen wie der AHV berücksichtigt, wären immer noch 130 bis 140 Milliarden zu finanzieren. Wollte man das zum Beispiel über die Mehrwertsteuer finanzieren, die heute 22 Milliarden jährlich bringt, müsste der Mehrwertsteuersatz von heute knapp 8 auf rund 50 Prozent erhöht werden – schlicht undenkbar.»
Judith Giovannelli-Blocher, Autorin und Sozialarbeiterin
«Die meisten Leute – auch wenn sie schlecht bezahlte Arbeit leisten – haben Freude daran, etwas beizutragen zum Wohl aller. Unsere Arbeitswelt ist aber sehr stark am Geld orientiert. Jede Minute muss abgerechnet werden. Das sieht man in Pflegeberufen: Zeit für den Patienten ist nicht mehr vorgesehen. Das Grundeinkommen würde bewirken, dass wir uns die Frage nach dem Sinn der Arbeit mit weniger Existenzängsten stellen könnten. Die Menschen könnten sich Zeit für die wichtigen Dinge im Leben nehmen. Bis dahin ist es ein langer Weg, und wir müssten neu denken, was Arbeit überhaupt bedeutet.»
Daniel Kalt, UBS-Chefökonom
«Viele Leute hätten wohl keinen Anreiz mehr, einer Arbeit nachzugehen, junge Menschen sähen keinen Sinn darin, sich in Schule, Lehre oder Studium abzumühen – weshalb auch: Der Staat bezahlt einem ja den Lebensunterhalt. Doch bevor der Kuchen verteilt werden kann, muss er erst gebacken werden. Und wenn er immer kleiner wird, bleibt am Schluss allen weniger, der Wohlstand sinkt. Im schlimmsten Fall kollabiert das System. Positiv ist einzig die Diskussion über eine Vereinfachung unseres viel zu komplizierten Sozial- und Steuersystems.»
Daniel Häni, Unternehmer, Initiant «Grundeinkommen»
«Wirtschaft und Kultur würden dynamisiert. Selbstmotivation und Eigeninitiative bewirken einen guten Flow, mehr Qualität und Effektivität. Das ist eine Voraussetzung für die künftige Leistungsgesellschaft. Interessant für die Unternehmenskultur: Betriebe müssten werben, warum es sinnvoll ist, bei ihnen zu arbeiten. Das würde die Qualität der Arbeitsplätze und die Wertschätzung der Arbeit stärken. Wir brauchen mehr Leute, die selbständig denken und entscheiden können und nicht einfach ausführen, was der Chef sagt. Wir wollen Sinn und Freiheit in der Arbeit statt Freizeit von der Arbeit!»
Roger Köppel, Chefredaktor «Die Weltwoche»
«Das Grundeinkommen wäre demotivierend für die Menschen und zerstörerisch für das Land. Der Mensch muss selber für seinen Lebensunterhalt aufkommen, nicht der Staat. Das ist die zentrale Idee der nachweislich erfolgreichen bürgerlich-freiheitlichen Philosophie, der sich die Schweiz verpflichtet fühlt. Das bedingungslos-besinnungslose Grundeinkommen macht den Staat zur Milchkuh für alle. Der Sozialismus hats auch versucht. Mit den bekannten Folgen: Massenarmut, Millionen von Toten.»
Oswald Sigg, Ex-Bundesratssprecher, SP-Mitglied
«Ein Grundeinkommen brächte mehr soziale Sicherheit. Es würde das institutionelle Misstrauen gegenüber den Bedürftigen abbauen, die Scham der Sozialhilfeabhängigen würde verschwinden und die Ungerechtigkeit der Sozialpolitik zu einem grossen Teil auch. Wer heute in einer Notlage um Sozialhilfe bitten muss und dem Sozialapparat ausgeliefert ist, verliert seine menschliche Würde. Die reine Geldverteilung und Kontrolltätigkeit durch Sozialarbeitende würde massiv abgebaut. Allerdings wäre es für mich unerlässlich, dass die Zusatzleistungen der Sozialversicherungen bestehen bleiben.»
Vania Alleva, Kopräsidentin Gewerkschaft Unia
«Ein Grundeinkommen kostet Milliarden von Franken. Wird die Initiative angenommen, würde das Parlament den Betrag eher bei 1500 Franken festsetzen als bei 2500. Das könnte als Ersatz für die AHV- und IV-Renten betrachtet werden. Die Gefahr ist gross, dass nach dem ausgelösten Totalumbau der Sozialversicherungen unterm Strich weniger Einkommen im Portemonnaie der Arbeitslosen und Rentner bliebe. Die meisten ziehen es überdies vor, ihr Leben mit einem Einkommen zu bestreiten, das sie aus eigener Arbeit erzielt haben. Deshalb setzen wir auf den Mindestlohn.»
Daniel Häni, Unternehmer und Initiant «Grundeinkommen»
«Die Schweiz würde zum Zentrum gesellschaftlicher Innovationen und Pionierland. Und es ergäbe sich ein Standortvorteil, weil die Kosten der menschlichen Arbeit durch das Grundeinkommen entlastet werden. Zur Zuwanderung: Wer in der Schweiz nicht berechtigt ist für ein Grundeinkommen, ist zunächst im Nachteil weil er kein Grundeinkommen auf dem Arbeitsmarkt einbringen könnte. Deshalb würde es nicht automatisch zu einer Zuwanderungswelle führen.»
Philipp Müller, Präsident FDP
«Die Schweizer Wirtschaft gehört dank Innovation und Wettbewerb heute zur Weltspitze. Dieser liberale Erfolgsweg würde durch ein bedingungsloses Grundeinkommen verhindert: Nach dessen Einführung muss mit einem enormen Rückgang des Bruttoinlandprodukts und mit einem enormen Einwanderungsstrom gerechnet werden, zumal die Mindestlöhne in 21 von 28 EU-Ländern tiefer sind als das geplante Grundeinkommen. Damit würde man letztlich die extremen Initiativen von rechts aussen und von Ökonationalisten unterstützen.»